Controller Magazin 6/2018 - page 83

81
nen sie entnehmen, welche
Qualitätsparame-
ter
wir mit welchen Methoden untersuchen und
ggf. ihre eigenen Qualitätsanforderungen daran
ausrichten. Als Testorganisation sind wir da
vielfach schneller und flexibler als Normungsor-
ganisationen und natürlich erst recht schneller
als der Gesetz- oder Verordnungsgeber.
Biel:
Bitte veranschaulichen Sie unseren Lese-
rinnen und Lesern Ihre Beobachtung.
Brackemann:
Ja gerne. Wir beobachten
z. B., dass gerade Handelsunternehmen sich
bei der Konzeption ihrer Eigenmarken sehr
stark auch an den Untersuchungen der Stiftung
orientieren.
Biel:
Welchen Nutzen können Sie unter den
Vorzeichen von Digitalisierung und Globalisie-
rung Konsumenten und Unternehmen zukünf-
tig bieten? Müssen Sie sich dazu weiterentwi-
ckeln? Müssen Sie sich hierzu verstärkt auf
Produkte fokussieren, die besonders komplex
sind oder hohe Gesundheits- und Umweltrisi-
ken beinhalten können? Oder auf Dienstleis-
tungen, die wegen ihrer Komplexität umfang-
reiche Informationen zur Qualitätsbeurteilung
erfordern?
Brackemann:
Digitalisierung und Globali-
sierung
sind zwei Megatrends, die unsere Ar-
beit in sehr vielfältiger Weise beeinflussen. Und
sie sind für uns eine ständige Herausforderung.
Das fängt bei unseren eigenen Produkten an:
Gedruckte Information verliert an Bedeutung,
digitale Information wird wichtiger. Wir haben in
den vergangenen Jahren sehr viel in die Weiter-
entwicklung
unserer Webseite test.de
inves-
tiert, z. B. in interaktive Datenbanken und in
Werkzeuge, die individuelle Finanzanalysen er-
stellen können. Digitalisierung in der Warenwelt
bedeutet, dass immer mehr Produkte miteinan-
der vernetzt werden. Das gilt es in unseren Prüf-
programmen entsprechend zu berücksichtigen.
Biel:
Bitte vertiefen Sie diesen interessanten
Aspekt.
Brackemann:
So spielen
Datenschutz- und
Datensicherheitsaspekte
inzwischen bei im-
mer mehr Produkten und Dienstleistungen eine
wichtige Rolle. Und auf den Trend der Globali-
sierung haben wir vor über 10 Jahren mit einer
neuen Untersuchungsform reagiert – dem
CSR-Test
. Verkürzt gesagt, untersuchen wir in
CSR-Tests, in welchem Umfang sich der Anbie-
ter den ökologischen und sozialen Herausforde-
rungen entlang der Wertschöpfungskette stellt.
Das betrifft Fragen von Kinderarbeit bis zum
naturverträglichen Anbau von Lebensmitteln in
tropischen Ländern.
Biel:
Können Warentests wirklich im Sinne des
ökonomischen Ideals zu einer Anhebung des
Qualitätsniveaus beitragen? Viele unserer Le-
serinnen und Leser nutzen Ihre Testergebnisse.
Sie können aber auch als Controller bzw. Cont-
rollerinnen, als Manager bzw. Managerinnen
oder in anderen Tätigkeiten in Unternehmen ar-
beiten, die möglicherweise von Ihren Tester-
gebnisse betroffen sind, ggf. auch negativ. Was
möchten Sie unseren Lesern und Leserinnen
zum Abschluss in ihrer doppelten Funktion ver-
mitteln?
Brackemann:
Im Angelsächsischen sagt man
„What gets measured gets done“.
Da ist
schon viel Wahres dran. Übertragen auf unsere
Arbeit heißt das, dass sich viele Unternehmen
natürlich bemühen, in unseren Tests gut abzu-
schneiden. Und damit haben wir sicherlich
auch einen Einfluss auf das Qualitätsniveau der
in Deutschland angebotenen Waren und
Dienstleistungen.
Biel:
Hierzu können Sie uns sicher auch eine
Erfahrung anbieten?
Brackemann:
Mir hat mal ein hochrangiger
Manager eines Haushaltsgeräteherstellers
gesagt, dass die Position seines Unterneh-
mens auf dem Weltmarkt auch auf die ständi-
gen Herausforderungen durch die Stiftung
Warentest zurückzuführen sei. Und von Her-
stellern von Speiseölen hörte ich, dass man in
Deutschland inzwischen besseres Olivenöl
kaufen könne als in den mediterranen Anbau-
ländern. Auch hier wurde unsere Testarbeit
als ein wichtiger Grund dafür genannt. Auf
lange Sicht profitieren also sowohl die Ver-
braucher als auch die gesamte Wirtschaft von
unserer Arbeit.
Biel:
Ich möchte abschließend eine thesenarti-
ge Zusammenfassung versuchen:
·
Warentests haben eine volks- und betriebs-
wirtschaftliche sowie gesellschaftliche
Bedeutung.
·
Für Konsumenten können Warentests eine
Informations- und Orientierungsfunktion
ausüben.
·
Unternehmen können Testergebnisse als
Kontroll- und Impulsfunktion nutzen.
·
Im Controlling können Testergebnisse
vielfach nützlich sein, z. B. im Beschaffungs-
Controlling, Kommunikations-Controlling
und Qualitäts-Controlling.
·
„Was gemessen wird, wird getan“ – diese
Aussage aus den Testerfahrungen passt
auch gut zu unserer Controlling-Philosophie.
·
Warentests sind dann hilfreich und aussa-
gefähig, wenn sie einem hohen Prüfungs-
standard gerecht werden.
·
Ein hoher Prüfungsstandard definiert sich
über mehrere Kriterien, beispielsweise über
ein hohes Maß an Transparenz oder über
die Qualität des Prüfungsverfahrens.
·
Die „Regeln der guten fachlichen Praxis des
Testens“ bieten eine gute Grundlage für alle
Prüfungen zur Feststellung der Eignung
bzw. der Eigenschaften von Produkten und
Leistungen.
Zu guter Letzt eine persönliche Anmerkung:
Während der Vorbereitung und Abwicklung des
Interviews war der respektvolle und kooperative
Stil der Leiterin der Kommunikation sowie des
Bereichsleiters Untersuchungen der Stiftung
Warentest aus journalistischer Sicht bemer-
kenswert. Der gewonnene tiefere Einblick ver-
mittelte den Eindruck, dass die Stiftung Waren-
test zu Recht vielfach als „Instanz“ wahrge-
nommen wird.
CM November / Dezember 2018
Stiftung Warentest in Zahlen
(Stand 2017)
·
Mitarbeiterzahl: 363
·
Warentests insgesamt: 5.869
·
Dienstleistungsuntersuchungen und
Marktübersichten insgesamt: 3.114
·
Monatlich verkaufte Auflage Zeitschrift
test.de im Schnitt: 396.000
·
Monatlich verkaufte Auflage Zeitschrift
Finanztest im Schnitt: 205.000
·
Besuche Internet test.de: 71,7 Mio.
·
Neuerscheinungen Bücher: 39
Infobox 3
1...,73,74,75,76,77,78,79,80,81,82 84,85,86,87,88,89,90,91,92,93,...116
Powered by FlippingBook