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Mal Hand aufs Herz: Entscheidungen sind nicht
immer ein Spaß. Jeder Hoffnung steht auch ein
Risiko gegenüber, und insgeheim wären wir oft
froh, die Welt würde sich nicht so schnell ver-
ändern und unser Eingreifen erfordern. Wer das
Controlling nur vom Hörensagen kennt, wird
vermutlich behaupten, dass Controller da fein
raus sind. Sie planen, steuern und kontrollieren
streng zahlenbezogen und damit anhand objek-
tiver Daten und liefern in aller Regel nur das
Rohmaterial für die Entscheidungen anderer.
Soweit das Vorurteil zu einer viel komplexeren
Praxis, in der dem Controller eine sehr wichtige
Aufgabe im Unternehmen zufällt – ein Job, der
weit über das reine Abfragen von Datenbanken
und das buchhaltungsnahe Aufbereiten von
Kennzahlen hinausreicht.
Schließlich wird
Studien zufolge vom Controlling zu Recht
nicht nur ein tiefes Verständnis der Ge-
schäftsprozesse erwartet, sondern ebenso
strategisches Wissen und profunde Pro-
duktkenntnisse.
Auch wenn Controller naturgemäß damit leben
müssen und wollen, dass das Management
letztlich die Entscheidungen trifft, nehmen die
Besten unter ihnen doch wichtige Positionen
im Abstimmungsprozess ein. Sie beraten,
empfehlen, mahnen und warnen und müssen
in ihrer Kommunikation „übersetzen“ können.
Aus Zahlen, Daten und Fakten muss Wissen
entstehen, aus dem Handlungen abgeleitet
werden können. Controller haben nichts mit
Entscheidungen zu tun? Weit gefehlt, und das
auch, weil ihr Mitdenken
in Unternehmen
mit offener Kommunikationskultur
er-
wünscht und gefordert sein sollte. Wer weiß,
wie Menschen zu Entscheidungen kommen,
kann fundiert und diplomatisch die Stimme
erheben, wenn ein anderer sich auf den Pfad
des Irrtums begibt. Selbst der beste Manager
verwechselt in seiner Karriere gelegentlich
Korrelation mit Kausalität. Gut, wenn sich
dann jemand entscheidet, etwas Entschei-
dendes zu sagen.
Entscheiden,
wenn keine Zeit bleibt
Im geschäftlichen Umfeld sind es natürlich vor-
wiegend die großen Entscheidungen, die uns
Bauchschmerzen bereiten. Hier hat unsere
Wahl teils weitreichende Folgen für andere –
für Mitarbeiter nebst deren Familien, Zulieferer
und Dienstleister, die Kunden und natürlich
auch für die Bilanz. Nur zu gerne lassen wir uns
Entscheidungen abnehmen oder vertagen sie
auf morgen, übermorgen oder bis zum Sankt
Nimmerleinstag. Doch was passiert, wenn wir
die Zeit dafür nicht haben?
Chesley B. Sullenberger hatte keine Zeit, in
Ruhe das Für und Wider abzuwägen, bevor er
seinen Airbus mit 155 Insassen an Bord in den
Hudson River steuerte. Er hatte auch nicht die
Möglichkeit, sich vor der Entscheidung zu drü-
cken, denn kurz nachdem ein Schwarm Vögel
die Triebwerke zerstört hatte, wusste Sullen-
Mitdenken und Entscheiden
Mitdenken und Entscheiden
Controller müssen mehr als Zahlenjongleure sein
von Peter Brandl