personalmagazin 9/2018 - page 93

den Bewerbungsprozess mitnehmen. Sie
nutzen Arbeitgeberbewertungsplattfor-
men wie einen Buchungskanal, auf dem
öffentlich sichtbar Feedback zu Unter-
nehmen gegeben wird und diese die Mög-
lichkeit haben, darauf zu reagieren. Der
Unterschied ist allein, dass es dabei um
Arbeitgeberqualität geht.
Auf schlechte Bewertungen
antworten
Von der Möglichkeit, auf die Bewertun-
gen zu reagieren, machen bislang nur
sehr wenige der Arbeitgeber Gebrauch
nämlich rund ein Prozent, obwohl die-
se Funktion nichts kostet. Das ist bis zu
einem gewissen Grad verständlich: Kom-
mentare von ehemaligen Mitarbeitern wie
„Der absolute Tiefpunkt in jeder Arbeits­
biografie“ oder „Game of Thrones ist
nichts dagegen“ verlangen Arbeitgebern
einiges ab. In unserer Studie „Arbeitgeber
im Kandidatendialog“ haben wir 1.300
Arbeitgeberstatements untersucht, die als
Reaktion auf solche kritischen Nutzer-
kommentare (weniger als zwei Kununu-
Sterne) verfasst wurden. Daraus haben
wir eine Beschreibung der aktuellen
Dialogpraxis und einen Plan für einen
aktiven Umgang mit der Kritik abgeleitet.
51 Prozent der Arbeitgeber, die Be-
wertungen kommentieren, benutzen
Copy-and-Paste-Antworten, die für alle
DR. MANFRED BÖCKER ist Geschäfts-
führender Gesellschafter bei der
Employer Telling GbR und wundert
sich darüber, dass viele Unternehmen
Kununu ausschließlich als Litfaßsäule
für traditionelle Personalreklame nutzen.
SASCHA THEISEN ist Geschäftsfüh-
render Gesellschafter bei der Employer
Telling GbR und sieht in demonstrativer
Kritikfähigkeit ein wichtiges Differen­
zierungsmerkmal für Arbeitgeber.
Lebens- und Bewertungslagen glei-
chermaßen passen sollen, etwa: „Liebe
Kollegin, lieber Kollege, vielen Dank
für Ihre Bewertung. Uns ist eine offe-
ne Feedbackkultur sehr wichtig, daher
nehmen wir Rückmeldungen ernst ...“
Wenn Nutzer außer einer schlechten
Sternebewertung kaum Informationen
in Form eines Begleittexts hinterlassen,
muss eine solche Standardantwort als
Reaktion genügen. Diese sollte höflich
sein, eine Aufforderung zum weiteren
Dialog sowie persönliche Kontaktmög-
lichkeit beinhalten.
Blutleere Standardantworten
helfen nicht weiter
Wenn Nutzer in ihren Kommentaren je-
doch faktenreich auf vermeintliche Miss-
stände hinweisen oder schwere konkrete
Vorwürfe gegen das Unternehmen erhe-
ben, werden solche Standardantworten
der Arbeitgeber schnell zur Farce. Das
gilt zum Beispiel, wenn erklärt wird, dass
Mobbing unter Führungskräften an der
Tagesordnung sei oder Minderheiten dis-
kriminiert würden. Eine blutleere Stan-
dardantwort reicht dann nicht mehr aus,
die Copy-and-Paste-Strategie kommt an
ihre Grenzen.
Das Dementi stellt mit einem Anteil
von 17 Prozent in den untersuchten Ar-
beitgeberstatements eine recht wenig ein-
Employer Branding
93
1...,83,84,85,86,87,88,89,90,91,92 94,95,96,97,98,99,100,101,102,103,...108
Powered by FlippingBook