personalmagazin 9/2018 - page 92

HR-Management
personalmagazin 09.18
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Es ist wie ein Schlüsselreiz: Fragen wir
HR-Verantwortliche nach ihrem Umgang
mit Arbeitgeberbewertungsplattformen,
berichten sie uns meist von ihrem auf
Kununu geschalteten kostenpflichtigen
Unternehmensprofil. Solch ein bezahl-
pflichtiges Porträt zu schalten, ist nicht
falsch. Doch fehlt den meisten aktuellen
Porträts der Differenzierungscharakter.
Von Karrierewebsites und Stellenanzei-
gen wabert der gewohnte Employer-Bran-
ding-Einheitsbrei zu den Arbeitgeberbe-
wertungsplattformen hinüber und findet
dort in Gestalt der Unternehmensprofile
ein neues Zuhause.
So heißt es bei einem Telekommu-
nikationsunternehmen, Innovationen
entstünden dort „in einem Arbeits- und
Unternehmensumfeld, in dem das Teilen
von Ideen (…) scheinbar Unmögliches
Wirklichkeit werden lässt“. Ein Konsum-
güterhersteller schreibt: „Durch führen-
de Marken, Technologien und Innova-
tionen nachhaltig Werte schaffen – das
ist unsere Vision.“ Da wird feste auf die
Selbstbeweihräucherungstube gedrückt,
anstatt Bewerber mit differenzieren-
den Argumenten zu überzeugen. Doch
kommen wir zum eigentlichen Thema.
Selbst wenn solche Porträts überzeugend
wären, so bedienten sie doch nur eine
einzige Facette von Arbeitgeberbewer-
tungsplattformen: ihre Rolle als Paid-Me-
dia-Kanal, also als Werbefläche.
Menschen informieren
sich vor dem Kauf – und
vor der Bewerbung
Arbeitgeberbewertungsplattformen sind
jedoch vor allem Earned-Media-Kanäle,
bei denen es darum geht, das Gespräch
mit Mitarbeitern und potenziellen Mit-
arbeitern zu führen und auf deren Sicht
der Dinge zu reagieren. Die Bedeutung
solcher Earned-Media-Kanäle fürs Image
von Unternehmen hat in den vergange-
nen Jahren extrem zugenommen. Men-
schen haben gelernt, sich vor dem Kauf
eines Smartphones, einer Hotelbuchung
oder einem Arztbesuch die Onlinebewer-
tungen und -kommentare von Kunden
anzuschauen, zum Beispiel auf Amazon,
Tripadvisor oder Jameda.
Nun sind Bewerber ja nicht hauptbe-
ruflich Bewerber, sondern ganz norma-
le Menschen und Kunden, die ihre Me-
diengewohnheiten in die Jobsuche und
Selber
doof!
Von Dr. Manfred Böcker und Sascha Theisen
Die neue Employer-Telling-Studie
zeigt: Wenn Unternehmen über-
haupt auf eine schlechte Bewertung
auf einer Arbeitgeberbewertungs­
plattform antworten, dann meist mit
Standardfloskeln. Die vorgebrachten
Dementis und Dialogangebote
wirken oft wenig überzeugend. Auch
ausgesprochen aggressive Gegen­
schläge sind zu finden. Das muss
dringend verbessert werden.
Und: HR sollte unbedingt die
Kommunikationshoheit in seiner
Hand behalten.
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