HR-Management
personalmagazin 09.18
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Es ist wie ein Schlüsselreiz: Fragen wir
HR-Verantwortliche nach ihrem Umgang
mit Arbeitgeberbewertungsplattformen,
berichten sie uns meist von ihrem auf
Kununu geschalteten kostenpflichtigen
Unternehmensprofil. Solch ein bezahl-
pflichtiges Porträt zu schalten, ist nicht
falsch. Doch fehlt den meisten aktuellen
Porträts der Differenzierungscharakter.
Von Karrierewebsites und Stellenanzei-
gen wabert der gewohnte Employer-Bran-
ding-Einheitsbrei zu den Arbeitgeberbe-
wertungsplattformen hinüber und findet
dort in Gestalt der Unternehmensprofile
ein neues Zuhause.
So heißt es bei einem Telekommu-
nikationsunternehmen, Innovationen
entstünden dort „in einem Arbeits- und
Unternehmensumfeld, in dem das Teilen
von Ideen (…) scheinbar Unmögliches
Wirklichkeit werden lässt“. Ein Konsum-
güterhersteller schreibt: „Durch führen-
de Marken, Technologien und Innova-
tionen nachhaltig Werte schaffen – das
ist unsere Vision.“ Da wird feste auf die
Selbstbeweihräucherungstube gedrückt,
anstatt Bewerber mit differenzieren-
den Argumenten zu überzeugen. Doch
kommen wir zum eigentlichen Thema.
Selbst wenn solche Porträts überzeugend
wären, so bedienten sie doch nur eine
einzige Facette von Arbeitgeberbewer-
tungsplattformen: ihre Rolle als Paid-Me-
dia-Kanal, also als Werbefläche.
Menschen informieren
sich vor dem Kauf – und
vor der Bewerbung
Arbeitgeberbewertungsplattformen sind
jedoch vor allem Earned-Media-Kanäle,
bei denen es darum geht, das Gespräch
mit Mitarbeitern und potenziellen Mit-
arbeitern zu führen und auf deren Sicht
der Dinge zu reagieren. Die Bedeutung
solcher Earned-Media-Kanäle fürs Image
von Unternehmen hat in den vergange-
nen Jahren extrem zugenommen. Men-
schen haben gelernt, sich vor dem Kauf
eines Smartphones, einer Hotelbuchung
oder einem Arztbesuch die Onlinebewer-
tungen und -kommentare von Kunden
anzuschauen, zum Beispiel auf Amazon,
Tripadvisor oder Jameda.
Nun sind Bewerber ja nicht hauptbe-
ruflich Bewerber, sondern ganz norma-
le Menschen und Kunden, die ihre Me-
diengewohnheiten in die Jobsuche und
Selber
doof!
Von Dr. Manfred Böcker und Sascha Theisen
Die neue Employer-Telling-Studie
zeigt: Wenn Unternehmen über-
haupt auf eine schlechte Bewertung
auf einer Arbeitgeberbewertungs
plattform antworten, dann meist mit
Standardfloskeln. Die vorgebrachten
Dementis und Dialogangebote
wirken oft wenig überzeugend. Auch
ausgesprochen aggressive Gegen
schläge sind zu finden. Das muss
dringend verbessert werden.
Und: HR sollte unbedingt die
Kommunikationshoheit in seiner
Hand behalten.