personalmagazin 12/2018 - page 8

Zunächst bin ich davon überzeugt, dass die bestehenden Regu-
larien für Arbeitnehmervertreter durchaus zeitgemäß sind, das
hat uns der Dialogprozess Arbeiten 4.0, aber auch der regelmä-
ßige Austausch mit den Sozialpartnern bestätigt. Dies gilt auch
für die Regelungen zur Betriebsratswahl. Diese ermöglichen
es den Beteiligten, ein Wahlverfahren durchzuführen, das den
Wahlgrundsätzen des Grundgesetzes entspricht. Gleichzeitig ist
die Wahlbeteiligung an Betriebsratswahlen mit durchschnittlich
77 Prozent sehr hoch. Das aktuelle Wahlverfahren erreicht also
momentan noch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
BeimThema Digitalisierung der Betriebsratswahl sehen Sie
also keinen Handlungsbedarf. Im Management und unter
Mitarbeitern sind Videokonferenzen längst Alltag. Wollen
Sie hier einen rechtlichen Rahmen schaffen, um so etwas
auch für die Betriebsratsarbeit zuzulassen?
ImWeißbuch Arbeiten 4.0 findet sich durchaus ein Regelungs-
vorschlag, um die Durchführung einer Betriebsratssitzung als
Videokonferenz zu ermöglichen. Demnach soll es allein der Ent-
scheidung des Betriebsrats überlassen bleiben, ob in bestimm-
ten Situationen eine Betriebsratssitzung als Videokonferenz
durchgeführt wird oder nicht. Denn es kann auch gute Gründe
aus Sicht eines Betriebsrats geben, sich gegen die Durchführung
einer Betriebsratssitzung als Videokonferenz zu entscheiden.
Unabhängig von diesem Vorschlag kann die Videokonferenz
schon heute im Rahmen der Betriebsratsarbeit genutzt werden,
zum Beispiel, wenn der Betriebsrat Besprechungen durchführt
oder Betriebsratssitzungen vorbereitet.
Wie stehen Sie zu neuen Ideen für die Mitbestimmung? Man-
che Betriebe praktizieren Formen der direkten Mitbestim-
mung, sie wählen beispielsweise Teamleiter oder Geschäfts-
führer. Ist es für Sie vorstellbar, die Mitbestimmung Richtung
Optionsräume für die Betriebe weiterzuentwickeln in dem
Sinne, dass es Wahlmöglichkeiten für unterschiedliche Mo-
delle der Mitbestimmung gibt?
Der Dialogprozess Arbeiten 4.0 hat uns bestätigt: Auch im
Zeitalter der Digitalisierung ist die Mitbestimmung durch Be-
triebsräte ein Schlüsselfaktor für die erfolgreiche Gestaltung
der Arbeitswelt von morgen. Davon unabhängig steht es Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmern natürlich frei, mit dem Arbeit-
geber Beteiligungsmöglichkeiten außerhalb des gesetzlichen
Rahmens zu vereinbaren. Ob solche Beteiligungsmöglichkeiten
allerdings immer geeignet sind, Kompromisse mit dem Arbeit-
geber auf Augenhöhe zu vereinbaren, ist offen. Betriebliche Mit-
bestimmung muss jedenfalls auch auf durchsetzbaren Rechten
beruhen. Eine solche Verlässlichkeit bietet den Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmern nur die verfasste Mitbestimmung.
Keine Änderung bei der Mitbestimmung. Wird es Änderun-
gen zum Thema Arbeitszeit geben?
Die Koalitionspartner haben sich im Koalitionsvertrag auf eine
Tariföffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz geeinigt. Dadurch
sollen für tarifgebundene Unternehmen Experimentierräume
geschaffen werden, um eine Öffnung für mehr selbstbestimmte
Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilität
in der digitalen Arbeitswelt zu erproben. Auf Grundlage von
diesen Tarifverträgen kann dann mittels Betriebsvereinbarun-
gen insbesondere die Höchstarbeitszeit wöchentlich flexibler
geregelt werden. Sie sehen: Der mit demWeißbuch angestoßene
Prozess findet konkreten Eingang in die Politik des BMAS.
Wichtige Impulse kamen bislang auch von der INQA. Wie
geht es mit dieser Initiative weiter?
Die Koalitionsvereinbarung enthält den Auftrag, die Initiative
Neue Qualität der Arbeit (INQA) zu fördern und fortzuentwickeln.
Gemeinsammit den INQA-Partnernetzwerken werden wir weiter-
hin Angebote entwickeln, um den Wandel der Arbeit im Betrieb
oder der Behörde zu gestalten. Die Initiative ist auch der Umset-
zungsrahmen für die betrieblichen Lern- und Experimentierräu-
me zur Arbeitsgestaltung und -organisation, die imWeißbuch 4.0
vorgeschlagen wurden. Im November 2018 starteten wir die im
Rahmen der Initiative vom BMAS geförderten Projekte. INQA ist
für das BMAS ein wichtiger Impulsgeber zur Gestaltung der Zu-
kunft der Arbeit. Es gibt in der Arbeitswelt aber auch Gestaltungs-
aufgaben, die außerhalb von New Work und Digitalisierung liegen
– hier wollen wir ebenfalls Aktivitäten in der Initiative als Beitrag
für die gesellschaftliche Debatte anstoßen und Unterstützung für
die betriebliche Praxis anbieten.
„Arbeiten im digitalen und
globalisierten Zeitalter
muss genauso neu
gestaltet und austariert
werden wie die soziale
Sicherung. Nur so erlangen
wir das Vertrauen der
Menschen zurück.“
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