personalmagazin 12/2018 - page 3

Liebe Leserinnen und Leser,
wie sollen sich Mitarbeiter auf den digitalen Struktur­
wandel, der viele Jobprofile bedroht und zugleich neue
entstehen lässt, vorbereiten? Bildungspolitiker wie auch
Personalchefs sind sich einig: Der Schlüssel liegt in der
Weiterbildung. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat
mit dem „Qualifizierungschancengesetz“ jetzt ein Gesetz
auf den Weg gebracht, das in die richtige Richtung zielt.
Als im Bundestag über dieses zentrale Zukunftsthema
debattiert wurde, waren die Ränge allerdings leer. Das ist
für ein „Fachthema“ zwar nicht ungewöhnlich, aber auch
symptomatisch für den Zustand der Republik: Spitzen­
politiker und Leitmedien sind derzeit mit Machtpolitik
beschäftigt, Zukunftsthemen schaffen es nicht auf ihre
Agenda. Dabei ist das Qualifizierungschancengesetz, das
im Huckepack auch noch die Senkung des Beitragssatzes
zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte und
Erleichterungen für den Einsatz von Saisonkräften vor­
sieht, ein Meilenstein in der Weiterbildungspolitik: Es
sollen nicht mehr nur Arbeitssuchende mit Umschulungs­
maßnahmen unterstützt werden; Weiterbildung kann für
alle Arbeitnehmer, deren Jobs durch den Strukturwandel
bedroht sind, gefördert werden. Das Konzept der Beschäf­
tigungsfähigkeit, das vor 20 Jahren entwickelt wurde und
zur Gründung der Selbst GmbH führte, wird zu einem
Leitbegriff der Weiterbildung. Der Ansatz des lebenslangen
Lernens kommt damit erstmals in das Bundesgesetzblatt.
Ariane Reinhart, CHRO von Continental, ist eine der weni­
gen HR-Chefs, die sich zu diesem Thema zu Wort melden
und von der Politik Nachbesserungen verlangen. Sie
kritisiert die Staffelung der Förderung nach Unternehmens­
größe und schlägt vor, die Förderung an das Vorliegen einer
mittelfristigen Personalplanung zu knüpfen. Und zweitens
bemängelt sie, dass das Gesetz vor allem die Förderung von
außerbetrieblicher Weiterbildung vorsieht, obwohl Studien
und Erfahrungen zeigen, dass das praxisorientierte, pro­
zesshafte Lernen größere Erfolgsaussichten bietet. Beide
Argumente sind schlüssig und entsprechen dem Stand der
Wissenschaft. Hoffentlich finden sie auch in Berlin noch
Gehör.
Reiner Straub
Herausgeber
„Weiterbildung für
Mitarbeiter, deren
Jobs bedroht sind,
wird staatlich
gefördert. Damit
steht das lebens­
lange Lernen
erstmals im
Bundesgesetzblatt.“
Titelbild: Andreas Rentz/Staff; Foto: Peter Granser
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personalmagazin 12.18
Editorial
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