personalmagazin 9/2017 - page 73

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erfahreneren Wahlvorstand der vergan-
genen Betriebsratswahl einsetzen, zu-
mindest indirekt Früchte tragen.
Zwar bleibt es dem Betriebsrat weiter-
hin unbenommen, einen unerfahrenen
Wahlvorstand einzusetzen. Der Wunsch
des Arbeitgebers wird aber zum – even-
tuell gerichtsverwertbaren – Hinweis an
den Wahlvorstand, auch Möglichkeiten
der Unterrichtung durch sachkundige
Arbeitnehmer des Betriebs oder des
Unternehmens zu nutzen. Es sollen vor-
handene innerbetriebliche Erkenntnis-
quellen zunächst erschlossen werden,
um den Grundsatz der Verhältnismäßig-
keit einzuhalten. Der Arbeitgeber kann
also einen unerfahrenen Wahlvorstand
darauf verweisen, auf Betriebsangehö-
rige und deren Erfahrungen, Unterlagen
und Arbeitsmittel der vergangenen Be-
triebsratswahl zurückzugreifen.
THOMAS MUSCHIOL
ist
Fachautor und Rechtsanwalt
mit Schwerpunkt im Arbeits-
und betrieblichen Sozialversi-
cherungsrecht in Freiburg.
Der Arbeitgeber muss notwendige Kosten übernehmen, das taucht an unterschied-
lichen Stellen im Betriebsverfassungsrecht (BetrVG) auf. Entscheidend dabei ist, wie
der Begriff der Notwendigkeit im jeweiligen Fall auszulegen ist.
Muss das denn sein? Spätestens bei der geschätzten Kostenaufstellung für den Sach-
und Freistellungsaufwand bei der Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratswah-
len dürfte sich der Arbeitgeber diese Frage stellen. Wird diese jedoch ernsthaft mit der
Überlegung verbunden, sich gegen die angeblich zu hohen Kosten zu wehren, so würde
der Fachjurist zum Ausgang des Verfahrens wohl antworten: „Es muss dann nicht sein,
wenn die Kosten nicht notwendig sind.“
Es ist also zunächst der unbestimmte Rechtsbegriff der „Notwendigkeit“ auszulegen,
der darüber entscheidet, ob eine Kostenposition als unberechtigt anzusehen ist. Letzt-
lich zieht sich dieser Begriff durch das gesamte BetVG und taucht daher auch bei der
Pflicht zur Kostentragung der Betriebsratswahl gemäß § 20 BetrVG auf.
Wie aber können unterschiedliche Meinungen über das, was „notwendig“ ist, geschlich-
tet werden und welcher Maßstab ist anzuwenden? Schaut man sich dazu die reichhaltige
Rechtsprechung an, so sieht es zunächst nicht rosig aus, was die Argumente der Arbeit-
geberseite betrifft. Die Entscheidung des Betriebsrats, so wird von den Arbeitsgerichten
stets vorangestellt, unterliege nur einer begrenzten arbeitsgerichtlichen Kontrolle.
Schließlich bestehe ein Beurteilungsspielraum des Betriebsrats, den die Gerichte zu be-
achten haben. Es könne daher nur geprüft werden, ob die Entscheidung des Betriebsrats,
die zur Kostenbelastung des Arbeitgebers führt, auch den berechtigten Interessen des
Arbeitgebers Rechnung getragen habe (BAG, Beschluss v. 12.5.1999, 7 ABR 36/97).
Was wirklich notwendig ist
AUSLEGUNG
rechtsmissbräuchlich handeln, wenn er
den teureren Weg wählt. Zudem können
bestimmte Kosten für den Arbeitgeber
unzumutbar werden, wenn sie nicht im
Verhältnis zur Größe und Leistungsfä-
higkeit des Betriebs stehen. An dieser
Stelle könnte zum Beispiel der Wunsch
des Arbeitgebers, man möge doch den
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