72
RECHT
_BETRIEBSRATSWAHL
personalmagazin 09/17
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
zu unterscheiden, ob zwischen Wahl-
vorstand und Arbeitgeber ein konkreter
Streit entstehen kann – angefangen bei
der Frage zu Informationen von Mitar-
beitern, fortfahrend über die Festlegung
eines Wahltags bis hin zu Meinungsver-
schiedenheiten über die Art der Wahlur-
nen. Dann gehört, wie bei Streitigkeiten
zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber,
die Beauftragung eines Rechtsanwalts
zu den notwendigen Kosten der Durch-
führung der Betriebsratswahlen.
Anders sieht dies aus, wenn der Wahl-
vorstand vorbeugend Unsicherheiten bei
der richtigen Handhabung von Rechts-
fragen beseitigen möchte. Die insoweit
anfallenden Kosten der Beauftragung
eines Rechtsanwalts können eventuell
als Sachverständigenkosten unter ana-
loger Anwendung des § 80 Abs. 3 Be-
trVG zu tragen sein. Notwendig ist hier
aber eine vorherige Vereinbarung mit
dem Arbeitgeber, bei der Einvernehmen
über den konkreten Gegenstand der gut-
achterlichen Tätigkeit, die Person des
Sachverständigen und über die Vergü-
tung getroffen werden muss. Gegen die
Übernahme der Kosten kann jedoch ein-
gewandt werden, dass – wie auch beim
Anspruch des Betriebsrats auf Stellung
eines Sachverständigen – der Wahlvor-
stand zunächst die innerbetrieblichen
Erkenntnisquellen zu erschließen hat,
ehe die mit Kosten verbundene Beauftra-
gung eines Sachverständigen erforder-
lich sind. So hat sich der Wahlvorstand
zunächst zu bemühen, sich die notwen-
digen Kenntnisse selbstständig anzueig-
nen. Auch sind weitere, vom Arbeitgeber
gebotene Möglichkeiten der Unterrich-
tung durch sachkundige Arbeitnehmer
des Betriebs oder des Unternehmens
vorab zu nutzen. Dies darf der Wahlvor-
stand auch nicht von vornherein mit der
pauschalen Begründung ablehnen, diese
Personen besäßen nicht sein Vertrauen,
weil sie im Dienste des Arbeitgebers ste-
hen und daher nicht als neutral oder ob-
jektiv angesehen werden können.
Die Hinzuziehung eines Sachverstän-
digen kommt damit erst in Betracht,
wenn der Arbeitgeber den Wahlvorstand
in der zu beurteilenden Angelegenheit
abschließend unterrichtet hat, ihm dann
immer noch die erforderliche Sachkun-
de fehlt und er sich diese auch nicht ko-
stengünstiger – etwa durch sachkundige
Betriebs- oder Unternehmensangehörige
– verschaffen kann.
Vertrauensvolle Zusammenarbeit
Dass Streitigkeiten über die Berech-
tigung von kostenauslösenden Hand-
lungen des Wahlvorstands gleichwohl
nicht von vornherein aussichtslos sind,
sondern dass im Einzelfall auch die Ar-
beitgeberseite obsiegen kann, liegt an
einer anderen Prämisse des BetrVG:
dem Grundsatz der Verhältnismäßig-
keit. Dieser aus dem Gebot der vertrau-
ensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1
BetrVG) abgeleitete Grundsatz gebietet
es, den Arbeitgeber nur mit Kosten zu
belasten, die zur ordnungsgemäßen
Durchführung der Aufgaben des Be-
triebsrats unvermeidbar sind. Lässt
sich eine Aufgabe des Wahlvorstands
bei gleicher Effektivität kostengünsti-
ger erledigen, würde der Wahlvorstand
Mitglieder des Wahlvorstandes haben vom Tag ihrer Bestellung an einen besonderen
Kündigungsschutz. Sie sind insoweit Betriebsratsmitgliedern gleichgestellt.
Durch den besonderen Kündigungsschutz der Mitglieder des Wahlvorstands (§ 15 Abs.
3 BetrVG) kann eine Kündigung nur als außerordentliche Kündigung ausgesprochen
werden. Zudem bedarf es der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats (§ 103 BetrVG).
Diese Art des Kündigungsschutzes endet mit dem Tag der Bekanntgabe des Wahlergeb-
nisses. Danach schließt sich ein Zeitraum von sechs Monaten an, in dem ein sogenann-
ter nachwirkender Kündigungsschutz besteht. Hier kann die Kündigung ebenfalls nur
als außerordentliche Kündigung ergehen, das Erfordernis der zusätzlichen Zustimmung
durch den Betriebsrat entfällt jedoch.
Einen gleichgearteten Kündigungsschutz haben die Mitarbeiter, die sich für das Amt
des Betriebsrats bewerben. Dieser Schutz beginnt, wenn der Wahlbewerber auf einem
Wahlvorschlag steht, der den formellen Voraussetzungen für Wahlvorschläge entspricht.
Wie bei Mitgliedern des Wahlvorstands endet der Kündigungsschutz mit der Bekanntga-
be des Wahlergebnisses und geht sodann in den nachwirkenden Kündigungsschutz über.
Bewerber für das Amt eines Wahlvorstands haben, ebenso wie Wahlhelfer oder Vermitt-
ler, dagegen keinen besonderen Kündigungsschutz. Allerdings können sich diese Perso-
nen unter Umständen darauf berufen, dass ihre Kündigung eine „Wahlbehinderung“ des
Arbeitgebers ist und damit als unzulässige Maßnahme nichtig. Im Kündigungsprozess
würde sodann dem Arbeitgeber die Beweislast dafür aufgebürdet, dass die Kündigung
nicht im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zur Betriebsratswahl zu bringen ist.
Einen gesetzlichen Sonderfall bilden lediglich die sogenannten Initiatoren einer
Betriebsratswahl, bei der ein Wahlvorstand eines bisher betriebsratslosen Betriebs ge-
wählt werden soll. Hier haben die ersten drei Arbeitnehmer, die eine Einladung zu einer
solchen Betriebsversammlung unterzeichnen, ebenfalls sofortigen und nachwirkenden
Kündigungsschutz. Kommt es nicht zur Betriebsratswahl, so endet dieser Kündigungs-
schutz spätestens nach drei Monaten.
Besonderer Schutz des Wahlvorstands
KÜNDIGUNGSSCHUTZ