75
09/17 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
den vorgibt. Die Vorteile der Vertrau-
ensarbeitszeit beruhen auf der großen
Flexibilität und den geringen formalen
Anforderungen. Dem Arbeitnehmer gibt
dies Freiräume in der individuellen Ar-
beitszeitgestaltung und ermöglicht ein
Arbeiten ohne große Bürokratie und
damit zugleich einen kapazitätsorien-
tierten Einsatz. Das kann wiederum die
Arbeitszufriedenheit und Motivation
deutlich fördern. Zudem spart der Ar-
beitgeber Verwaltungsaufwand bei der
Arbeitszeiterfassung und -auswertung.
Auch ermöglicht die Steuerung über Ar-
beitsergebnisse eine Fokussierung auf
die Arbeitsinhalte. Aus diesen Gründen
ist Vertrauensarbeitszeit gerade im Lei-
tungs- und AT-Bereich sehr beliebt.
Den Vorteilen steht jedoch der Nach-
teil entgegen, dass die Zeitsouveränität
dem Arbeitnehmer auch ein erhöhtes
Maß an Eigenorganisation und Verant-
wortung abverlangt, welchem nicht je-
der Arbeitnehmer gerecht werden kann.
Zudem müssen sich Vorgesetzte auf
einen Führungsstil einrichten, der sich
deutlich von den klassischen Methoden
abgrenzt. So müssen Vorgesetzte einer-
seits „loslassen“ können, insbesondere
keine heimlichen parallelen Arbeitszeit-
aufzeichnungen führen. Andererseits
gilt es aber auch, über Inhalte und Ziele
hinreichend zu steuern, um zum Bei-
spiel Überlastungen entgegenzuwirken
und die Arbeitnehmer in ihrer Eigenor-
ganisation zu unterstützen. Das Modell
geht nicht selten mit einer Arbeitszeit
erhöhung anstelle einer -verdichtung
aufgrund falscher Planungen, unkon-
trollierter Aufgabensteuerung oder auch
einer falschen Einschätzung der eigenen
Leistungsfähigkeit einher. Vertrauensar-
beitszeit hat daher den Ruf, lediglich un-
bezahlte Überstunden zu fördern.
Sofern jedoch eine angemessene Auf-
gabenverteilung und kluge Führung
durch die Vorgesetzten erfolgen, kann
dem vorgebeugt werden. Dann ist das
Modell gut geeignet, den beiderseitigen
Gestaltungsinteressen gerecht zu wer-
den und selbstbestimmtes, kapazitätso-
rientiertes Arbeiten zu ermöglichen.
Praxismodell zwei:
Das Abrufarbeitsverhältnis
Die Arbeit auf Abruf bietet dem Arbeit-
geber einen enorm großen Spielraum,
Arbeit nur bedarfsorientiert abzurufen
und damit passgenau Lohnkosten auf
das erforderliche Maß zu reduzieren.
Zwar sind die gesetzlichen Mindest-
vorgaben des § 12 Teilzeit- und Befris-
tungsgesetz (TzBfG) und die in der
Rechtsprechung entwickelte 25-Pro-
zent-Beschränkung einzuhalten. Dies
kann unter Berücksichtigung von Pro-
duktionszyklen und Planungsmöglich-
keiten aber als hinnehmbar betrachtet
werden. Allein die Möglichkeit, bei ei-
ner Teilzeitvorgabe von 30 Stunden pro
Woche innerhalb kürzester Frist nahezu
Vollzeit abrufen zu können, ermöglicht
hohe Flexibilität auf Arbeitgeberseite.
Für die Arbeitnehmer bringt die Ab-
rufarbeit dagegen kaum Vorteile: Sie
nimmt dem Arbeitnehmer Vergütungs-
sicherheit, erfordert kurzfristige Sonde-
reinsätze und ist mit Blick auf den rein
bedarfsgesteuerten Abruf vollständig
fremdbestimmt. Unabhängig von den un-
terschiedlichen Interessenlagen mag ein
weiterer Nachteil in der Praxis schlicht
darin liegen, dass Arbeit auf Abruf in
einem Arbeitnehmermarkt, gerade un-
ter Berücksichtigung eines möglichen
Fachkräftemangels, weder akzeptiert
wird, noch das richtige Mittel ist, um
dringend erforderliche Arbeit passge-
nau erledigen zu lassen. Es geht heut-
zutage häufig weniger um punktgenaue
Arbeitseinsätze als um den Einsatz gut
ausgebildeter Kräfte überhaupt.
Das Modell bleibt aber in Branchen at-
traktiv, in denen hohe Kurzzeitschwan-
kungen in der Auslastung vorliegen, die
auch nur mit kurzem oder gar nicht mit
Vorlauf geplant werden können, und in
denen der Arbeitgeber ein einseitiges
Einsatzrecht benötigt. Dies gilt zum
Beispiel für die Restaurant- oder Hotel-
branche.
Praxismodell drei:
Das Zeitwertkonto
Die Gesetzesvorgaben, insbesondere
zu den Insolvenzsicherungs- und Ver-
waltungspflichten, machen die Lang-
zeitkonten teuer und verwaltungsauf-
wendig. Sie stellen daher für kleinere
Variable Arbeits-
zeit: Schon heute
sind verschie-
dene Modelle
möglich.