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          02/17  personalmagazin
        
        
          Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
        
        
        
          was Gutes für sich, auch in Situationen,
        
        
          in denen sie schwächelt oder gar schei-
        
        
          tert, erschafft sie eine stabile Basis, um
        
        
          sich erfolgreich zu regulieren.
        
        
          Selektive Wahrnehmung durchschauen
        
        
          Um eigenverantwortlich sich selbst,
        
        
          Mitarbeiter, Kollegen und Chefs zu füh-
        
        
          ren, braucht es außerdem das Wissen
        
        
          darüber, wie die eigene Wahrnehmung
        
        
          funktioniert. Wir nehmen durch unsere
        
        
          Sinnesorgane wahr und filtern die Infor-
        
        
          mationen, die auf uns einströmen. Als
        
        
          Wahrnehmungsfilter dienen uns die ver-
        
        
          gangenen Erfahrungen, Einstellungen,
        
        
          Glaubenssätze, Werte, Vorlieben oder Ta-
        
        
          bus, aktuelle Bedürfnisse und Stimmun-
        
        
          gen. Tatsächlich lassen wir durch unse-
        
        
          re subjektive Filterbrille nur das durch,
        
        
          was zu unserem Inneren passt. Hat eine
        
        
          Führungskraft sich beispielsweise eine
        
        
          schlechte Meinung über einen Mitarbei-
        
        
          ter gebildet, wird sie im nächsten Mitar-
        
        
          beitergespräch vor allem das Verhalten
        
        
          wahrnehmen, das zu dieser Meinung
        
        
          passt.
        
        
          All diese Filterprozesse verlaufen in
        
        
          Sekundenschnelle. Um Situationen rich-
        
        
          tig einschätzen zu können, braucht es
        
        
          die Einsicht, dass das, was wir für wirk-
        
        
          lich halten, unsere individuelle Kreation
        
        
          ist und dass unser Gegenüber dieselbe
        
        
          Situation höchst wahrscheinlich anders
        
        
          sieht. Diese konstruktivistische Erkennt-
        
        
          nis, dass die Wirklichkeit subjektiver
        
        
          Natur ist, bedeutet in diesem Kontext für
        
        
          Führungskräfte: Sie allein sind für Ihre
        
        
          Gefühle verantwortlich.
        
        
          Es liegt auf der Hand, dass die Sabo-
        
        
          teure in unserem Inneren stark sind und
        
        
          dass Selbstführung viel Mut, Ehrlichkeit
        
        
          und Achtsamkeit abverlangt – tagein,
        
        
          tagaus. Sind Sie bereit?
        
        
          
            NADESCHDA LAZKO
          
        
        
          ist als
        
        
          Trainerin, Coach, Rednerin
        
        
          und Autorin zu den Themen
        
        
          Führung, Diversity, interkul-
        
        
          turelle Zusammenarbeit und persönlicher
        
        
          Wandel tätig.
        
        
          Arbeit mit Zahlen, Daten und Fakten –
        
        
          häufig mit Kontrollverlust, Unberechen-
        
        
          barkeit und Ohnmacht assoziiert wird.
        
        
          Viele Führungskräfte haben nie gelernt,
        
        
          konstruktiv mit diesen Gefühlen umzu-
        
        
          gehen. Doch die Selbstführung ist ohne
        
        
          Fühlen nicht möglich. Nur wer das Füh-
        
        
          len erlaubt, bekommt Zugang zu eigenen
        
        
          Bedürfnissen und kann spüren, wann
        
        
          zum Beispiel die eigenen (oder fremde)
        
        
          Grenzen überschritten werden, welches
        
        
          Verhalten stimmig ist und wie die einzel-
        
        
          nen Mitarbeiter am besten angesprochen
        
        
          werden. Nur wer neben der kognitiven
        
        
          Ebene auch die intuitive nutzt, agiert mit
        
        
          hoher Erfolgswahrscheinlichkeit.
        
        
          Ein sich selbst führender Mensch ist
        
        
          bemüht, sich kennenzulernen und zu
        
        
          verstehen. Das ist ein fortwährender
        
        
          Prozess, bei dem es nicht nur um das
        
        
          Wahrnehmen und Reflektieren des eige-
        
        
          nen Verhaltens geht, sondern vielmehr
        
        
          um das Verstehen der unbewussten Ur-
        
        
          sachen und Motive hinter dem Verhal-
        
        
          ten. Gerade in Deutschland haben wir es
        
        
          mit einer sehr sachlichen Geschäftskul-
        
        
          tur zu tun: Die Bedeutung der rationalen
        
        
          Ebene in Sachen Führung wird stark
        
        
          überschätzt. Um diesen blinden Fleck
        
        
          kleiner zu machen und Führungsver-
        
        
          halten bewusster zu gestalten, braucht
        
        
          es das Wissen über die eigenen Prä-
        
        
          gungen, Konditionierungen, Haltungen,
        
        
          Glaubenssätze und Muster. Denn aus
        
        
          Prägungen entsteht Haltung, aus einer
        
        
          Haltung entsteht Verhalten und schluss
        
        
          endlich Wirkung einer Führungskraft.
        
        
          Lernt eine Führungskraft diese bei sich
        
        
          selbst zu sehen, wird sie auch bei ihren
        
        
          Mitarbeitern vieles erkennen können.
        
        
          Verantwortung übernehmen
        
        
          Jemand, der sich selbst führt, kennt sei-
        
        
          ne Stärken und baut sie aus. Zeitgleich
        
        
          entwickelt er ein Bewusstsein über die
        
        
          eigenen Erwartungen, die zum Beispiel
        
        
          an die Mitarbeiter oder die Vorgesetzten
        
        
          gerichtet sind. Statt Lob und Anerken-
        
        
          nung von außen zu erwarten, lernt eine
        
        
          sich selbst führende Person, sich selbst
        
        
          wertzuschätzen, zu bestärken und zu
        
        
          ermächtigen. Sie schenkt sich selbst Auf-
        
        
          merksamkeit und gibt sich Raum, indem
        
        
          sie die eigenen Bedürfnisse ernst nimmt.
        
        
          Durch diesen verantwortungsvollen
        
        
          Umgang mit sich selbst steigt die Füh-
        
        
          rungskraft aus der Opfer-Täter-Dynamik
        
        
          aus, die in Teams weit verbreitet ist: Häu-
        
        
          fig fühlen sich die Vorgesetzten als Op-
        
        
          fer der „schwierigen“ Mitarbeiter oder
        
        
          umgekehrt. Die Folge der unerfüllten,
        
        
          nach außen projizierten Erwartungen ist
        
        
          immer Enttäuschung und Kampf. Die Be-
        
        
          troffenen werden blind für all die Mög-
        
        
          lichkeiten und Lösungen, die im eigenen
        
        
          Einflussbereich zu finden sind.
        
        
          Verletzlichkeit zulassen
        
        
          Neben dem gezielten Einsatz der Stärken
        
        
          ist es wichtig, die eigenen wunden Stel-
        
        
          len zu kennen. Niemand gibt gern zu,
        
        
          dass es sie gibt. Gerade in der Geschäfts-
        
        
          welt ist das Bild einer erfolgreichen
        
        
          Führungskraft durch Härte, Unverwund-
        
        
          barkeit, Bestimmtheit und Durchhalte-
        
        
          vermögen geprägt. Sich selbst die eigene
        
        
          Verletzlichkeit einzugestehen, stellt für
        
        
          viele Führungskräfte eine große innere
        
        
          Hürde dar. Sie verneinen, unterdrücken
        
        
          oder bekämpfen die „Schwächen“, um
        
        
          den vermuteten Erwartungen im eigenen
        
        
          Umfeld zu entsprechen und ihr Gesicht
        
        
          zu wahren. Das Ergebnis ist ein enormer
        
        
          innerer Druck, Energieverlust und – auf
        
        
          Dauer – persönliche Stagnation. Ohne die
        
        
          Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit
        
        
          und die Bereitschaft, sich um die inneren
        
        
          Entwicklungsaufgaben zu kümmern, ist
        
        
          kein persönliches Wachstum, keine Sta-
        
        
          bilität und keine Selbstführung möglich.
        
        
          Kommt eine Führungskraft aber zu
        
        
          einer bedingungslos wertschätzenden
        
        
          Haltung sich selbst gegenüber und tut et-
        
        
          Jemand, der sich selbst
        
        
          führt, kennt seine eige-
        
        
          nen Stärken und ent
        
        
          wickelt ein Bewusstsein
        
        
          für die eigenen Erwar-
        
        
          tungen an Mitarbeiter
        
        
          und Vorgesetzte.