HR-Software-Kompendium - page 46

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HR-SOFTWARE
_ORGANISATION & PAYROLL
spezial Softwarekompendium 2017
beide Welten verfügbar ist. So kann der
Kunde selbst entscheiden, welche Teile
er in die Cloud geben will.
personalmagazin:
Wo befürchten Sie
konkret die Nachteile für den Anwender,
wenn alles in die Cloud gegeben würde?
Hat sich die große Skepsis der Cloud
gegenüber nicht gelegt?
Haag:
Die Verfügbarkeit des Systems ist
ein Thema, das bei einer Cloud-Lösung
eigentlich keines sein dürfte. Da muss
sich SAP noch etwas besser auf die Kun-
den einstellen und die entsprechenden
Abläufe weiter verbessern. Ist beispiels-
weise eine Recruiting-Lösung durch
Probleme mit der Cloud-Lösung nicht
mehr verfügbar, kann das in der aktuel-
len Wettbewerbssituation um die besten
Talente schnell negative Konsequenzen
für ein Unternehmen haben. Ist die Re-
cruiting-Seite auch nur für wenige Tage
nicht erreichbar, hat sich ein vielver-
sprechender Bewerber längst woanders
beworben und wurde eingestellt.
Aktuell gibt es in einigen Bereichen des
Personalwesens Anforderungen auf-
grund spezieller Landesnormen oder
bei Betriebsvereinbarungen. Um diese
in der IT umsetzen zu können, muss
ein entsprechendes System manchmal
modifiziert werden. Damit stößt man
jedoch bei einer Cloud-Lösung an funk-
tionale Grenzen, die bislang noch nicht
ausreichend von DSAG und SAP disku-
tiert wurden. Viele Unternehmen haben
sich gedanklich noch gar nicht damit
auseinandergesetzt, welche Auswir-
kungen die Rahmenbedingungen der
Cloud auf funktionale Aspekte haben.
„Plattform für beide Welten“
INTERVIEW.
SAP will seine Lösung für das Personalwesen SAP HCM langfristig alleine
als Cloud-Lösung anbieten. Kritik kommt vom Verband der SAP-Anwender.
personalmagazin:
Ab 2025, so hört man,
soll die SAP-Lösung für das Personalwe-
sen alleine als Cloud -Lösung angeboten
werden. Sind das nur Gerüchte? Was
genau ist geplant?
Hermann-Josef Haag:
SAP hat mit S/4HANA
eine neue ERP-Suite auf den Markt
gebracht, die einerseits als On-Premi-
se-Software, also vor Ort installierte
Software, genutzt werden kann und
andererseits als Cloud-Lösung verfüg-
bar ist. Aktuell sind die bestehenden
Funktionen der SAP-Lösung für das
Personalwesen (SAP HCM) eins zu eins
auch in S/4HANA abgebildet. Wir vom
Arbeitskreis Personalwesen befürchten
nun aber, dass für die On-Premise-Lö-
sung SAP HCM keinerlei neue Entwick-
lungen vorgesehen sind. Das zeigen die
Roadmaps für S/4HANA. Innovationen
soll es nur noch in der Cloud-Lösung
Success Factors geben. Das Problem be-
steht darin, dass es zum Beispiel aktuell
keine echte Payroll oder Zeitwirtschaft
in Success Factors gibt, lediglich Anbin-
dungen über das On-Premise-System.
Das bedeutet, in der kurzfristigen Pla-
nung für zukünftige Innovationen spielt
SAP HCM On-Premise bei SAP keine
große Rolle mehr. SAP stellt sich vor,
dass die Kunden zunächst auf S/4HANA
wechseln und dann einzelne Anwendun-
gen in die Cloud auslagern. Wir vom
DSAG-Arbeitskreis Personalwesen se-
hen SAP HCM jedoch bislang nicht als
reine Cloud-Lösung, sondern gleichwer-
tig als On-Premise-System für Kunden,
die keine Cloud einsetzen.
personalmagazin:
Konkurrierende Angebote
innerhalb eines Produktportfolios gibt es
doch immer wieder – wo liegt genau die
Gefahr?
Haag:
Werden zwei konkurrierende Pro-
dukte im gleichen Haus betrieben, wird
langfristig gesehen eines davon abge-
schafft werden. Die Frage ist daher, für
welche der beiden Lösungen entschei-
de ich mich, und welche bietet mir Zu-
kunftssicherheit? Wenn ich mich nicht
entscheiden kann, weil SAP sagt, wir
gehen in die Cloud, könnte für den einen
oder anderen zum Beispiel das E-Recru-
iting als On-Premise-Lösung wegfallen.
Benötige ich aber eine entsprechende
Lösung, kann der Weg zu einem Dritt-
anbieter führen. Entscheide ich mich
für die On-Premise-Lösung, die nur noch
wenige Jahre weiterentwickelt wird, be-
steht ebenfalls die Gefahr einer Neuori-
entierung.
Aktuell ist es sehr schwierig, eine siche-
re Wahl zu treffen, die eine zukunfts-
sichere IT-Plattform garantiert. Wün-
schenswert wäre eine Plattform, die für
„In der Cloud hat man
nur eine sehr einge-
schränkte Möglichkeit
der individuellen An-
passung zur Verfügung.
Das wollen und können
nicht alle akzeptieren.“
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