wirtschaft und weiterbildung 10/2015 - page 18

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wirtschaft + weiterbildung
10_2015
und bei der Batterieentwicklung. Roboter
sind laut Pratt fast überall mit dem Inter-
net verbunden und könnten so das Netz
als Speicherplatz nutzen. Mit dem Ler-
nen taten sich die Roboter bislang noch
sehr schwer. Ihr Wissen bekamen sie von
ihren Erbauern quasi bei der Geburt auf
einem strukturierten Weg eingebaut. In-
zwischen gibt es aber schon Computer,
die sich durch Ausprobieren selbst Com-
puterspiele beibringen. Roboter werden
in Kürze laut Pratt viel lernfähiger sein.
Dadurch, dass sie ins Internet kommen,
hätten sie die Möglichkeit, mit anderen
Robotern zu kommunizieren und gegen-
seitig Erfahrungen auszutauschen.
Peinliche Vorhersagen, was Computer nie
können werden, haben eine lange Tradi-
tion. Es gab eine sehr große Skepsis, ob
Computer Sprachen werden übersetzen
können. Bei Google klappt es schon recht
gut, weil die entsprechende Software kon-
tinuierlich durch Feedback von mensch-
lichen Nutzern optimiert wird. Der
Computer „Deep Blue“ von IBM schlug
Schachweltmeister Kasparov. 2010 wurde
das erste selbstständig fahrende Auto auf
den Straßen gesehen – eine für unmög-
lich gehaltene Ingenieursleistung – ganz
abgesehen von Geschirrspülern, die sich
selbst ausräumen und Staubsaugern, die
Stufen hinauffahren. „Wir kommen ein-
fach nicht darum herum, anzuerkennen,
dass sich die Rechenleistung der Com-
puter alle zwei Jahre verdoppelt“, macht
Pratt klar. „Wir sind durch die Evolution
einfach nicht darauf vorbereitet, diese
Geschwindigkeit zu begreifen und unter-
schätzen permanent die Möglichkeiten
von Maschinen.“
Noch ist eine Arbeitswelt ohne Menschen
kaum vorstellbar. Doch manche Arbeit-
nehmer werden schon bald durch Robo-
ter ersetzt. Eine Studie der Universität
Oxford zählt Bankangestellte zu dieser
Gruppe. Computer können kreditwür-
dige Kunden zuverlässiger identifizieren
und über die Kreditvergabe entscheiden.
Rezeptionisten in Hotels sind auch bald
überflüssig. Den Zimmerschlüssel aus-
händigen können Roboter locker. An-
waltsgehilfen arbeiten sich durch Berge
von Dokumenten, um einen Prozess
vorzubereiten. Computerprogramme
erledigen diese Jobs immer besser. Die
Lesearbeit wird automatisiert. Auch die
Verkäufer im Einzelhandel sollten sich
keine Illusionen machen, denn in Japan
verkaufen Roboter bereits erklärungsbe-
dürftige Haushaltsgeräte.
In Israel gibt es Richter, die darüber ent-
scheiden, ob Gefängnisstrafen in eine
Bewährungsstrafe umgewandelt werden.
Die Arbeit einer großen Zahl von Richtern
wurde über einen längeren Zeitraum be-
obachtet. Die Rate der Bewilligung sank
in den zwei Stunden vor dem Mittages-
sen langsam ab, bis fast auf Null direkt
vor der erwarteten Mittagspause. Direkt
nach dem Mittagessen wurden bis zu 65
Prozent der Anträge bewilligt. Die Rate
ging dann wieder zurück. Die Zahl der
Jahre, die man als Häftling hinter Gittern
verbringt, wird signifikant dadurch beein-
flusst, ob der eigene Bewährungsantrag
auf dem Stapel liegt, der erst nach dem
Mittagessen drankommt. Es gilt unter
Wissenschaftlern als so gut wie sicher,
dass Computeranalysen Bewährungs-
anträge effektiver beurteilen, als dies
menschliche Richter vermögen.
Es liegt nahe, dass junge Menschen ab so-
fort fragen, welche Tätigkeit ein Compu-
ter wohl niemals wird erledigen können,
um aus der Antwort ein zukunftssicheres
Berufsziel abzuleiten. Da aber offensicht-
04.
Ich fühle mich wohl, wenn
ich
öffentlich
über mich und
meine Erfahrungen reden soll.
05.
Ich habe keine Probleme, mich
zehn Minuten lang mit einem
Fremden
zu unterhalten.
06.
Ich helfe
Kollegen mit meinem
Wissen, auch wenn sie in
anderen Abteilungen arbeiten.
Bei der Lufthansa erzählen sich die An-
gestellten angeblich folgenden Witz: Im
Cockpit der Zukunft sitzt ein Computer,
ein Pilot und ein Affe. Was macht der
Computer? Er startet, fliegt und landet.
Was macht der Affe? Er haut dem Piloten
auf die Finger, sobald er eingreifen will.
Bislang konnte ein Autopilot „nur“ Dinge
wie den Kurs halten, rauf und runter
fliegen sowie nach rechts oder links ab-
drehen. Sobald es komplizierter wurde,
musste der Mensch eingreifen. Doch bald
wird der Autopilot ein Flugzeug in allen
Extremsituationen so gut lenken können
wie ein Pilot.
Der technologische Fortschritt in Form
von schlauen Computern wird sich nicht
nur auf die Fliegerei auswirken. „Schon
bald sind für fast alle Bereiche des Ar-
beitslebens Roboter besser geeignet als
der Mensch“, sagt Gill A. Pratt, der Leiter
des amerikanischen Militärforschungs-
zentrums „Darpa“ (hier entstand das
Internet). Er veröffentlichte dazu einen
ausführlichen Artikel mit dem Titel „Is
a Cambrian Explosion coming for Robo-
tics?“ im „Journal of Economic Perspec-
tives“ (Jahrgang 29/3, Seite 51-60). Vor
einer halben Milliarde Jahre im sogenann-
ten Kambrium stieg die Zahl der Tierarten
plötzlich sprunghaft an. Forscher spre-
chen von der sogenannten „Cambrian
Explosion“. Damals seien neue Merkmale
von Lebewesen vier- bis fünfmal rascher
entstanden als die Millionen Jahre zuvor.
„Die Entwicklung der Roboter gleicht
derzeit auch einer Explosion“, wundert
sich Pratt. Sie geht deutlich schneller von-
statten als alle Experten kürzlich noch
dachten. Das liege an einigen unerwar-
teten Innovationen, die Computerchips
sehr viel schneller gemacht hätten und an
Verbesserungen bei der Elektromechanik
R
Foto: Michelly Rall / Getty Images
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