Der Verwalter-Brief 7-8/2019 - page 5

zogen wird, sind regional unterschiedlich sog. Wohnraumzweckent-
fremdungsverbote erlassen worden, welche die Kurzfristvermietung
von Wohnraum unter einen Erlaubnisvorbehalt stellen. Die unerlaubte
Kurzzeitvermietung kann dabei behördlicherseits durch die Verhängung
von Ordnungsmitteln (z.B. Ordnungsgeld, Nutzungsuntersagung) unter-
bunden werden. Ein wohnungseigentumsrechtlicher Nutzungsunterlas-
sungsanspruch kann hieraus aber nicht abgeleitet werden, da es dem
Zweckentfremdungsverbot am notwendigen Charakter einer drittschüt-
zenden Norm fehlt (LG München I, Urteil v. 8.2.2017, 1 S 5582/16).
In diesem Fall kann nur die zuständige Ordnungsbehörde eingeschaltet
und um entsprechendes Vorgehen ersucht werden.
3. Unterbindung der Kurzzeitvermietung durch Beschluss
Fraglich ist, ob den Wohnungseigentümern die Kompetenz zukommt,
durch Beschluss über die Einführung einer Begrenzung oder eines Ver-
bots der Kurzzeitvermietung der Wohnungen zu entscheiden.
a) Untersagung der Kurzzeitvermietung durch
Einzelfallbeschluss
Ein auf die Begrenzung oder Untersagung der Kurzzeitvermietung des Woh-
nungseigentums im konkreten Einzelfall (d.h. gegen einzelne Eigentümer)
gerichteter Beschluss ist nichtig, da mit Blick auf das sog. Belastungsverbot
keine Beschlusskompetenz zur Schaffung originärer Anspruchsgrundlagen
gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern, weder als Leistungs- noch
als Unterlassungspflichten, besteht (BGH, Urteil v. 18.6.2010, V ZR 193/09;
LG München I, Urteil v. 8.2.2016, 1 S 21019/14).
b) Untersagung der Kurzzeitvermietung durch generellen
Beschluss
Ebenso mangels Beschlusskompetenz nichtig ist auch ein auf die Be-
grenzung oder Untersagung der Kurzzeitvermietung des Wohnungsei-
gentums gerichteter genereller (d.h. sich gegen sämtliche Eigentümer
richtender) Beschluss, da mittels der allgemeinen Untersagung der
Nutzung von Wohnungen durch Überlassung an wechselnde Personen
für bestimmte kürzere Zeiträume nicht nur der Umfang der zulässigen
Nutzung im Sinne einer bloßen Gebrauchsregelung i.S.d. § 15 Abs. 2
WEG eingeschränkt, sondern darüber hinaus eine grundsätzlich zulässi-
ge Nutzungsart generell verboten wird (BGH, Urteil v. 15.1.2010, V ZR
72/09; LG Berlin, Beschluss v. 25.6.2013, 85 S 143/12 WEG).
c) Untersagung der Kurzzeitvermietung unter Ausnutzung einer
Öffnungsklausel
Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 12.4.2019, V ZR
112/18) soll es jedoch zulässig sein, in Ausübung einer vereinbarten
allgemeinen Öffnungsklausel eine Reglementierung oder Untersagung
der Kurzzeitvermietung von Wohnungseigentum wirksam zu beschlie-
ßen, da die Vermietbarkeit des Wohnungseigentums als solche nicht
zum Kernbereich des Wohnungseigentums zählt.
Indes ist zu beachten, dass mit Blick auf das sog. Mehrbelastungsverbot
(BGH, Urteil v. 10.10.2014, V ZR 315/13) die Vermietbarkeit des Woh-
nungseigentums im Rahmen der vereinbarten Nutzungszweckbestim-
mung zu den „mehrheitsfesten“ Rechten des Wohnungseigentümers
zählt, die ohne die Zustimmung jedes nachteilig betroffenen Sonderei-
gentümers nicht geändert oder eingeschränkt werden dürfen.
Ein unter Beachtung der durch die Öffnungsklausel vereinbarten quali-
fizierten Mehrheit gefasster Beschluss über die Regelung der Kurzfrist-
vermietung ist demnach schwebend unwirksam, sofern nicht sämtliche
hierdurch nachteilig betroffenen Eigentümer zustimmen (BGH, Urteil v.
12.4.2019, V ZR 112/18). Im Ergebnis führt dies dazu, dass sich eine
Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss „kurzzeitvermie-
tungsfest“ machen kann, sofern sämtliche Eigentümer in der betreffen-
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den Versammlung anwesend oder vertreten sind und sämtliche Eigen-
tümer dem Beschluss zustimmen. In der Praxis wird dies nur gelingen,
sofern sämtliche Eigentümer mitwirken und eine Kurzfristvermietung
weder stattfindet oder beabsichtigt ist.
d) Beschluss über eine sog. Umzugskostenpauschale
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Wohnungsei-
gentümer gem. § 21 Abs. 7 WEG befugt sind, bei mehrfachen Nutzerwech-
seln für die gesteigerte Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums
am Treppenhaus durch Mehrheitsbeschluss eine sog. Umzugskostenpau-
schale zu erheben (BGH, Urteil v. 1.10.2010, V ZR 220/09). Dabei darf
die Erhebung dieser Pauschale sich allerdings nicht ausschließlich auf
Einheiten mit häufigem Nutzerwechsel beschränken und einen ange-
messenen Betrag (max. 50,00 EUR) keinesfalls übersteigen. Die prakti-
sche Handhabung stellt den Verwalter indes vor kaum lösbare Aufgaben,
so dass hier vertretener Auffassung nach davon abzusehen ist.
4. Fazit
Mangels ausdrücklicher Vereinbarung eines Verbots der Kurzzeitver-
mietung sind die Aussichten der übrigen Wohnungseigentümer, diese
Nutzungsform zu unterbinden, gering. So bleibt, falls eine allgemeine
Öffnungsklausel besteht, regel-
mäßig nur die (theoretische)
Möglichkeit, durch allstimmi-
gen Beschluss die Liegenschaft
prophylaktisch „kurzfristver-
mietungsfest“ zu machen. Ob
dies in der Praxis auch gelingt,
dürfte fraglich sein.
Rüdiger Fritsch
berät und
vertritt als
Fachanwalt
für Miet- und
Wohnungsei-
gentumsrecht
Unternehmen
der Wohnungswirtschaft. Er ist
Buchautor, veröffentlicht in Fach-
zeitschriften und ist für namhafte
Tagungsveranstalter bundesweit
als Referent tätig. Als beratendes
Mitglied unterstützt er den Bun-
desfachverband der Immobilien-
verwalter (BVI).
DER AUTOR
Beispiel einer Beschlussformulierung unter Ausnutzung einer
Öffnungsklausel:
Die Eigentümerversammlung beschließt, dass sämtlichen Woh-
nungseigentümern ab dem ... die entgeltliche Nutzungsüberlassung
ihrer Wohnungseigentumseinheiten an Dritte (ausgenommen Ehe-
gatten, Verwandte gerader Linie, Haushaltsangehörige und Pfle-
gekräfte) für einen kürzeren Zeitraum als … Wochen untersagt ist.
Die Eigentümerversammlung beschließt vorsorglich für den Fall der
Zuwiderhandlung bereits jetzt, die den einzelnen Wohnungseigen-
tümern individuell zustehenden Ansprüche gem. § 1004 BGB i.V.m.
§ 15 Abs. 3 WEG, gerichtet auf Unterlassung der o.g. Kurzzeitver-
mietung, zur Ausübung an die Wohnungseigentümergemeinschaft
(rechtsfähiger Verband) zu ziehen. Die Verwaltung wird ermächtigt,
namens und in Vollmacht sowie auf Kosten der Wohnungseigen-
tümergemeinschaft die Rechtsanwaltskanzlei … in … mit der au-
ßergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der o.g. Ansprüche
zu beauftragen. Zunächst ist der betreffende Wohnungseigentümer
unter Fristsetzung zur Unterlassung aufzufordern; im Falle fruchtlo-
sen Fristablaufs ist Klage zu erheben.
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