Der Verwalter-Brief 7-8/2019 - page 2

Bei Verwalterwahl ist über alle
Kandidaten abzustimmen
Stehen bei der Wahl des WEG-Verwalters mehrere Bewerber zur Aus-
wahl, muss über jeden Kandidaten abgestimmt werden. Insbesondere
darf die Verwalterwahl nicht schon dann beendet und ein Gewinner
der Abstimmung verkündet werden, sobald ein Kandidat eine relative
Mehrheit der Stimmen auf sich vereint hat. Vielmehr ist die Abstim-
mung über jeden einzelnen Bewerber nur ein Teilakt eines als eine
Einheit zu betrachtenden Verfahrens. In der Regel kann erst nach allen
Wahlgängen festgestellt werden, ob ein und welcher Bewerber die er-
forderliche Mehrheit erhalten hat.
Ausnahme: Der Abstimmungsmodus sieht vor, dass jeder Wohnungs-
eigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben kann und ein Bewerber hat
bereits die absolute Mehrheit erreicht, so dass kein anderer Bewerber
mehr die Abstimmung für sich entscheiden kann. Dann kann der Ver-
sammlungsleiter von einer Fortsetzung der Abstimmung absehen.
In der Entscheidung stellt der BGH zudem klar, dass die Festlegung des
Abstimmungsmodus dem Versammlungsleiter obliegt, sofern der Mo-
dus nicht durch die Gemeinschaftsordnung oder einen Geschäftsord-
nungsbeschluss geregelt wird. So kommt in Betracht, dass jeder Eigen-
tümer bei einer nacheinander erfolgenden Abstimmung über mehrere
Bewerber nur eine Ja-Stimme vergeben kann, denkbar ist aber auch,
dass jeder Eigentümer von seinem Stimmrecht in jedem Wahlgang
unabhängig von seinem vorangegangenen Stimmverhalten Gebrauch
machen kann. (BGH, Urteil v. 18.1.2019, V ZR 324/17)
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Weiterführende Informationen:
Bestellung des Verwalters
636329
Wer Gemeinschaftseigentum selbst
saniert hat, bekommt kein Geld zurück
Die Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums
ist grundsätzlich Sache aller Wohnungseigentümer und nicht einzelner
Mitglieder der WEG. Einzelne Wohnungseigentümer, die Gemeinschafts-
eigentum in der irrigen Annahme saniert haben, hierzu verpflichtet zu
sein, haben auch keinen Anspruch auf Kostenersatz, weder unter dem
Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag noch aus Bereiche-
rungsrecht. Das hat der BGH klargestellt.
Im entschiedenen Fall hatten zahlreiche Wohnungseigentümer die Holz-
fenster in ihren Wohnungen jeweils auf eigene Kosten gegen moderne
Kunststofffenster getauscht, alle in der Annahme, nach der Teilungser-
klärung hierzu verpflichtet zu sein. Erst später stellte sich heraus, dass
die Eigentümer die Teilungserklärung jahrelang falsch ausgelegt hatten,
woraufhin ein Eigentümer von der Gemeinschaft Kostenersatz für den
Austausch seiner Fenster verlangte. Der BGH wies das Ansinnen ab und
betonte, dass die Wohnungseigentümer selbst über zwingend gebote-
ne und dringende Sanierungsmaßnahmen einen Beschluss fassen müs-
sen, von Maßnahmen der Notgeschäftsführung abgesehen. Wenn, wie
im entschiedenen Fall, bereits viele Eigentümer in einer Gemeinschaft
auf eigene Rechnung tätig geworden seien, sei es zudem sehr auf-
wändig, alle Erstattungsansprüche zu ermitteln und zu berechnen und
ein als gerecht empfundenes Ergebnis nicht garantiert. (BGH, Urteil v.
14.6.2019, V ZR 254/17)
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Weiterführende Informationen:
Fenstersanierung und Kostenverteilung
1152147
Minderung beeinflusst
Kappungsgrenze nicht
Mieterhöhungen sind zum einen durch die Höhe der ortsüblichen Ver-
gleichsmiete begrenzt, zum anderen durch die Kappungsgrenze, nach
der die Miete innerhalb von 3 Jahren höchstens 20 bzw. 15 Prozent
steigen darf. Dabei wird die Kappungsgrenze auch im Falle einer Miet-
minderung anhand der vereinbarten ungeminderten Miete berechnet.
Eine Mietminderung bleibt für die Berechnung der Kappungsgrenze
selbst dann außer Betracht, wenn sie auf einem unbehebbaren Mangel
wie einer Wohnflächenabweichung beruht, so der BGH in einer aktuel-
len Entscheidung. Die Kappungsgrenze solle den Mieter vor finanzieller
Überforderung schützen. Der Umfang dieses Schutzes bemesse sich an
der Miethöhe, die der Mieter selbst übernommen und für sich als wirt-
schaftlich tragfähig angesehen habe.
In die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete fließt eine Wohnflä-
chenabweichung hingegen ein, wie der BGH bereits im November 2015
entschieden hat. Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete
ist die Größe der Wohnung nach der tatsächlichen und nicht nach der
vertraglich vereinbarten Wohnfläche zu berechnen, so dass den schutz-
würdigen Belangen des Mieters auf diesem Wege Rechnung getragen
wird. (BGH, Urteil v. 17.4.2019, VIII ZR 33/18)
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Weiterführende Informationen:
Mieterhöhung bei Wohnraum
625744
BGH fordert mehr Sorgfalt bei
Härtefallprüfung nach Kündigung
In letzter Zeit sind viele Gerichte großzügig, wenn Mieter nach einer
Kündigung durch den Vermieter einwenden, aufgrund Alters oder Krank-
heit nicht zu einem Umzug imstande zu sein. Das LG Berlin hatte zuletzt
hohes Alter allein als Härtegrund gelten lassen, der eine Fortsetzung
des Mietverhältnisses rechtfertigen soll.
Der BGH hat dem nun eine Absage erteilt und klargestellt, dass die
Gerichte in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen müssen, ob ein Härtefall
vorliegt und die Interessen des Mieters an der Fortsetzung des Mietver-
hältnisses diejenigen des Vermieters an dessen Beendigung überwie-
gen. Allgemeine Fallgruppen, etwa ein bestimmtes Alter des Mieters
oder eine bestimmte Mietdauer, in denen generell die Interessen einer
Partei überwiegen, lassen sich demnach nicht bilden. Vielmehr müssten
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Meldungen
Bei der Berechnung der zulässigen Höhe der Mietkaution ist ein an-
fänglicher unbehebbarer Mangel wie eine Wohnflächenabweichung
anders als bei der Berechnung der Kappungsgrenze beachtlich. Die
Mietkaution darf in diesem Fall höchstens 3 geminderte Monats-
kaltmieten betragen. Bei einer dauerhaften Mietminderung hat der
Vermieter kein weitergehendes Sicherungsinteresse.
PRAXIS-TIPP:
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