Deckert/Elzer kompakt
Die Eigentumswohnung
Entscheidung des Monats:
WEG-Rechtsprechung kompakt
Haftung des Verwalters für die Kosten
des Rechtsstreits
Entscheidung
des Monats
Haftung des Verwalters für die
Kosten des Rechtsstreits
Eine Kostenentscheidung gemäß §
49 Abs. 2 WEG setzt einen gegen den
Verwalter gerichteten materiell-recht-
lichen Schadensersatzanspruch wegen
der (grob verschuldeten) Verletzung
von Pflichten voraus.
Der Verwalter kann sich mit einer
sofortigen Beschwerde gegen eine
Kostenentscheidung im ersten Rechts-
zug wenden, mit der ihm gemäß § 49
Abs. 2 WEG die Kosten des Rechtsstreits
auferlegt werden. Hat das Land- als Be-
rufungsgericht erstmals im Berufungs-
rechtszug eine solche Entscheidung
getroffen, ist dagegen die Rechtsbe-
schwerde statthaft, sofern diese zuge-
lassen worden ist.
BGH, Beschluss v. 7.7.2016, V ZB 15/14
Der Fall:
Nach der Gemeinschaftsordnung richtet sich
das Stimmrecht der Wohnungseigentümer
nach dem Verhältnis der Miteigentums-
anteile (= Wertstimmrecht). Die Gemein-
schaftsordnung sieht ferner in ihrem § 10
vor, dass „die Versammlung“ einem Woh-
nungseigentümer, der mit der Zahlung von
Beiträgen länger als einen Monat in Verzug
ist, das Stimmrecht entziehen kann.
Zu Beginn der Versammlung vom 1.11.2010
liest der Verwalter § 10 der Gemeinschafts-
ordnung vor und weist darauf hin, dass K,
der mehr als die Hälfte der Miteigentumsan-
teile zustehen, mit Hausgeld von insgesamt
6.290 Euro in Rückstand sei. Sodann erklärt
V, entweder K sei nicht stimmberechtigt
oder säumige Wohnungseigentümer könn-
ten von der Abstimmung ausgeschlossen
werden. Anschließend werden verschiedene
Beschlüsse gefasst. K nimmt an der Abstim-
mung jeweils nicht teil und weist dabei auf
ihre „fehlende Stimmberechtigung“ hin.
Mit einer Anfechtungsklage wendet sich K
gegen 4 Beschlüsse. Das Amtsgericht gibt der
Anfechtungsklage statt. Die Prozesskosten
verteilt es unter den Parteien. Im Berufungs-
rechtszug erklären die Wohnungseigentümer
den Rechtsstreit übereinstimmend für erle-
digt. Das Landgericht erlegt die Kosten der 1.
Instanz überwiegend dem Verwalter und im
Übrigen anteilig den Parteien auf. Die Kosten
des Berufungsverfahrens erlegt es dem Ver-
walter zur Hälfte auf. Das Berufungsgericht
geht bei der Kostenentscheidung davon aus,
dass die Anfechtungsklage erfolgreich gewe-
sen wäre. K sei „faktisch“ an der Stimmabga-
be gehindert worden, indem der Verwalter
auf K‘s Zahlungsrückstände hingewiesen und
die auf den Stimmrechtsausschluss bei Zah-
lungsrückständen bezogene Bestimmung der
Gemeinschaftsordnung vorgelesen habe. Im
Übrigen habe der Verwalter geschwiegen,
als K darauf hingewiesen habe, nicht abstim-
men zu dürfen. Mit der vom Landgericht zu-
gelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich
der Verwalter gegen die zu seinem Nachteil
ergangene Kostenentscheidung.
Das Problem:
Zentrales Problem der Entscheidung sind 2
Fragen. Die eine ist, ob und wann sich ein
Verwalter gegen eine Entscheidung wenden
kann, nach der ihm ein Gericht die Kosten
des Rechtsstreits auferlegt. Die andere be-
steht darin, wann der Verwalter die Kosten
des Rechtsstreits zu tragen hat.
Liebe Leserin,
lieber Leser,
seit der WEG-Reform im Jahr 2007 räumt das
Gesetz in § 49 Abs. 2 WEG den Gerichten die
Möglichkeit ein, dem Verwalter die Kosten ei-
nes Rechtsstreits, in dem er selbst keine Partei
ist, aufzuerlegen. Ich hatte gehofft, erwartet
und auch dafür geworben, dass die Gerichte
von dieser Möglichkeit zurückhaltend und nur
mit Augenmaß Gebrauch machen würden.
Diese Hoffnungen und Erwartungen haben
sich aber nicht erfüllt. Landauf, landab werden
Verwaltern – häufig zu Unrecht – die Kosten ei-
nes WEG-Rechtsstreits auferlegt. Umso wichti-
ger ist es, die Tatbestandsvoraussetzungen des
§ 49 Abs. 2 WEG zu schärfen und aufzuzeigen
und zu konturieren, wann und wie sich ein
Verwalter gegen eine Kostenentscheidung zu
seinen Lasten wehren kann. Die BGH-Entschei-
dung, die ich im Folgenden vorstelle, hat dazu
sehr wichtige Pflöcke eingeschlagen. Jeder
Verwalter sollte sie kennen.
Herzlichst
Ihr
Dr. Oliver Elzer