Der Verwalter-Brief 2/2017 - page 3

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Wohnungseigentümer hat keinen
Anspruch auf einen Aufzug
Ein einzelner Wohnungseigentümer darf im Treppenhaus grundsätzlich
nur dann einen Personenaufzug auf eigene Kosten einbauen, wenn alle
übrigen Wohnungseigentümer zustimmen. Dies gilt auch dann, wenn
er gehbehindert und auf den Aufzug angewiesen ist. Der Einbau eines
Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe kann aber zu dulden sein.
Die Mitglieder einer WEG streiten über den Einbau eines Aufzugs. Die
Wohnanlage besteht aus zwei Wohnblöcken mit jeweils vier Hausein-
gängen. Der 80-jährige Eigentümer einer Wohnung im fünften Stock
möchte auf eigene Kosten einen Personenaufzug in den von ihm be-
wohnten Hausteil einbauen dürfen. Er sei altersbedingt eingeschränkt.
Zudem betreue er gemeinsam mit seiner Ehefrau zeitweise seine zu
100 Prozent behinderte Enkeltochter.
Einen Antrag in einer Eigentümerversammlung, ihm den Einbau eines
geräuscharmen und energieeffizienten Personenaufzugs in dem of-
fenen Schacht in der Mitte des Treppenhauses auf eigene Kosten zu
gestatten, lehnten die Wohnungseigentümer mehrheitlich ab. Der Ei-
gentümer klagt darauf, dass die übrigen Eigentümer den Einbau eines
Personenaufzugs auf seine Kosten dulden müssen.
Der BGH weist die Klage ab. Der klagende Eigentümer darf den Aufzug
nur bauen, wenn alle anderen Wohnungseigentümer zustimmen. An
dieser Zustimmung fehlt es.
Für die Frage, ob die Zustimmung erforderlich ist, kommt es darauf an,
ob den übrigen Wohnungseigentümern ein Nachteil im Sinne von § 22
Abs. 1 WEG in Verbindung mit § 14 Nr. 1 WEG erwächst, der über das bei
einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.
Einen solchen Nachteil würde der Einbau des Aufzugs begründen.
Dies ergibt sich aus der Abwägung der beiderseits grundrechtlich ge-
schützten Interessen. Neben dem Grundrecht auf Eigentum, auf das
sich beide Parteien berufen können, ist auf Seiten des klagenden Eigen-
tümers Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu beachten, wonach niemand wegen
seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Denn der Eigentümer
betreut seine schwerbehinderte Enkelin regelmäßig in der Wohnung.
Die Interessenabwägung wird in der Regel ergeben, dass die übrigen
Wohnungseigentümer den Einbau eines Treppenlifts oder einer Roll-
stuhlrampe durch einen Wohnungseigentümer dulden müssen, wenn
dieser oder ein Angehöriger unter einer erheblichen Gehbehinderung
leidet. Anders ist es aber beim Einbau eines Aufzugs. Er ist nur mit
erheblichen Eingriffen in die Substanz des Gemeinschaftseigentums
machbar.
Zudem kann die Verkehrssicherungspflicht im Außenverhältnis zu Drit-
ten Haftungsrisiken auch für die übrigen Wohnungseigentümer mit sich
bringen. Ein Rückbau setzt erneut erhebliche Eingriffe in den Baukörper
voraus, die nur mit großem baulichem Aufwand erfolgen können und
ihrerseits neue Risiken bergen. Zudem dürfte ein Rückbau tatsächlich
unrealistisch sein.
Der Eigentümer kann auch aus einem weiteren Grund nicht ohne Zu-
stimmung aller Eigentümer einen Aufzug einbauen. Soll nämlich der
Aufzug wie hier nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungsei-
gentümern zur Verfügung stehen, wird diesen ein Sondernutzungsrecht
an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil eingeräumt. Die
übrigen Wohnungseigentümer würden von dem Gebrauch eines Teils
des gemeinschaftlichen Treppenhauses ausgeschlossen. Die Einräu-
mung eines Sondernutzungsrechts setzt aber eine Vereinbarung aller
Wohnungseigentümer voraus.
Mit dem Grundgesetz ist dieses Ergebnis vereinbar. Zwar ist die Woh-
nung des klagenden Eigentümers schwer veräußerlich und für eine
gehbehinderte Person nur mit einem Personenaufzug gut zu erreichen.
Es hat sich aber ein Risiko verwirklicht, das der Eigentümer bewusst ein-
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gegangen ist. Aus dem Grundgesetz lässt sich nicht ableiten, dass die
Erschwernisse zulasten der übrigen Wohnungseigentümer abzuwenden
sind. Deren Wohnungseigentum ist nämlich gegebenenfalls ebenfalls
schwer veräußerlich und würde mit zusätzlichen Nachteilen und Haf-
tungsrisiken belastet. (BGH, Urteil v. 13.1.2017, V ZR 96/16)
1,2 4,5,6,7,8,9,10,11,12
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