Gefahr des Scheiterns
In der Fachliteratur ist zu lesen, dass zwei Drittel aller Firmenübernah-
men scheitern bzw. das erwünschte Ziel nicht erreicht wird. Dafür ist in
hohem Maß die Vernachlässigung der Befindlichkeiten der Mitarbeiter
und der Kunden verantwortlich. Jede Veränderung der gewohnten Ar-
beitssituation verursacht Unsicherheit und Ängste. Die Mitarbeiter fragen
sich natürlich, wie sich der Verkauf der Firma auf sie und ihre Arbeitssi-
tuation auswirken wird. Sie gehen zumeist von negativen Auswirkungen
aus und sorgen sich, ob sie ihren Arbeitsplatz überhaupt behalten.
Information der Mitarbeiter
Deshalb sollte den Mitarbeitern mit einer offenen und ehrlichen Kom-
munikation diese Ängste genommen, zumindest aber auf ein Minimum
reduziert werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass der verkaufende
Unternehmer seine Mitarbeiter erst dann informieren kann, wenn der
Verkauf der Firma rechtssicher ist. Es wäre ein Desaster, einen Ver-
kauf anzukündigen, der dann nicht zum Tragen käme. Dass sie nicht
im Vorfeld einbezogen wurden, werten die Mitarbeiter jedoch als Ver-
trauensbruch. Daher muss der verkaufende Unternehmer verständlich
machen und um Verständnis bitten, dass er nur so handeln konnte.
Wie die Mitarbeiter informiert werden, sollten der verkaufende und der
übernehmende Unternehmer genau absprechen. Es empfiehlt sich, den
Mitarbeitern nach ihrer Information 2 bis 3 Tage Zeit zu geben, in denen
sie die Neuigkeit verarbeiten können und in denen ihnen Gelegenheit
zu persönlichen Gesprächen mit dem verkaufenden Unternehmer ge-
geben wird. Erst danach sollte den Mitarbeitern der Käufer, seine Firma
und gegebenenfalls seine Mitarbeiter vorgestellt werden. Dabei sollte
den Mitarbeitern vermittelt werden, dass sie nicht „verkauft“ wurden,
sondern dass sich der Käufer und die Mitarbeiter der übernehmenden
Firma freuen, kompetente Kollegen zu gewinnen. An den folgenden
Tagen sollte jeder Mitarbeiter in einem persönlichen Interview die Ge-
legenheit erhalten, seine Bedenken, seine Erwartungen und seine Wün-
sche zu artikulieren.
Der gesamte Integrationsprozess sollte Chefsache sein. In regelmäßigen
Sitzungen mit allen an der Integration beteiligten Mitarbeitern sollte der
Prozess reflektiert werden. Es sollte auch festgehalten werden, was gut
und was schlecht läuft und entsprechende Korrekturen sollten unver-
züglich vorgenommen werden.
Kunden und Beiräte
Auch die Kunden, zumindest die Beiräte, können sich hintergangen
fühlen, weil sie vor dem Verkauf nicht informiert wurden. Auch ihnen
müssen die Zwänge in einem Schreiben und teilweise in persönlichen
Gesprächen einfühlsam vermittelt werden.
Die richtige Vorgehensweise erfordert Methodenkompetenzen, die nur
qualifizierte Berater vorweisen können. Deshalb empfiehlt es sich, den
Prozess einer Firmenübernahme von einer Unternehmensberatung
für Change Management begleiten zu lassen. Das Beratungsspektrum
reicht von einigen Beratungs-
stunden für wenige 100 Euro
bis zur kompletten Begleitung
des Prozesses zu Tagessätzen
zwischen 1.000 und 1.800
Euro. Angesichts der Gesam-
tinvestition in einen Firmen-
kauf ist das Geld aber in der
Regel bestens angelegt.
organisiert sein und somit auch völlig unterschiedliche Gewinne
aufweisen. Noch vor 10 Jahren wurde marktüblich ein Amortisations-
zeitraum von ca. 8 Jahren zugrunde gelegt. Heute hat sich ein Amor-
tisationszeitraum von ca. 6 Jahren herausgebildet. Zur Zeit liegen die
Kaufpreise beim fünf- bis sechsfachen EBT (Gewinn vor Steuern).
Bei einem rentablen Verwaltungsunternehmen kann das zufällig ein Jah-
resumsatz sein. Er kann aber auch weit darunter oder darüber liegen.
6. Vertragsgestaltung
Wenn sich Verkäufer und Käufer über Kaufpreis und Zahlungsmodus
einig sind, geht es um die Ausformulierung des Kaufvertrags. Übli-
cherweise werden Kaufverträge von Notaren entworfen. Es ist jedoch
von Vorteil, einen Rechtsanwalt zurate zu ziehen, der die Garantien
formuliert, die der Käufer von seinem Verkäufer erwarten sollte. Es gilt
sicherzustellen, dass das Kaufobjekt auch so beim Erwerber ankommt,
wie es ihm angeboten wurde. Beispielsweise sollte dem Vertrag eine
Objektbestandsliste zugrunde gelegt werden, die Angaben zu den Ob-
jektgrößen, Verwaltergebühren und Vertragslaufzeiten enthält. Stellt
sich nach Übernahme der Firma heraus, dass Abweichungen zum zuge-
sagten Bestand bestehen, ist festzulegen, welche Kaufpreiskorrekturen
diese Abweichungen auslösen sollen.
Weitere Garantiethemen können beispielsweise sein:
Personaldaten, Mietverträge, Leasingverträge, Rechtsstreite, Mandats-
verluste durch Verwalterfehler aus der Zeit vor dem Übergabezeitpunkt.
7. Integrationskonzept
Schon vor einer Vertragsunterzeichnung, spätestens jedoch mit ihr, soll-
te ein Übernahmekonzept erarbeitet sein und schriftlich vorliegen. Das
Übernahmekonzept – am besten in Form einer Checkliste – sollte fol-
gende Arbeitsaufgaben regeln:
Allgemeine Verwaltung
Gewerbeanmeldung aktualisieren, Firmenversicherungen anpassen,
Briefbögen aktualisieren, neue Stempel anschaffen, Bankvollmach-
ten ändern usw.
Rahmenverträge Gas, Strom, Objektversicherungen aktualisieren
Mietverträge, Leasingverträge, Dienstleistungsverträge überprüfen,
aktualisieren
Hausverwaltungsprogramm einrichten
Klären, ob ein Migrationsprogramm geschrieben werden kann, mit
dem die wesentlichen Stammdaten aus dem Verwaltungsprogramm
der erworbenen Firma in das Verwaltungsprogramm der bestehenden
Firma übertragen werden kann. Festlegen, in welchem Programm die
Hausgeldabrechnungen der Vorperiode erstellt werden.
8. Change Management
Die vorgenannten Kriterien sind mit Sorgfalt, gesundem Menschenver-
stand und fachkundiger Beratung erfolgreich zu bewerkstelligen. Sie
sind notwendige, jedoch nicht hinreichende Voraussetzungen. Erfah-
rungsgemäß enden hier in den allermeisten Fällen die Überlegungen
und Vorbereitungen und ein wesentlicher Teil, vielleicht der wesent-
lichste, wird in einem Übernahmeszenario vergessen. Der Mensch, in
erster Linie die Mitarbeiter, aber auch die Kunden.
Immobilienverwaltungsunternehmen sind idealtypische Dienstleister.
Ihr Produktionsfaktor sind die Mitarbeiter. In einem Produktionsbetrieb
ist es selbstverständlich, dass die Produktionsmittel, die Maschinen,
regelmäßig gewartet und gepflegt werden. Leider erfahren die Mitar-
beiter in Klein- und Mittelbetrieben häufig nicht die gebührende Auf-
merksamkeit. Das mag unter anderem daran liegen, dass Unternehmer
und leitende Mitarbeiter der Meinung sind, Führungskompetenz qua
Position zu besitzen. In der Realität zeigt sich jedoch das Gegenteil.
■
■
■
■
5
Dipl.-Kfm.
Richard Kunze
ist Immobilien-
verwalter.
Er leitet die
KUNZE-Grup-
pe mit über
20.000 verwalteten Einheiten und
ist Herausgeber von „Der Verwal-
ter-Brief“.
DER AUTOR