Der Verwalter-Brief 3/2017 - page 6

Ein kritischer Blick auf die Ursachen
von Schimmel
Swen Mahlberg, Krefeld
Schimmel ist unansehnlich und gesundheitsschädlich. Mieter for-
dern deshalb die Beseitigung meist schnell ein. Falsches Lüften,
falsches Heizen: Mit diesem Einwand wehren das viele Vermieter
aber ab. Die Verwalter sind hier in einer ungünstigen Zwischen-
position. Allerdings können sie mit etwas „Spezial“-Wissen sehr
gut eine Vermittlerrolle übernehmen.
Die Zahlen schwanken: 14 % der Bevölkerung leben mit Feuchtigkeits-
schäden in der Wohnung, ermittelte das Statistische Bundesamt. Eine
Umfrage des Portals Immowelt.de erfragte, dass in 17 % aller Woh-
nungen mindestens ein Raum mit Schimmel befallen ist. Und in einer
Erhebung auf der Website test.de sollen von über 4.000 Teilnehmern
sogar 60 % bestätigt haben, dass sie Schimmelbefall in der Wohnung
haben. Bei 53 % war hier das Badezimmer betroffen.
Unabhängig von den Zahlen: Jeder einzelne Schimmelbefall birgt ein
gesundheitliches Risiko. Das Umweltbundesamt macht ein erhöhtes
Vorkommen von Schimmelsporen in der Raumluft zum Beispiel für al-
lergische Reaktionen, Atemwegserkrankungen und -infektionen sowie
für eine Verstärkung von Asthmaerkrankungen verantwortlich. Eine
Dauerbelastung könnte zudem Ursache für neurologische Belastungen
sein, wie etwa Seh-, Schlaf- und Konzentrationsstörungen.
Unterschiedliche Positionen von Eigentümer und Mieter
Gerne werden allerdings pauschale „Argumente“ ausgetauscht, wenn
es um das sensible Thema Schimmel in der Wohnung geht. Der Eigen-
tümer bügelt den unschönen und gesundheitsschädigenden Schimmel
mit dem Hinweis ab, dass der Mieter bitte besser lüften und heizen
solle. Und welcher Mieter macht das schon? Und vor allem: Was ist
überhaupt richtiges Lüften und Heizen? Der Mieter hingegen vermutet
umgehend einen Substanzschaden als Ursache, denn er würde natürlich
gut heizen und lüften.
Für den Verwalter ist das eine unglückliche Position: Der Eigentümer
möchte nur ungern für womöglich sehr teure Sanierungskosten an
seinem Objekt aufkommen. Der Mieter hingegen fühlt sich durch den
Schimmel zu Recht in seiner Wohnqualität beeinträchtigt, mindert wo-
möglich die Miete oder zieht ganz aus der Wohnung aus.
Verschiedene Gerichtsurteile zum Thema
Verschiedene Gerichte beschäftigen sich schon lange mit dieser Frage,
eine kleine Auswahl:
Gefahrkreis-Theorie:
So urteilte der Bundesgerichtshof (BGH, WuM
2005 S. 54), dass im Rahmen der Gefahrkreis-Theorie der Vermieter
den Beweis antreten muss, dass der Schimmel nicht auf bauseitige
Ursachen zurückzuführen ist.
Kostenübernahme:
Das LG Konstanz (Urteil vom 20.1.2012, 61 S
217/12) verneinte die teilweise Kostenübernahme für ein Sachver-
ständigengutachten durch den Mieter, obwohl der Gutachter feststel-
len konnte, dass keine Substanzschäden für den Schimmel verant-
wortlich seien. Vielmehr sei entscheidend, ob die Wohnung überhaupt
im Rahmen des normalen Nutzungsverhaltens ausreichend gelüftet
werden könne, dem Mieter „im Rahmen des vertragsgemäßen Ge-
brauchs ein derartiges Wohnverhalten überhaupt zumutbar“ sei. Und
das sei aufgrund genereller Mängel nicht möglich, so die Richter.
Mietminderung:
Das AG Osnabrück (Urteil vom 10.10.2013, 48 C
31/12) hielt eine Mietminderung von 20 % aufgrund von Schimmel
in der Wohnung für angemessen.
Wie ein Amtsgericht im Einzelfall urteilt, ist insgesamt schwer vorherzu-
sagen. Deshalb macht es Sinn, dass ein Verwalter versucht, im Vorfeld
zu vermitteln. Voraussetzung ist natürlich, dass er sich in der Materie
auskennt. Damit lassen sich u. U. langwierige Rechtsstreite vermeiden.
Damit ist allen gedient, und der Verwalter hat zusätzlich seine Fach-
kompetenz unter Beweis gestellt.
Beratungsansatz für den Verwalter
Wichtig dabei ist: Es geht nicht darum, ein gerichtsfestes Gutachten
mit Klärung einer möglichen Schuldfrage zu erstellen. Sondern es geht
schlicht darum, die Schadensursache herauszufinden und sie dann
beheben zu lassen. Verschiedene Seminare – etwa die Weiterbildung
zum Feuchte- und Schimmel-Experten an der Sprengnetter Akademie
– machen fit für die Materie. Der Verwalter analysiert und wertet die
gewonnenen Daten aus. Dabei spielen bei der Schimmelbildung 3 Fra-
gestellungen eine zentrale Rolle:
Wärmeschutz:
Ist der vorhandene Wärmeschutz ausreichend, um
einen Schimmelschaden gar nicht erst entstehen zu lassen bzw. ab
welcher Wandoberflächentemperatur befindet sich die oberflächen-
nahe Luftfeuchtigkeit in einem kritischen Bereich und es besteht da-
durch Schimmelgefahr?
Bauschäden:
Schäden an der Bausubstanz können zum Beispiel das
Eindringen von Wasser in den Wohnraum begünstigen.
Heiz- und Lüftungsverhalten:
Inwiefern trägt ein falsches Heiz-
und Lüftungsverhalten zur Schimmelbildung bei?
Weitere Beispiele für Ursachen von Schimmel:
Neubau:
Sehr häufig kommt es vor, dass der Bau insgesamt nicht
genügend getrocknet wurde, bevor die Eigentümer und Mieter ein-
ziehen. Sichtbares Zeichen dafür ist nicht nur Schimmel, sondern zum
Beispiel auch Tapeten, die sich wieder von der Wand lösen oder eine
permanent hohe Luftfeuchtigkeit in der Wohnung.
Schäden an der Substanz:
Defekte Dachpfannen, Risse in der Fas-
sade, aufsteigende Feuchte in den Wänden, etwa aus dem Keller,
können ebenfalls Ursache für Schimmel sein.
Kellerverkleidung:
Auch der schön ausgebaute Hobbykeller ist ein
häufiger Schimmelherd. Das hängt oft damit zusammen, dass der
Keller ursprünglich einem anderen Zweck diente. Bei einem Kohle-
oder Kartoffelkeller war etwas Feuchtigkeit kein Fehler, sondern so-
gar erwünscht. Wer hier nun einfach eine Holzvertäfelung anbringt,
bemerkt einen Schimmelbefall erst sehr spät. Eine Kellersanierung
und -umnutzung ist dabei eine Aufgabe für den Fachmann.
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Technik
Beispiel: Defekter Dachanschluss
An einer Innenwand, die direkt an ein anderes Haus grenzt, tritt
Schimmel auf. Kondensat als Ursache für den Schimmel scheidet
hier aus, denn diese Wand ist keine Außenwand. Die Ursache war
in diesem Fall ein defekter Dachanschluss, sodass in den Hohlraum
zwischen den beiden Häusern Wasser eindringen konnte, welches
an der Wand entlangfloss. Das eindringende Wasser hat den Schim-
mel verursacht.
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