Der Verwalter-Brief 3/2016 - page 9

Deckert kompakt
Die Eigentumswohnung
Liebe Leserin, lieber Leser,
sicherlich jeder Verwalter war schon mit der
Frage konfrontiert: Biete ich besser eine kalku-
latorisch hohe Vergütungspauschale mit wenig
Sondervergütungswünschen an oder ist es
geschickter, eine niedrige Pauschale anzuset-
zen, dafür aber kombiniert mit zahlreichen
Sondervergütungsregelungen? Zweiteres sieht
natürlich für die Eigentümergemeinschaften
auf den ersten Blick erst einmal „freundlicher“
aus und erhöht womöglich die Aussicht darauf,
den Zuschlag für diese Verwaltung zu erhalten.
Welche Tücken allerdings Sondervergütungs-
vereinbarungen bergen, zeigt eindrücklich die
lehrreiche Entscheidung des AG Frankfurt a. M.
Das Sonderhonorar für außerordentliche Eigen-
tümerversammlungen z. B. wurde dort dem
Verwalter nicht zugestanden, weil die entspre-
chende Klausel im Verwaltervertrag keinerlei
Einschränkung für den Fall enthielt, dass eine
weitere Versammlung auch aufgrund seines
Verschuldens notwendig sein könnte.
Herzlichst
Ihr
Dr. Wolf-Dietrich Deckert
Entscheidung des Monats:
WEG-Rechtsprechung kompakt
Sondervergütung für Verwalter
Deckert erklärt
Sondervergütung für Verwalter
Eine Sondervergütung für bestimmte
Leistungen steht dem Verwalter nur zu,
soweit dies im Verwaltervertrag rechts-
gültig vereinbart ist.
(AG Frankfurt/Main, Urteil v. 10.12.2015,
33 C 457/15)
Der Fall:
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ver-
langt vom ehemaligen Verwalter Schadens-
ersatz wegen unberechtigt vereinnahmter
Sondervergütung.
Der Verwaltervertrag sah vor, dass für die
Einberufung außerordentlicher Eigentümer-
versammlungen als besondere Verwalter-
leistung ein Sonderhonorar anfallen sollte,
ebenso für die Durchführung jeder weiteren
Versammlung nach der ersten, ordentlichen
Versammlung im Jahr.
Als gesonderte Leistung vergütungspflich-
tig sein sollte auch die „Durchführung von
Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Mo-
dernisierungsmaßnahmen, die einen Fach-
mann erfordern oder deren Auftragssumme
10.000 DM übersteigt“.
Im Rahmen der Beschreibung der regulären
Verwaltertätigkeit heißt es: „Nach Ablauf
der Aufbewahrungsfristen können die übri-
gen Unterlagen der laufenden Verwaltung
vernichtet werden“.
Für die Durchführung zweier Eigentümerver-
sammlungen stellte der Verwalter der Ge-
meinschaft ein Sonderhonorar von 580 Euro in
Rechnung. Für die Durchführung von Instand-
haltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen
berechnete er ein Sonderhonorar von 5.200
Euro. Die Maßnahmen waren von einem Ar-
chitekten geplant und betreut worden. Für die
Vernichtung alter Verwaltungsunterlagen auf-
grund eines Beschlusses der Eigentümer be-
rechnete der Verwalter der Gemeinschaft ein
Honorar von 119 Euro. Die Honorare entnahm
der Verwalter dem Konto der Gemeinschaft.
Die Gemeinschaft kündigte den Verwalter-
vertrag außerordentlich. Für das Jahr 2013 er-
stellte der Verwalter keine Jahresabrechnung
mehr. Er gab die gesamten Unterlagen der
Liegenschaft an die neue Verwalterin heraus,
die die Jahresabrechnung 2013 erstellte.
Die Gemeinschaft verlangt nun vom ehema-
ligen Verwalter Schadensersatz in Form der
Rückzahlung der vereinnahmten Sonderho-
norare. Außerdem verlangt sie Ersatz der
Kosten für die Erstellung der Jahresabrech-
nung 2013 durch die neue Verwalterin.
Das Problem:
Das AG Frankfurt/Main hatte darüber zu
entscheiden, inwieweit die Vereinbarungen
im Verwaltervertrag Ansprüche auf Sonder-
vergütung begründen können.
So hat das AG Frankfurt/Main
entschieden:
Der ehemalige Verwalter muss die verein-
nahmten Sonderhonorare zurückzahlen,
weil es für diese im Verwaltervertrag keine
Grundlage gibt.
Für die Durchführung der beiden außer-
ordentlichen Eigentümerversammlungen
kann der Verwalter kein Sonderhonorar be-
anspruchen. Die entsprechenden Klauseln
im Verwaltervertrag sind unwirksam, weil
sie keine Einschränkungen dahingehend
enthalten, dass keine gesonderte Vergütung
anfällt, wenn das Erfordernis einer weiteren
Eigentümerversammlung auf dem Verschul-
den des Verwalters beruht.
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12
Powered by FlippingBook