Deckert/Elzer kompakt
Die Eigentumswohnung
Liebe Leserin,
lieber Leser,
ein vielen Gemeinschaftsordnungen finden
sich Umlagevereinbarungen, die unklar sind.
Solches „Notar-Handwerk“ (in der Regel
gut gemeint, aber schlecht gemacht) ist für
jeden Verwalter ein Risiko: Er muss seinen
Entwürfen für den Wirtschaftsplan und die
Abrechnung für jede Position den zutreffenden
Umlageschlüssel zu Grunde legen. Wenn aber
unklar ist, welcher Umlageschlüssel für wel-
che Position gilt, werden Wirtschaftsplan und
Abrechnung zum „Minenfeld“.
So lag es auch in der diesen Monat vorzustel-
lenden Entscheidung. Die Wohnungseigentü-
mer kämpften jahrelang wegen der Unklarheit
einer Umlagevereinbarung um die Abrechnun-
gen. Die Klärung führte jetzt erst die Entschei-
dung aus Karlsruhe herbei. Die Lösung für den
Einzelfall (was gilt für eine grundsätzlich allen
Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen-
den Sauna in einem Teileigentum, wenn die
Wohnungseigentümer die Sauna nicht mehr
mitgebrauchen?) ist eher uninteressant. Wich-
tig ist aber der Weg, den die Entscheidung
für den Streit über eine Umlagevereinbarung
aufzeigt.
Herzlichst
Ihr
Dr. Oliver Elzer
Entscheidung des Monats:
WEG-Rechtsprechung kompakt
Unklarer Umlageschlüssel:
Auslegung vor Änderung
Entscheidung
des Monats
Unklarer Umlageschlüssel:
Auslegung vor Änderung
Die Auslegung einer Vereinbarung hat
Vorrang vor einer erzwungenen Ände-
rung.
Das Belastungsverbot schränkt die
Möglichkeit ein, einen Umlageschlüssel
durch Beschluss zu ändern. Sie schließt
aber nicht den Anspruch auf Änderung
des Umlageschlüssels aus.
(BGH, Urteil v. 13.5.2016, V ZR 152/15)
Der Fall:
Nach einer Umlagevereinbarung sind in
einer Wohnungseigentumsanlage die Be-
triebs-, die Instandhaltungs- und die Ver-
waltungskosten (ausgenommen die Ver-
waltergebühr) nach dem Verhältnis der
Nettoflächen umzulegen. Auf Räume, die
dem Zweck „Sauna/Solarium/Fitness“ die-
nen (Teileigentum Nr. 13), sind allerdings
keine Kosten umzulegen. B ist Eigentümerin
dieses Teileigentums. Es stand bis Ende 2006
allen Wohnungseigentümern als Sauna zur
Mitbenutzung zur Verfügung. Seit 2007 wird
es als Lager und Abstellfläche genutzt.
2009 beschließen die Wohnungseigentümer,
dass das Teileigentum Nr. 13 ab 2010 nach
seiner Fläche an den Kosten für Müllbesei-
tigung, Straßenreinigung, sonstigen Kosten,
Strom, Garten, Hausmeister, Versicherung und
Instandhaltungsrückstellung zu beteiligen ist.
Dieser Beschluss, der bestandskräftig wird,
findet seine Grundlage entweder in einer
„Öffnungsklausel“ oder in § 16 Abs. 3 WEG.
Nach Gerichtstreitigkeiten über mehrere
Abrechnungen, ob auf B Kosten umgelegt
werden können (die Amtsgerichte sind
sich nicht einig), klagen die anderen Woh-
nungseigentümer gegen B. Diese soll einer
Änderung der Umlagevereinbarung zustim-
men und sich künftig an allen Betriebs-,
Instandhaltungs- und Verwaltungskosten
beteiligen. Etwas anderes soll nur gelten,
wenn, solange und soweit ihr Teileigentum
den Wohnungseigentümern als Sauna zur
Verfügung steht. Hilfsweise beantragen die
Wohnungseigentümer die Feststellung, die
Umlagevereinbarung sei bereits jetzt so zu
verstehen.
Das Problem:
Im Fall geht es um den Streit über das
Verständnis einer Umlagevereinbarung. Zu
entscheiden ist unter anderem, ob sich tat-
sächliche Umstände auf eine Umlageverein-
barung auswirken können.
So hat der BGH entschieden:
Die Änderungsklage hat keinen Erfolg. Etwas
anderes gilt für die Feststellungsklage. Bei-
des folgt aus einer Auslegung der Umlage-
vereinbarung.
1. Änderungsanspruch
Die Wohnungseigentümer hätten aus § 10
Abs. 2 Satz 3 WEG keinen Anspruch auf Zu-
stimmung zu einer Änderung der Umlage-
vereinbarung.
a) Der Beschluss aus dem Jahr 2009
Dies sei allerdings keine Folge des Beschlus-
ses von 2009. Dieser habe die Umlagever-
einbarung nicht verändern können. Denn in
diesem Falle wäre er nichtig:
§ 16 Abs. 3 WEG hätte den Wohnungs-
eigentümern keine Beschlusskompetenz
gegeben. Dessen Anwendungsbereich sei
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