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Deckert/Elzer kompakt
nicht eröffnet gewesen: Die erstmalige Be-
gründung einer Kostentragungspflicht unter
Aufhebung einer vereinbarten Kostenbe-
freiung könne nach ihm nicht beschlossen
werden.
Aus der Öffnungsklausel folge nichts ande-
res: Ein auf einer Öffnungsklausel beruhen-
der Beschluss, der einen seine Zustimmung
verweigernden Wohnungseigentümer, der
nach einer bestehenden Vereinbarung von
der Tragung bestimmter Kosten oder der
Kostentragungspflicht insgesamt befreit sei,
nachträglich an den Kosten beteilige, ver-
stoße gegen das Belastungsverbot und sei
unwirksam.
b) Das Belastungsverbot
Das Belastungsverbot stünde der erstrebten
Änderung allerdings nicht entgegen. Dieses
schränke zwar im Interesse der Minderheit die
Mehrheitsmacht ein, schließe als Beschränkung
der materiellen Beschlusskompetenz aber nicht
den Anspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG aus.
c) Vorrang der Auslegung einer
Umlagevereinbarung
Für eine Anpassung der Umlagevereinbarung
sei aber deswegen kein Raum, weil bereits
deren Auslegung ergebe, dass die Kosten-
befreiung nur gelte, wenn und solange das
Teileigentum Nr. 13 den Wohnungseigentü-
mern zur Verfügung stehe. Die Privilegierung
bei den Kosten habe dem Umstand Rechnung
tragen sollen, dass das Teileigentum Nr. 13
von allen mitgebraucht wird.
2. Die Feststellungsklage
Die Feststellungsklage sei hingegen begrün-
det. Da die Umlagevereinbarung dahingehend
auszulegen sei, dass das Teileigentum Nr. 13
nur bei einer einvernehmlich vereinbarten Be-
reitstellung der Räume als „Sauna/Solarium/
Fitness-Bereich“ von den Kosten befreit sei, sei
B verpflichtet, die Kosten anteilig zu tragen.
Das bedeutet für Sie:
1. Überblick Umlageschlüssel
Der Verwalter muss seinem Entwurf des Wirt-
schaftsplans und der Einzelwirtschaftspläne
bzw. seinem Entwurf der Abrechnung und der
Einzelabrechnungen die in der Wohnungsei-
gentumsanlage für eine Kostenposition jeweils
geltenden Umlageschlüssel zu Grunde legen.
Die insoweit anzuwendenden Umlageschlüs-
sel, etwa Verbrauch, aber auch Anzahl der
„Einheiten“ oder Wohn- und/oder Nutzfläche
können vereinbart oder beschlossen sein.
2. Umlageschlüssel: Vereinbarung
Die Wohnungseigentümer haben aus § 10 Abs.
2 Satz 2 WEG eine Kompetenz, den gesetzli-
chen Umlageschlüssel (Größe der jeweiligen
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Miteigentumsanteile) zu verändern, soweit
nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt
ist. Eine solche Bestimmung enthält § 16 Abs.
5 WEG. Danach können die aus § 16 Abs. 3 und
Abs. 4 WEG folgenden Beschlusskompetenzen,
einen Umlageschlüssel zu bestimmen, durch
Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht
eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
3. Umlageschlüssel: Beschlusskompetenz
Geht es um einen beschlossenen Umlage-
schlüssel, kann die notwendige Beschluss-
kompetenz folgen aus:
einer Öffnungsklausel (eine Vereinbarung,
die umfassend oder im Einzelfall eine Be-
schlusskompetenz einräumt);
aus § 16 Abs. 3 WEG (für die Verwaltungs-
und Betriebskosten);
aus § 16 Abs. 4 WEG (für die Kosten einer
Instandhaltung oder Instandsetzung, die
Kosten einer baulichen Veränderung oder
Aufwendungen bzw. die Kosten einer Mo-
dernisierung);
nach neuerer, allerdings dogmatisch abzu-
lehnender Ansicht des Bundesgerichtshofes
(BGH v. 18.3.2016, V ZR 75/15, Rn. 44) aus
§ 21 Abs. 7 WEG (für die konkrete Zahlung
wegen eines besonderen Verwaltungsauf-
wands).
4. Subsidiärer Umlageschlüssel
Haben die Wohnungseigentümer keinen Um-
lageschlüssel vereinbart oder beschlossen, hat
ein Wohnungseigentümer die Kosten der In-
standhaltung, Instandsetzung, die Kosten der
sonstigen Verwaltung und die Kosten eines
gemeinschaftlichen Gebrauchs grundsätzlich
nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen;
dies gilt auch für die Ansammlung der Instand-
haltungsrückstellung.
5. Auslegung einer Umlagevereinbarung
In manchen Fällen ist eine Umlagevereinba-
rung nicht eindeutig. Zum einen kann unklar
sein, welche Kosten sie erfasst. Zum ande-
ren kann – wie im Fall – unklar sein, welche
Wohnungseigentümer in welchen Fällen keine
Kosten zu tragen haben.
Was dann gilt, kann jedenfalls der Verwalter
nicht bestimmen. Nach noch herrschender,
aber nicht überzeugender Meinung können al-
lerdings auch die Wohnungseigentümer nicht
beschließen, wie die Umlagevereinbarung zu
verstehen ist. Eine verbindliche Klärung kann
schließlich auch nicht erreicht werden, wenn
ein Gutachten eingeholt wird.
Die Wohnungseigentümer können hingegen
vereinbaren, was gelten soll. Ferner ist es
möglich – wie der Fall zeigt – im Wege einer
Feststellungsklage durch ein Gericht klären zu
lassen, wie eine Umlagevereinbarung zu ver-
stehen ist.
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6. Auslegung eines Umlagebeschlusses
a) Das Problem, dass ein Umlagebeschluss aus-
zulegen ist, sollte einem Profi-Verwalter besser
nicht begegnen. Denn dann ist der Beschluss
nicht bestimmt genug gefasst worden. Die Be-
stimmtheit herbeizuführen ist aber eine klassi-
sche Verwalteraufgabe. Dabei ist es eigentlich
ganz leicht. Im Beschluss sollte am besten jede
Kostenposition und der entsprechende Umla-
geschlüssel (der und dessen Ermittlung natür-
lich auch „klar“ sein müssen; Probleme gibt es
etwa bei Flächen – sind diese ausreichend und
verbindlich bestimmt? – oder bei einem Perso-
nenschlüssel) genannt werden.
b) Muss ein Umlagebeschluss doch einmal aus-
gelegt werden, gelten die allgemeinen Grund-
sätze. Der Umlagebeschluss ist also „aus sich
heraus“ auszulegen, ohne dass es auf die sub-
jektiven Vorstellungen der an der Beschluss-
fassung Beteiligten ankommt. Maßgebend ist
der objektive Inhalt und Sinn, wie er sich aus
unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeu-
tung des Beschlusswortlauts ergibt. Anders
als bei Vereinbarungen, besteht grundsätzlich
eine Beschlusskompetenz zur Auslegung.
7. Heizkosten
Für die Umlage der Kosten des Betriebs der
zentralen Warmwasserversorgungsanlage und
des Betriebs der zentralen Heizungsanlage
gibt es keinen ausdrücklichen gesetzlichen
Umlageschlüssel. Ob für diese Lücke das Ver-
hältnis der Miteigentumsanteile als subsidiärer
Umlageschlüssel nutzbar ist, ist streitig.
Richtig ist, § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV anzu-
wenden, sofern nicht ausnahmsweise § 7 Abs. 1
Satz 2 HeizkostenV einschlägig ist. Einer subsidiä-
ren Anwendung von § 16 Abs. 2 WEG wird durch
§ 3 HeizkostenV die Tür versperrt (streitig).
8. Belastungsverbot
a) Der BGH beschrieb 2014 in Bezug auf Be-
schlüsse, die auf einer Öffnungsklausel beru-
hen, ein „Belastungsverbot“ (BGH, Urteil vom
10.10.2014, V ZR 315/13, Rn. 16). Dieses schüt-
ze vor der Aufbürdung neuer (originärer), sich
weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen
Gemeinschaftsordnung ergebender Leistungs-
pflichten. Als eine solche Leistungspflicht sah
der BGH die Instandhaltungspflicht an. Einem
Wohnungseigentümer könne die allen Woh-
nungseigentümern obliegende Pflicht, die Er-
haltungsmaßnahmen durchzuführen (im Fall:
Gartenpflege- und Reinigungsarbeiten), die ei-
ner einem Sondernutzungsrecht unterliegenden
Fläche gelten, nicht übertragen werden.
b) In dieser Rechtsprechung „verläuft“ sich der
BGH. Im Fall geht es nämlich gar nicht um die
Auferlegung einer Leistungspflicht, sondern
um die Änderung eines Umlageschlüssels.
Ein Wohnungseigentümer sollte sich künftig
nur in anderer Weise an den Kosten des ge-