Verwalterbrief 10/2016 - page 5

barer Weise verletzt. Ob davon hier die Rede sein kann, ist natürlich
Ansichtssache.
In vorliegendem Fall hatte der Verwalter der Versammlung erklärt, dass
nach Ansicht der Hausverwaltung keine bauliche Veränderung vorliegt,
sondern zwingend notwendige Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungs-
arbeiten, die auch den Einbau einer Wasserenthärtungsanlage beinhal-
ten können, um größeren Instandhaltungsbedarf zu vermeiden. Damit
wird den Eigentümern keine rechtsverbindliche Auskunft, sondern nur
die Meinung der Hausverwaltung mitgeteilt.
Genaue Abgrenzung im Einzelfall schwierig
An dieser Stelle ist es im Einzelfall oftmals schwierig, eine genaue Ab-
grenzung zwischen baulichen Veränderungen einerseits und Instand-
haltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten andererseits vorzunehmen.
Wie oben dargestellt, vertreten hier verschiedene Gerichte auch unter-
schiedliche Meinungen.
In Fällen, in denen eine genaue Abgrenzung schwierig ist, könnte die
Hausverwaltung notwendige Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungs-
maßnahmen im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, die auch eine bau-
liche Veränderung sein können, nicht mehr mittels eines einfachen
Mehrheitsbeschlusses fassen lassen. Um eine Haftung nach § 49 Abs.
2 WEG gänzlich auszuschließen, müsste die Hausverwaltung im Zweifel
jede notwendige Instandhaltungs- beziehungsweise Instandsetzungs-
maßnahme einstimmig beschließen lassen. Denn diese könnten unter
Umständen ja bauliche Veränderungen darstellen. Die Gemeinschaft
wäre, bezogen auf notwendige Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungs-
maßnamen, nahezu handlungsunfähig.
Kostenentscheidung des Gerichts ist eine Ermessens-
entscheidung
Auch steht dem Gericht bei der Entscheidung über die Kosten nach
§ 49 WEG immer ein Ermessen zu. Heißt: Ist es dem Verwalter nicht
zuzumuten, zu entscheiden, ob es sich um eine bauliche Veränderung
oder eine Instandhaltungsmaßnahme handelt, sollte das Gericht dies
an dieser Stelle berücksichtigen. Auf jeden Fall zumindest dann, wenn
der Verwalter die Versammlung rechtmäßig aufgeklärt hat.
Ein Notnagel bleibt: Der Verwalter stellt einen Geschäftsordnungsan-
trag, dass der Versammlungsvorsitz zu diesem Tagesordnungspunkt von
einem Wohnungseigentümer übernommen wird.
serenthärtungsanlage eingebaut, was heutzutage im Neubau schon
Standard ist, kommt es im Laufe der Zeit zu extremen Verkalkungen der
Rohre, die zu einer sehr teuren Sanierung des gesamten Rohrleitungs-
netzes führen können - was wirtschaftlich betrachtet natürlich fatal ist.
Auch könnte es somit im Hinblick auf einen etwaigen Fehlgebrauch
niemals zum Anschluss neuer Systeme kommen. Von den Folgen wären
außerdem alle Miteigentümer betroffen.
All diesen Argumenten wird vom AG Weilheim i. OB entgegengehalten,
dass die dargestellte Auffassung des Gerichts nicht bedeutet, dass ein
neues System nicht installiert werden darf, sondern, dass hierfür die
Zustimmung aller Betroffenen erforderlich ist. Auch sei nicht gesagt,
dass der Einbau nicht sinnvoll wäre.
Handlungspflichten für den Verwalter
Im konkreten Fall informierte die Verwalterin die Miteigentümer da-
hingehend, dass der streitgegenständliche Beschluss im Wege eines
Mehrheitsbeschlusses gefasst werden könne.
Die Kläger waren hingegen der Auffassung, dass der Beschluss über den
Einbau der Wasserenthärtungsanlage für Warm- und Kaltwasser hätte
einstimmig gefasst werden müssen. Das Gericht bestätigte die Meinung
der Kläger.
Da die Hausverwaltung Klageveranlassung gegeben hat, wurden ihr die
Prozesskosten auferlegt.
Letztlich ist selbst bei erkennbarer Rechtswidrigkeit nach entsprechen-
den Risikohinweisen des Versammlungsleiters das Entscheidungsergeb-
nis der Gemeinschaft von diesem auch zu respektieren. Bei einer mög-
lichen Anfechtung entscheidet dann das Gericht über die Gültigkeit des
gefassten Beschlusses. Jedoch sollte der Verwalter wissen, dass er
eine gewollte Abstimmung nicht verhindern,
gegen den Mehrheitswillen seine eigene Rechtsansicht nicht durch-
setzen und
in solchen Fällen nicht tatsachenwidrig etwa einen Negativbeschluss
verkünden
darf.
Das LG Bamberg (Beschluss vom 16.4.2015, 11 T 8 / 15) ist allerdings
anderer Auffassung. Danach darf der Verwalter den Beschluss nicht als
angenommen verkünden, wenn bei einer Beschlussfassung über eine
bauliche Veränderung nicht sämtliche von der Maßnahme beeinträch-
tigte Eigentümer zustimmen.
Kritische Anmerkung zur Kostenentscheidung
des AG Weilheim i. OB
Die Kostenentscheidung ist meines Erachtens falsch. Denn nach § 49
Abs. 2 WEG werden dem Verwalter Prozesskosten auferlegt, soweit die
Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes
Verschulden trifft, auch wenn er nicht Partei des Rechtsstreits ist. Ein
grobes Verschulden bedeutet mindestens grobe Fahrlässigkeit. Grob
fahrlässig handelt, wer die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen
zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuld-
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Dr. Sütterlin ist
als Rechtsan-
waltspezialisiert
auf das Immobi-
lien- und Woh-
n u n g s e i g e n -
tumsrecht. Er ist
u. a. beratendes
Mitglied im Bundesfachverband
der Immobilienverwalter (BVI) und
Mitglied in der ARGE Mietrecht und
Immobilien im DAV.
DER AUTOR
Entscheidend ist also für den Verwalter: Vor der Abstimmung zu
einer Wasserenthärtungsanlage sind die Miteigentümer darüber
aufzuklären, dass (laut des Urteils des BayObLG) die Zustimmung
aller Wohnungseigentümer der betroffenen Anlage erforderlich sein
könnte und dass ein Beschlussanfechtungsrisiko bei mehrheitlicher
Beschlussfassung gegeben ist. Der Versammlungsleiter sollte seine
rechtzeitigen Hinweise vor der Abstimmung auch unbedingt zu Be-
weiszwecken im Versammlungsprotokoll festhalten.
PRAXIS-TIPP: ÜBER BESCHLUSSANFECHTUNGSRISIKO AUFKLÄREN
1,2,3,4 6,7,8,9,10,11,12
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