Der Verwalter-Brief 7-8/2016 - page 4

Neues Personal einarbeiten
Jörg Wirtz, InRaCon, Eschenlohe
Sie werden es längst bemerkt haben. Es wird immer schwieriger
geeignetes Personal zu finden. In den letzten Jahren hat sich die
Situation vom „ Kampf der Talente“ in den „Kampf um Talente“
gewandelt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verwaltungs-
branche nicht unbedingt als besonders sexy wahrgenommen
wird. In diesem Beitrag soll der Schwerpunkt der Betrachtung
deshalb auf die wesentliche und dennoch sehr häufig vernach-
lässigte Phase der Einarbeitung von neuem Personal gelegt wer-
den. Gerade in dieser Phase ist es besonders wichtig, den/die
neue(n) Mitarbeiter/In (im Weiteren als „neuer Mitarbeiter“ be-
zeichnet) an das Unternehmen zu binden.
Neues Personal ist teuer
Egal ob Sie neues Personal als Ersatz oder im Rahmen Ihrer Expansion
benötigen, schon die Personalsuche verschlingt viel Geld, Energie und
Zeit. Die Kosten für Stellenanzeigen sind unabhängig vom gewählten
Medium bereits beachtlich und dennoch der geringere Teil der ent-
stehenden Aufwände. Gerade die anschließende Einarbeitung in Ihre
Verwaltung erfolgt nicht zum Nulltarif. Nicht nur, dass der neue Mitar-
beiter eine Weile benötigt, um wirklich effizient mitarbeiten zu können,
ebenso müssten Arbeitszeiten durch Ihr vorhandenes Personal erbracht
werden, um eine schnelle und gründliche Einarbeitung sicherzustellen.
Der Konjunktiv wurde absichtlich gewählt weil die hier investierte Zeit
erfahrungsgemäß eher zu knapp bemessen wird.
Dennoch, in der Einarbeitungsphase stecken gleichermaßen Risiken,
die es zu vermeiden und Chancen, die es zu nutzen gilt.
Chancen
Jeder neue Mitarbeiter ist zunächst auch eine Chance für Ihre Verwal-
tung. Er wird neue Ideen, Erfahrungen und Know-how aus anderen
Bereichen mitbringen und regelmäßig auch einbringen wollen. Diese
Möglichkeit sollte genutzt werden. Ihr „Neuer“ wird Ihre Nachfrage als
Wertschätzung empfinden und seine Ideen gerne weitergeben. Also
geben Sie Ihm die Möglichkeit, indem Sie sich die Zeit dazu nehmen
und Sie diese Chancen nutzen.
Risiken
Nun zu den Risiken. Es ist eine mehrfach nachgewiesene Tatsache, dass
die Bereitschaft eines Mitarbeiters einen neuen Arbeitsplatz zu suchen
mit zunehmender Beschäftigungsdauer abnimmt. Die Sicherheit im
Kreis der Kollegen, das gewohnte Umfeld, das bekannte und beherrsch-
te Aufgabengebiet und auch persönliche Bindungen, nicht zuletzt zu
den Kunden, lassen die Motivation zur Suche nach einem anderen Ar-
beitspatz mit den Jahren geringer werden. Gerade in den ersten Mo-
naten der Beschäftigung ist jedoch die Bereitschaft, den Job erneut zu
wechseln, besonders hoch. Hier reichen oft geringste Anlässe und der
vielversprechende und mit viel Aufwand gefundene neue Mitarbeiter
erfreut Sie mit der Aussage, dass Sie zumindest temporär geringere
Personalkosten haben werden. Spätestens in den folgenden Wochen
werden Sie merken, wie teuer neues Personal werden kann.
Neuer Mitarbeiter sollte „den Pfad nicht verlassen“
Im täglichen „Verwaltungswahnsinn“ fehlt es natürlich häufig an allen
Ecken und Enden an Zeit. Erst recht fehlt die Zeit, den neuen Mitarbeiter
intensiv und qualifiziert einzuarbeiten. Notgedrungen wird er sich selber
Lösungswege zur Erledigung seiner Arbeiten suchen müssen und diese
wohl auch finden. Fraglich ist jedoch, ob das der Weg ist, den Sie vorgege-
ben haben. In der Praxis wird er zwar immer mal wieder einige Hinweise
aus dem Kollegenkreise erhalten. Da er aber nicht „nervig“ werden will,
sucht er weiter nach seinem Weg. Letztlich kann das dazu führen, dass der
„Neue“ bereits seit Monaten seiner Tätigkeit nachgeht, aber bestimmte
Tätigkeiten noch nie durchgeführt hat und diese folglich nicht durchführt.
Beispiele sind hier nicht durchgeführte und/oder nicht dokumentierte Ob-
jektbegehungen oder der nicht erfasste Gewährleistungsanspruch.
Ebenso müssen wir damit rechnen, dass Fehler unterlaufen, die sich
früher oder später auf Ihrem Schreibtisch wiederfinden. Dies geschieht
häufig so spät, dass Sie keinen Zusammenhang mehr mit unzureichen-
der Einarbeitung herstellen können.
Qualitäts- und Prozessmanagement nicht gefährden
Vielleicht haben Sie mit viel Aufwand und Empathie ein Qualitätsmanage-
mentsystem oder ein vergleichbares Prozessmanagementsystem einge-
richtet. Ihr Personal arbeitet nach transparenten und eindeutigen Vor-
gaben. Arbeitsweisen, Ablagesysteme usw. sind festgelegt und werden
von allen als Handlungsgrundlage angewendet. Wir konnten in unserer
Beratungspraxis nicht nur einmal feststellen, dass den neuen Mitarbeitern
diese Systeme entweder nicht oder nur in Ansätzen bekannt waren und
folglich auch nicht beachtet wurden. Mangelhafte Einarbeitung war hier
die Ursache. Damit verliert das beste System mit jedem neuen Mitar-
beiter an Wirksamkeit. Letztlich wird das System versagen und die alten
Ineffizienzen, die Sie mühsam ausgemerzt hatten, sind wieder da.
Know-how-Verlust droht
Mangelhafte Einarbeitung ist also auch eine wesentliche Ursache für
den Know – How Verlust in Ihrem Unternehmen. Optimale Einarbeitung
hingegen konserviert organisatorisches, objektbezogenes, kundenbezo-
genes und sonstiges Know-how. Sie motiviert und befähigt den neuen
Mitarbeiter deutlich, effizient zu arbeiten. Dies werden nicht nur Sie und
die „alten“ Kollegen, sondern auch Ihre Eigentümer merken. Korrekter-
weise müsste man sagen, die Eigentümer werden im besten Fall den
neuen Mitarbeiter kaum registrieren, weil alles wie gewohnt weiter
läuft. Im anderen Fall werden es Ihre Eigentümer eher merken. Nämlich
dann, wenn das gewohnte Qualitätslevel nicht mehr erreicht wird.
Wie also sollte eine optimale Einarbeitungsphase aussehen und wie
könnten wir die Chancen nutzen?
Vorbereitung des ersten Arbeitstags
Wie so vieles, beginnt auch diese mit der richtigen und intensiven Vor-
bereitung. Sie haben Ihren neuen Mitarbeiter hoffentlich bei der Perso-
nalauswahl genauer kennengelernt und Erkenntnisse über Stärken und
Potenziale gewonnen. Bereiten Sie nun den ersten Arbeitstag intensiv
und sorgfältig vor. Auch hier ist gute Planung schon die halbe Miete.
Das erste Augenmerk sollte auf dem Arbeitsplatz liegen. Ist dieser voll-
ständig vorbereitet?
Unter anderem sollte überprüft werden:
Computer, Bildschirm, Tastatur, Maus, Scanner, Headset, ….vorhanden
und funktionsfähig?
Erforderliche Programme installiert?
Berechtigungen, Konten, Postfächer usw. angelegt?
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