Der Verwalter-Brief 11/2016 - page 9

Deckert/Elzer kompakt
Die Eigentumswohnung
Entscheidung des Monats:
WEG-Rechtsprechung kompakt
Ungeeichte Messgeräte
und Abrechnung
Entscheidung
des Monats
Ungeeichte Messgeräte
und Abrechnung
Der Verwalter darf die Messwerte
ungeeichter Messgeräte nicht für die
Abrechnung gebrauchen.
OVG Münster, Beschluss v. 25.7.2016, 4 A
1150/15
Der Fall:
Ein Landesbetrieb Mess- und Eichwesen
führt in einer Wohnungseigentumsanlage
Kontrollen durch, bei denen ungeeichte
oder fehlerhaft eingebaute Zähler aufgefun-
den werden. Die Zähler stehen im Eigentum
eines Messunternehmens, das diese an die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
vermietet hat. Der Landesbetrieb gibt dem
Verwalter auf, die Mängel abzustellen. Bei
einer Nachschau im Jahr 2014 stellt der
Landesbetrieb fest, dass in der Wohnungs-
eigentumsanlage weiterhin nicht den eich-
rechtlichen Bestimmungen entsprechende
Wärme- und Kaltwasserzähler installiert
sind. Mehrere Kaltwasserzähler sind, teil-
weise seit mehreren Jahren, nicht mehr
gültig geeicht. Von mehreren eingebauten
kombinierten Wärmezählern sind jeweils
Teilgeräte nicht gültig geeicht oder fehler-
haft eingebaut.
Daraufhin erlässt der Landesbetrieb eine
Ordnungsverfügung, mit der er es dem Ver-
walter unter anderem untersagt, die ermit-
telten Verbrauchswerte in der Abrechnung
oder in einer Betriebskostenabrechnung zu
verwenden. Hiergegen klagt der Verwalter.
Er meint, bereits der falsche „Adressat“ zu
sein: Er sei weder Eigentümer der Woh-
nungseigentumsanlage noch der betreffen-
den Messgeräte. Die Ordnungsverfügung
müsste daher an die Wohnungseigentü-
mer, an die Gemeinschaft der Wohnungs-
eigentümer oder das Messunternehmen
adressiert sein. Jedenfalls mangele es an
dem vom Landesbetrieb in Bezug auf die
Messergebnisse bejahten Tatbestandsmerk-
mal des „Verwendens und Bereithaltens
im geschäftlichen Verkehr“. Die Klage zum
Verwaltungsgericht (VG Köln v. 26.3.2015,
1 K 4535/14) bleibt indes erfolglos. Denn
dieses beurteilt die Rechtslage wie der Lan-
desbetrieb. Den Verwalter überzeugt das
nicht. Er will daher gegen die Entscheidung
des Verwaltungsgerichts vorgehen und be-
antragt beim Oberverwaltungsgericht die
Zulassung der Berufung.
Das Problem:
Zentrales Problem der Entscheidung ist die
Frage, ob der Verwalter Messergebnisse ver-
wenden darf, die von nicht (mehr) geeich-
ten Messgeräten stammen.
So hat das Oberverwaltungsgericht
Münster entschieden:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt
erfolglos. Das Verwaltungsgericht habe zu
Recht die Rechtmäßigkeit der angegriffenen
Ordnungsverfügung bejaht.
1. Verwenden und Bereithalten im
geschäftlichen Verkehr
Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die
Verrechnung des Energie- und Wasserver-
brauchs durch Zwischenzähler im Rahmen
einer Wohnungseigentümergemeinschaft
stelle geschäftlichen Verkehr im Sinne von
§ 25 Abs. 1 Nr. 1 EichG a.F. dar, sei „nicht
ernstlich zweifelhaft“.
Liebe Leserin,
lieber Leser,
in jeder Wohnungseigentumsanlage gibt es
Messgeräte, die dem Mess- und Eichgesetz in
Verbindung mit der Mess- und Eichverordnung
unterfallen und deshalb geeicht sein müssen.
Ist ein Messgerät nicht geeicht, stellt sich
die Frage, was für die Messwerte dann gilt.
Dürfen diese – wohnungseigentumsrechtlich
betrachtet – verwendet werden? Bislang
wurde überwiegend angenommen, dass der
Verwalter die Messwerte in der Abrechnung
nutzen und zur Erstellung der Einzelabrech-
nungen verwenden darf. Mit dieser Sichtweise
könnte jetzt Schluss sein! Die im Folgenden
darzustellende Entscheidung des Oberver-
waltungsgerichts Münster hält im Anschluss
an zwei jüngere Entscheidungen des Verwal-
tungsgerichts Köln dafür, dass der Verwalter
die Messwerte ungeeichter Messgeräte für die
Erstellung der Abrechnung nicht verwenden
darf. Diese Sichtweise sollte jedem Verwalter
bekannt sein. Ob er sie in seine Praxis um-
setzt, muss zwar jeder für sich selbst entschei-
den. Ich jedenfalls rate dringend dazu.
Herzlichst
Ihr
Dr. Oliver Elzer
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