etwa auch bei Trumpf, schon weitgehend
am Limit sei.
Diese Einschätzungen bezüglich der
Reaktionen betroffener Arbeitgeber de-
cken sich weitgehend mit den Schluss-
folgerungen des Instituts für Arbeits-
markt- und Berufsforschung (IAB). In
einer Stellungnahme vom Jahresbeginn
geht das IAB davon aus, dass mindestens
400.000 befristete Arbeitsverhältnisse
durch die geplante Gesetzesreform weg-
fallen. Genaue und aktuelle Zahlen gibt
es jedoch nicht. Die Schätzung des IAB
basiert auf Erhebungen aus den Jahren
2013 und 2016 (siehe Tabelle „Befristun-
gen in Deutschland“).
Personaldienstleister erwarten
nur geringe Zusatznachfrage
Wie bewerten Personaldienstleister die
Reformpläne der Großen Koalition? Im-
merhin könnten Sie in Form einer ver-
stärkten Nachfrage nach Leiharbeitskräf-
ten davon profitieren. Carlos Frischmuth,
Hauptstadtrepräsentant beim Personal-
dienstleister Hays, winkt ab. „Das wird
sicher kein Konjunkturpaket für unsere
Branche“, sagt er. Eventuell gebe es einen
Einmaleffekt von bis zu 30.000 zusätz-
lichen Leiharbeitskräften bundesweit,
schätzt er, was etwa drei Prozent der aktu-
ellen Gesamtzahl entspräche. Aber selbst
das ist aus Frischmuths Perspektive alles
andere als gewiss.
„Es gibt ja Gründe dafür, warum es eine
gewisse Anzahl an Arbeitsverhältnissen
gibt, die bis jetzt weder in unbefristete
umgewandelt noch durch andere For-
men der Beschäftigung wie Leiharbeit
ersetzt wurden. Darüber sollte man ei-
gentlich gut nachdenken, bevor man sich
ans Regulieren macht“, empfiehlt Carlos
Frischmuth. Arbeitgeber seien nicht da-
rauf aus, wie offenbar manche Politiker
dächten, möglichst viele ihrer Mitarbeiter
in befristete Beschäftigung zu drängen.
Das sei seine Erfahrung nach rund zwei
Jahrzehnten im Personaldienstleistungs-
geschäft. „Im Gegenteil! Angesichts des
leergefegten Arbeitsmarkts haben Be-
triebe im Regelfall das starke Interesse,
Arbeitskräfte langfristig zu binden. Das
reguliert sich also letztlich von selbst.“
Aber es gebe eben einen bestimmten
Arbeitskräftebedarf, der sich am besten
über Befristungen decken lasse. „In der
aktuellen konjunkturellen Situation ist
es zum Beispiel nur schwer möglich,
bestimmte Stellen mittels Leiharbeit zu
besetzen, etwa wenn es um einen nur
vorübergehend benötigten qualifizierten
Projektmanager im IT-Bereich geht“, er-
läutert Frischmuth weiter. Das Auswei-
chen auf Werkverträge erfordere oft einen
nicht unerheblichen Anpassungsbedarf
bei der betrieblichen Organisation, um
das Risiko illegaler Arbeitnehmerüberlas-
sung oder Scheinselbstständigkeit auszu-
schließen. „Ich denke aber, dass so man-
cher Arbeitgeber in Zukunft am ehesten
noch in diesen sauren Apfel beißen wird.“
Regulierung kaum noch
aufzuhalten
Dass das Vorhaben, auf welches sich die
Parteien im Koalitionsvertrag geeinigt ha-
ben, gestoppt oder dass an der 2,5-Pro-
zent-Grenze nochmals gerüttelt wird, hält
Carlos Frischmuth, der in Berlin in engem
Kontakt zu Parlamentariern steht, für so
gut wie ausgeschlossen. „Die Erfahrung
lehrt: Wenn bei solchen Gesetzgebungs-
prozessen die Dynamik mal angerollt ist,
dann ist sie nicht mehr zu stoppen“, so
der Hays-Experte. Das könne zu geradezu
tragischen Situationen führen, bei denen
am Ende alle Beteiligten eigentlich lieber
ein anderes Vorgehen wünschen, aber
dennoch den einmal vorgezeichneten
Weg weitergehen. „Aus meiner Sicht wäre
es viel sinnvoller, dass man, wenn man
schon unbedingt eine Regulierung will,
zunächst mal eine Kommission einsetzt,
welche die Lage genau untersucht, und
dann erst eine Quote festlegt – und die-
se nicht schon vorab definiert“, kritisiert
Frischmuth das Vorgehen der Groko.
Allerdings gibt es Aspekte, die erst
noch im Detail geklärt werden müssen,
wenn die Bundesregierung das Projekt
tatsächlich umsetzen will. Sandra Bie
rod-Bähre, Personalleiterin bei der
Kind-Unternehmensgruppe in Groß-
burgwedel bei Hannover und Mitglied
im Präsidium des Bundesverbands der
Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU),
sieht jedenfalls offene Fragen: „Noch zu
Diskussionen führen könnte sicherlich,
dass bei einer Gesetzesumsetzung ein-
deutig geklärt werden muss, wie mit den
zum Stichtag bereits länger laufenden
befristeten Arbeitsverhältnissen und mit
den bereits vertraglich vereinbarten, aber
noch nicht begonnenen länger laufenden
Befristungen umgegangen werden soll.“
Der Gesetzgeber müsste, erklärt die Ar-
beitsrechtsexpertin, die „Zuvor-Beschäf-
tigung“ in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG defi-
nieren, damit Unternehmen nicht von
Änderungen der Rechtsprechung über-
rascht werden.
Auch an anderer Stelle sieht Sandra
Bierod-Bähre Klärungsbedarf: „Der Ge-
setzgeber sollte in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
TzBfG so eindeutig aufnehmen, was ein
nur vorübergehender betrieblicher Bedarf
an der Arbeitsleistung ist, dass Unterneh-
men diese Norm als Grundlage für eine
Sachgrundbefristung nutzen können,
ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Ausle-
gung der Norm nicht der gerichtlichen
Prüfung standhält.“ Würde auf diese Wei-
se Flexibilität geschaffen, die Unterneh-
men verlässlich und rechtssicher nutzen
könnten, sagt die Juristin, wäre das im-
merhin eine gewisse Verbesserung.
HOLGER SCHINDLER ist freier
Journalist in Freiburg.
„Warum man
nun hingehen
und das
personal
politische
Instrument der
sachgrundlosen
Befristung
kippen will,
ist mir völlig
unverständlich.“
Oliver Maassen,
Personalleiter bei Trumpf
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personalmagazin 07.18
Strategie & Führung