Pro und Contra
Leistung nach
Bezahlung
Ist Leistungsmotivation nur über eine
entsprechende Vergütung erreichbar? Diese
Frage haben wir zwei Experten gestellt, die das
ganz unterschiedlich einschätzen.
Vergütung
wirkt
– immer
In meiner Zeit als Unternehmensberaterin und Bereichs-
leiterin eines börsennotierten Konzerns mit Verantwor-
tung für die Vergütung von Vorständen sowie Fach- und Füh-
rungskräften hat sich eine zentrale Erkenntnis immer wieder
bestätigt: Vergütung wirkt. Wobei die Richtung und Qualität
dieser Wirkung vor allem vom Design der Systeme und dem
Agieren der betroffenen Personen abhängig ist. Nicht zuletzt
deshalb stellt die immer wieder in Wellen aufgegriffene Idee,
leistungs- oder erfolgsorientierte variable Vergütung abzuschaf-
fen, den Versuch einer Problemverschiebung dar.
Einsatz muss sich auszahlen
Aus der Verknüpfung von Leistung und Vergütung ergibt sich
zwingend leistungsorientierte Vergütung. Das muss nicht
zwangsläufig der Jahresbonus sein. Aber wird dieser abgeschafft,
stellt sich die Frage, wie dann differenzierend vergütet wird.
Variable Vergütung ist zudem längst nicht mehr nur das Privileg
einer kleinen Schar oberer Führungskräfte, sondern hat Eingang
bis in tarifrechtliche Struktu-
ren gefunden. Für Vorstände
von Aktiengesellschaften ist
eine Leistungsbeurteilung
und Erfolgsorientierung der
Vergütung sogar gesetzlich
vorgeschrieben.
Die Abschaffung des Bonus
oder der individuellen vari-
ablen Vergütung hat zuletzt
an Popularität gewonnen, weil
sie suggeriert, per Federstrich
Ungleichheit und Demotiva-
tion in Unternehmen beseiti-
gen zu können. Dies aber ist
ein Trugschluss.
Wissenschaftlich ist eine demotivierende Wirkung von variabler
Vergütung nicht bewiesen. Im Gegenteil, internationale Studien
kommen zu anderen Schlüssen. Insbesondere Leistungsträger
empfinden Gleichmacherei als zutiefst ungerecht und verringern
im Extremfall ihren Einsatz. Der relative Vergleich ist eine der
stärksten Triebfedern menschlichen Handelns. Vergütung muss
als fair empfunden werden. Selbst die Betriebswirtschaft erkennt
inzwischen, dass der Mensch mit Geld motiviert werden kann,
das Richtige richtig zu tun. In Unternehmen kommt noch ein
weiteres Grundprinzip hinzu: Leistung muss sich lohnen.
Atmende Systeme als Basis
Gute Bonussysteme sind transparent und verständlich. Sie brin-
gen Kriterien für den Unternehmenserfolg und für die konkrete
individuelle Leistung in Einklang. Sie fördern die Zusammenar-
beit untereinander und die Kooperation über Bereiche hinweg.
Sie atmen mit dem Unternehmenserfolg und honorieren spür-
bare individuelle Beiträge zum Gesamterfolg. Gute Bonussys-
teme schaffen eine aufeinander abgestimmte Verbindung von
Individuum und Organisation.
Neben der Ausgestaltung gibt es einen weiteren entscheiden-
den Aspekt für die Qualität variabler Vergütung: das Agieren der
Führungskraft. Denn das beste, noch so feinsinnig konzipierte
System einer leistungsbasierten variablen Vergütung ist zum
Scheitern verurteilt, wenn Führungskräfte nicht fähig sind,
differenzierte Entscheidungen zu treffen. Genau dies ist aber
unabdingbar und gültig bis zur Unternehmensspitze. Oft werden
bei der Einführung von entsprechenden IT-Systemen erhebliche
Ressourcen in Trainings zur technischen Bedienung investiert
– wesentlich seltener aber ins Coaching von Führungskräften
dazu, wie man kritische Mitarbeitergespräche führt.
Vergütung wirkt. Wer trotzig etwas anderes behauptet, igno-
riert die Realität. Wenn Unternehmen den Bonus abschaffen,
müssen sie an anderer Stelle stärkere monetäre Leistungsdiffe-
renzierung vornehmen, sei es etwa beim Grundgehalt, bei Zu-
lagen oder Beförderungen. Ich kenne allerdings kein Unterneh-
men, das sich mit Differenzierungen bei diesen Themen leichter
tut als mit einer leistungsdifferenzierten Komponente im Bonus.
Leistungsorientierte Vergütung ist ein wichtiges Element zur
individuellen Differenzierung. Ob diese mit oder ohne Bonus
erfolgt, ist eher zweitrangig. Nur ohne Bonus wird es auch nicht
leichter.
DR. CHRISTINE ABEL ist
Senior Partner der HKP Group.
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personalmagazin 07.18
Strategie & Führung