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05/17 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
zu großen Unternehmen verfügen KMU
häufig nicht über die strukturellen und
finanziellen Mittel, um mit groß ange-
legten Kampagnen und Maßnahmen am
War for Talents zu partizipieren – und
sich dabei durchzusetzen.“
Eine langfristige strategische Perso-
nalplanung, die die Entwicklung des
gesamten Unternehmens berücksichti-
ge, könne diesen Nachteil wettmachen.
Rump sieht einen wesentlichen Vorteil
des Starter-Sets darin, dass die einzel-
nen Produkte ohne großen Zeiteinsatz
und mit wenig Vorwissen angewendet
werden können. „Gerade der Zeitaspekt
ist es, der leider häufig dazu führt, dass
kleine und mittlere Unternehmen vor der
Umsetzung weiterer personalpolitischer
Maßnahmen zurückschrecken“, sagt die
Professorin. „Darüber hinaus erhalten
Betriebe mit unseren Instrumenten ei-
nen ersten Überblick über die wesent-
lichen Schritte einer Personalplanung
und mögliche Folgemaßnahmen.“ Der
Bedarf an solcher Unterstützung ist si-
cher da, wie der „Monitor Arbeitsqualität
und wirtschaftlicher Erfolg“ des BMAS
aus dem Jahr 2014 zeigt. Danach verfü-
gen zwar zwei Drittel der befragten Be-
triebe über einen Personalplan, doch nur
22 Prozent planen länger als drei Jahre in
die Zukunft.
Individuelle Anpassung möglich
Häufig wird an HR-Software kritisiert,
dass sie ein grobes Raster vorgibt, in das
sich nicht jeder Betrieb einpassen lässt.
Moderne Produkte sind deshalb flexibel
und können die betriebliche Realität
gut modellieren. Auch der KMU-Pla-
nungsrechner bietet diese Möglichkeit.
Die Unternehmen legen beispielswei-
se die Anzahl der Jobfamilien und die
Dauer des Planungshorizonts selbst
fest. Das Finanzamt Trier, das wie das
Modehaus Marx zu den Pionieren im
BMAS-Projekt gehört, hat sich für zehn
Jobfamilien, darunter Außendienst/
Steuerfahndung oder Sachgebietsleiter,
sowie einen Planungshorizont von sie-
ben Jahren entschieden. Größer als zwi-
schen einem Textileinzelhändler und
einer Behörde könnten die für die Per-
sonalplanung relevanten Unterschiede
nicht sein: hier 87 Mitarbeiter, dort 438;
hier tarifvertraglich geregelte Anstel-
lungsverhältnisse, dort in weiten Teilen
Beamtenrecht; hier vielfältige Rekru-
tierungswege mit eigener Berufsausbil-
dung, aber auch viele Quereinsteiger,
dort starre Laufbahnmodelle, nach de-
nen ein Großteil der neuen Mitarbeiter
schlüsselfertig von der landeseigenen
Hochschule für Finanzen kommt.
Trotzdem hat sich auch für das Finanz-
amt Trier die Mitarbeit im Projekt als
fruchtbar erwiesen. Behördenleiter Jür-
gen Kentenich schätzt vor allem die Pra-
xisnähe und die einfache Handhabung:
„Das Instrument ist ungeheuer simpel
– sodass ich gedacht habe, darauf hätte
man selber kommen können. Auch mei-
ne Sachgebietsleiter haben sich überzeu-
gen lassen. Das will schon etwas heißen,
schließlich sind wir Steuerfachleute, kei-
ne gelernten Personaler. Uns muss man
erst einmal für solche weichen Themen
begeistern, was aber den Leuten vom IBE
und der DGFP gelungen ist.“
Instrument erzeugt Handlungsdruck
„Das Instrument löst sicher nicht meine
Beschaffungsprobleme am Jobmarkt“,
meint Kentenich. „Die Bewerberzah-
len im öffentlichen Dienst sind zwar
noch ausreichend, aber schon jetzt
zeichnet sich ab, dass die Qualität der
Bewerbungen sinkt. In dieser Situation
bringt mir das Instrument keine zu-
sätzlichen Bewerber, aber es hilft mir,
die Ressourcen, die der Markt hergibt,
optimal einzusetzen. Außerdem hat das
Instrument eine Art Weckfunktion: Es
macht auf zukünftige Bedarfe aufmerk-
sam und erzeugt dadurch einen Hand-
lungsdruck.“ In welche Richtung dieser
Druck wirkt, weiß Kentenich bereits.
Beispielsweise werden digitale Techni-
ken in der Finanzverwaltung wichtiger;
entsprechende Qualifikationen früh auf-
zubauen, ist wichtig. Ein anderer Trend
besteht darin, dass eine steigende Zahl
von Steuervorgängen das Ausland be-
trifft. Die Finanzwirte müssen sich des-
halb künftig auch in anderen nationalen
Steuerrechtssystemen – für Trier spielt
Luxemburg eine besondere Rolle – zu-
rechtfinden, möglichst inklusive Fremd-
sprachenkenntnisse.
Anschub für die Karriere
Zwei Mitarbeiter der Geschäftsstelle
werden künftig die Daten im KMU-Pla-
nungsrechner halbjährlich aktualisie-
ren. Die Ergebnisse sollen intern veröf-
fentlicht werden. Kentenich verspricht
sich davon auch einen Motivationseffekt
bei den Beschäftigten: Indem sie erfah-
ren, mit welchen Zusatzqualifikationen
sie ihre Karriere vorantreiben können,
ziehen sie einen persönlichen Nutzen
aus der strategischen Personalplanung
ihres Arbeitgebers – ganz im Sinne der
Inqa: Sie hat die Zukunftsfähigkeit von
Unternehmen genauso im Blick wie das
Bedürfnis der Beschäftigten nach moti-
vierender, guter Arbeit.
„Das Instrument bringt keine neuen Be-
werber, aber es hilft, die Ressourcen, die
der Markt hergibt, optimal einzusetzen.“
Jürgen Kentenich, Finanzamt Trier
CHRISTOPH STEHR
ist freier Journalist in
Hilden.