personalmagazin 5/2017 - page 28

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TITEL
_PERSONALPLANUNG
personalmagazin 05/17
Nach der Verdichtung der Treiber stellt
sich die Frage, welche Folgen das auf den
Faktor Arbeit hat. Wenn zumBeispiel ein
Sportwagenhersteller die Option zum
autonomen Fahren entwickeln will, wird
hier klar, dass dafür Mitarbeiter benötigt
werden, die spezifisches Software- oder
verkehrsrechtliches Verständnis haben.
Es kann also schon jetzt ein breites Spek-
trum an Kompetenzprofilen erwachsen.
Wie detailliert man an diesem Punkt
bereits arbeitet, hängt vom Projekt ab.
Doch egal, wie tief man ins Details geht
– die entscheidende simple Frage ist im-
mer: Was bedeutet das in Bezug auf die
Mitarbeiteranzahl und -kompetenzen?
Dieser Prozess wird für jeden Treiber
durchgeführt: So entstehen mehr oder
weniger verzweigte Treiberbäume, die
auf den Wänden eines Planungsraums
dokumentiert werden.
Sobald die Treiberbäume stehen,
können wir prüfen, welche Mitarbeiter-
gruppen hinsichtlich ihrer Kompetenzen
betroffen sind. Über alle Treiberbäume
hinweg stellen wir dann fest, welche fünf
Mitarbeitergruppen am meisten qualita-
tiv oder quantitativ betroffen sind. In
aller Regel liegt im ersten Schritt der
Fokus auf den Kompetenzen, die noch
gar nicht vorhanden sind oder in erheb-
lich größerem Umfang benötigt werden.
Der Grund ist der erhebliche Rekrutie-
rungsaufwand beziehungsweise das
Geschäftsrisiko, das sich darin verbirgt.
Diese Mitarbeitergruppe sehen wir uns
genauer an: Wie viele Mitarbeiter davon
sind heute bereits imUnternehmen? Wie
viele davon werden im fraglichen Zeit-
raum noch da sein – nach Verrentung
und Fluktuation? Hier beginnen sich die
einzelnen Bausteine miteinander zu ver-
zahnen: ImBaustein 3 (Personalbestand)
werden auf solche Fragen – soweit sie
nicht bereits geklärt sind – Antworten
ermittelt, die dann wieder in Baustein 1
(Personalbedarf) einfließen.
In einem ersten Wurf könnte also
der Sportwagenhersteller feststellen:
Von den aktuell beschäftigten, infrage
kommenden Ingenieuren gehen 30
Prozent bald in Rente oder fluktuieren
weg. Es bleiben 70 Prozent. Der Bedarf
liegt aber bei 140 Prozent. Schon diese
schnelle Überlegung gibt ein Gefühl für
die Entwicklung. Das kann der Anlass
sein, die Bedarfsprognose zu prüfen und
gegebenenfalls zu modifizieren oder in
anderen Abteilungen nach Mitarbeitern
zu suchen, die querqualifiziert werden
könnten. An diesem Punkt fängt die ite-
rative Arbeit an; das Verknüpfen der ein-
zelnen Planungsbestandteile beginnt.
Da es in diesem Stadium häufig um
nur wenig objektivierbare Annahmen
geht, hilft es enorm, hier Szenarien
durchzuspielen und Vergleichswerte
heranzuziehen, wie zum Beispiel die
erwarteten Absatzzahlen – also Kenn-
zahlen aus dem täglichen Geschäft.
Klar ist, dass es sich immer um Trends
handelt. Doch schon damit macht es
an dieser Stelle im Workshop oft Klick
und es wächst ein Verständnis für die
Folgen von Entscheidungen und für
das Drehen an Stellschrauben, um zu
einem Ergebnis zu gelangen, das stim-
mig scheint. Das passiert auch dadurch,
dass die verschiedenen Perspektiven
der Abteilungen einfließen. So hat der
Finanzbereich einen anderen Blick als
der Geschäftsbereich oder der Personal-
bereich. Und gemeinsam stehen sie dann
an der Planungswand und schieben die
Optionen hin und her. Das ist einer der
wichtigsten Abschnitte im ganzen Pro-
zess und auch der Punkt, an dem das agi-
le Vorgehen stark zumAusdruck kommt.
Baustein 2: Jobfamilien
Das Ziel von Baustein 2 ist es einerseits,
Transferpotenziale innerhalb eines Un-
ternehmens sichtbar zu machen. Es geht
um die Bündelung von Funktionen in
Kompetenzcluster, um die Planung zu
erleichtern. Das andere Ziel ist, zu einer
Fokussierung zu kommen: Was sind die
kritischen Qualifikationen? So kommt es
zu einer Einstufung, welche Jobfamilie zu
denen gehören sollte, die in den Fokus
genommen werden und welche nicht.
Es kann sein, dass diesem Schritt in
Baustein 1 bereits grob vorgegriffen wor-
den ist. Dies kann als Zuarbeit dienen,
hier nun aber geht es um die Konkretisie-
rung und die Festschreibung verbunden
mit der Hinterlegung im HR-System. Es
gilt, sich auf sinnvolle Clusterungskrite-
rien und Zuschreibungen zu einigen. Ein
klassisches Beispiel sind Finanzcontroller
und Produktionscontroller. Ist es möglich,
diese beiden in einer Gruppe der Control-
ler zu vereinen, weil sie ähnliche Grund-
kompetenzen und ein ähnliches Mindset
aufweisen, auch wenn es in der Regel kei-
nen gemeinsamen Karrierepfad gibt? Es
geht also auch um das Aufbrechen von
Karrieresilos.
Wir nehmen uns in diesem Baustein
ausschließlich der von Veränderung be-
troffenen Jobfamilienmit ihren Untergrup-
pierungen an. Wir prüfen sie daraufhin,
wer potenziell von der einen in die andere
Untergruppe wechseln kann und wo viel-
leicht in ganz anderen Bereichen noch po-
tenzielle Wechsler zu finden sind.
In diesem Baustein ist die Personalab-
teilung gefordert. Die Geschäftsbereiche
werden ausschließlich für die Validie-
rung der Jobfamilienzuordnung oder
-architektur gebraucht, also um zum
Beispiel zu sagen, ob Transferpotenziale
realisiert werden können.
Baustein 3: Personalbestand
Im dritten Baustein gilt es, den Ist-Zu-
stand für die in den Fokus genommenen
Es gilt, ein klares
Bekenntnis abzulegen,
dass die Zahlen, die ge-
neriert werden, Trend­
aussagen sind – mit
einer Halbwertzeit von
zwei bis drei Jahren.
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