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TITEL
_PERSONALPLANUNG
personalmagazin 05/17
personalmagazin:
Siemens ist ein globaler
Konzern, der sich laufend auf Verände-
rungen einstellen muss. Wie viele andere
Konzerne will darum auch Siemens
agiler werden. Wie lassen sich Agilität
und Langfristplanung vereinen?
Kugel:
Wir verstehen heute unter strate-
gischer Planung etwas anderes als noch
vor einigen Jahren. Es geht heute nicht
mehr darum, einen starren Fünf-Jahres-
Plan zu entwickeln. Vielmehr fokussie-
ren wir uns darauf, die langfristigen Kon-
sequenzen von Entscheidungen, die wir
heute treffen, auf dem Radar zu haben
und wesentliche Entwicklungen so früh
wie möglich zu antizipieren. Wir denken
dabei in Szenarien und legen Wert auf
einen guten Informationsfluss zwischen
den beteiligten Akteuren in HR und Ge-
schäft. Agilität bedeutet aber auch, dass
Sie schnell auf Veränderungen reagieren
können. Man muss aufhören, die gesam-
te Organisation nur als Ablauforganisa-
tion zu betrachten. Agile Teams, die in
immer wieder neuen Konstellationen zu-
sammenarbeiten, werden immer norma-
ler. Diese neue Arbeitswelt funktioniert
nur mit neuen Formen der Arbeitskultur,
der Führungsprinzipien und Strukturen.
Wir steuern in eine interdisziplinäre,
offene, agile Arbeitswelt, die neue Denk-
weisen verlangt. Sie fordert Fähigkeiten
in verschiedenen Kanälen und auf meh-
reren Ebenen in der Organisation.
personalmagazin:
Was macht die agile
Personalplanung bei Siemens aus?
Kugel:
Agile Personalplanung gibt uns
die Möglichkeit, flexibel, dynamisch
und proaktiv zu handeln. Ein Unterneh-
„Es geht nicht um starre Pläne“
INTERVIEW.
Die Unternehmen müssen sich auf eine agile Arbeitswelt einstellen. Wie
Siemens Agilität mit Langfristplanung vereint, zeigt Personalvorstand Janina Kugel.
personalmagazin:
Personalplanung ist die
Königsdisziplin des Personalmanage-
ments, hat Thomas Sattelberger einmal
gesagt. Welchen Stellenwert hat die
Personalplanung für Ihre HR-Arbeit bei
Siemens?
Janina Kugel:
Die strategische Personal-
planung wird tatsächlich immer wich-
tiger. Zum einen stehen wir – zumin-
dest in Deutschland – weiterhin vor
der Problematik eines zunehmenden
Fachkräftemangels. Uns gelingt es
heute zwar noch, die meisten offenen
Stellen zu besetzen, aber das dürfte in
den kommenden Jahren zunehmend
schwieriger werden. Ganz abgesehen
von speziellen Qualifikationen, wo wir
schon jetzt Engpässe sehen, zum Bei-
spiel bei Softwareingenieuren oder
auch ausbildungsintensiven Beru-
fen wie Präzisionsschweißern. Hinzu
kommt die Umstellung hin zur digita-
len Arbeitswelt. Das heißt, wir müs-
sen uns genau überlegen, welche Jobs
künftig vielleicht ganz wegfallen, wel-
che sich verändern und natürlich auch,
welche neu entstehen. Ich würde sagen,
die Veränderung von vorhandenen Job-
profilen wird die größte Rolle spielen,
deswegen hat auch das Thema Weiter-
bildung einen hohen Stellenwert.
personalmagazin:
Wie viele Mitarbeiter
befassen sich bei Siemens in HR mit der
strategischen Personalplanung?
Kugel:
Sie werden jetzt hoffentlich nicht
enttäuscht sein, wenn ich Ihnen keine
konkrete Zahl nenne. In einer global
aufgestellten Personalorganisation mit
rund 6.000 Mitarbeitern sollten sich
heute nicht nur eine zentrale Einheit,
sondern auch Länder, Regionen und
Geschäfte mit strategischer Personalar-
beit beschäftigen. Bei Siemens haben
wir unsere Organisation und die Art
unserer Zusammenarbeit vor zwei Jah-
ren grundlegend neu aufgesetzt und
arbeiten in globalen Teams. Wieso soll-
te irgendjemand in Deutschland besser
wissen, welche Dynamiken wir zum
Beispiel in Indien haben? Wir holen
uns mehr Input direkt von Mitarbeitern,
Kunden oder bestimmten Geschäften,
denn die wissen, was sie brauchen. Das
Thema strategische Personalplanung ist
dabei als Aufgabe der HR-Business-Part-
ner fest verankert und in die jährliche
strategische Geschäftsdurchsprache mit
dem Vorstand integriert.
JANINA KUGEL
ist Personalvorstand und
Arbeitsdirektorin der Siemens AG.
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