personalmagazin 5/2016 - page 72

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RECHT
_ARBEITSZEITKONTEN
personalmagazin 05/16
D
ie Verwendung von Arbeits-
zeitkonten ist in der Ar-
beitswelt nach wie vor weit
verbreitet. Das zeigt auch ei-
ne Umfrage aus dem Jahr 2013, wonach
rund 68 Prozent der Erwerbstätigen,
die Überstunden leisten, ein Arbeits-
zeitkonto für ihre Überstunden haben.
Dabei drückt ein Arbeitszeitkonto imAll-
gemeinen aus, in welchem Umfang der
Arbeitnehmer Arbeit geleistet hat und
deshalb Vergütung beanspruchen kann
(„Plusstunden“) oder – im umgekehrten
Fall – in welchem Umfang er noch Ar-
beitsleistung für die vereinbarte Vergü-
tung erbringen muss („Minusstunden“).
Dabei können Arbeitsleistungen
nach besonderen Regelungen höher
(zum Beispiel bei Mehrarbeit oder Fei-
ertagsarbeit) oder niedriger (zum Bei-
spiel bei Bereitschaftsdienst) bewertet
werden, als es ihrem zeitlichen Einsatz
entspricht. Auch ein Anspruch auf Ent-
geltfortzahlung im Krankheitsfall kann
ein Anspruch auf Zeitgutschrift sein, da
das Arbeitszeitkonto schlussendlich nur
Von
Thomas Niklas
in anderer Form den Arbeitsentgeltan-
spruch ausdrückt.
Denkbar ist die Führung von Ar-
beitszeitkonten in nahezu sämtlichen
Arbeitszeitmodellen. Auch die Verein-
barung von Vertrauensarbeitszeit steht
weder der Führung eines Arbeitszeit-
kontos entgegen noch schließt sie die
Abgeltung eines aus Mehrarbeit des
Arbeitnehmers resultierenden Zeit-
guthabens aus. Die Zeitgutschrift auf
einem Arbeitszeitkonto ist lediglich eine
abstrakte Recheneinheit, die für sich ge-
sehen keinen Aufschluss darüber gibt,
wie und in welchemModell sie erarbeitet
wurde. Für den Abbau eines Arbeitszeit-
kontos kommt es daher auch nur noch
auf die Höhe des Zeitguthabens in der
maßgeblichen Recheneinheit an.
Ausgestaltung von Arbeitszeitkonten
In der Regel können Arbeitnehmer auf
dem Arbeitszeitkonto ihre Arbeitszeit-
guthaben ansparen, die sodann inner-
halb einer bestimmten Frist in Freizeit
abgegolten werden können. Der Frei-
zeitausgleich erfolgt insoweit durch
eine Reduzierung der Sollarbeitszeit.
Der Abbau eines Arbeitszeitkontos
durch Freizeitausgleich vollzieht sich
mithin – soweit durch Arbeitsvertrag,
Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag
nichts anderes geregelt ist – dergestalt,
dass errechnet wird, wie viel „freier
Zeit“ die auf dem Arbeitszeitkonto ange-
sammelten Stunden entsprechen. Die-
se ist aufgrund der vom Arbeitnehmer
geschuldeten Arbeitszeit zu ermitteln.
Zur Arbeitszeit zählen dabei nicht nur
die Zeiten tatsächlich geleisteter Arbeit,
sondern auch in der Arbeitszeit liegende
Bereitschaftszeiten. Denn Bereitschafts-
dienst ist ebenfalls Arbeitszeit (BAG
vom 12.12.2012, Az. 5 AZR 918/11).
Musterformulierung bei Kappung
Werden Arbeitszeitguthaben nicht in-
nerhalb der bestimmten Frist in Freizeit
abgegolten, sehen insbesondere betrieb-
liche Regelungen zur Führung eines Ar-
beitszeitkontos vielfach eine Kappung
der Plus- oder Minusstunden vor, die
über ein bestimmtes Maß hinausgehen.
Ein Beispiel für eine solche Klausel
wäre folgende Formulierung: „Das Ar-
beitszeitkonto darf einen Stand von 40
Stunden im Soll oder Haben nicht über-
schreiten. Sollte das Arbeitszeitkonto
am Monatsende den Stand von 40 Stun-
den im Soll oder Haben überschreiten,
verfallen diese Stunden ersatzlos.“
Eine solche Kappung ist – wenngleich
dies nicht unumstritten ist – zulässig.
Denn den Arbeitnehmern ist aufgrund
der betrieblichen Regelung klar bezie-
hungsweise ihnen muss klar sein, dass
eine über das gesetzte Maß – in der Bei-
spielsformulierung also 40 Stunden –
hinaus erbrachte Arbeitsleistung ohne
Vergütung erbracht wird. Es steht ihnen
damit frei, nach Ablauf der höchstzuläs-
sigen täglichen Arbeitszeit ihre Arbeits-
leistung einzustellen. Geschieht dies
nicht, so wissen sie, dass sie für diese
Zeiten keine Vergütung beanspruchen
können. Auch ein enteignender Eingriff
kann aus diesen Gründen darin nicht
gesehen werden, solange es die Arbeit-
nehmer selbst in der Hand haben, ihre
Arbeit rechtzeitig einzustellen, damit es
Ansparen, Abfeiern, Auszahlen
ÜBERSICHT.
Arbeitszeitkonten erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Bei deren
Gestaltung und Führung lauern aber Stolperfallen, die Arbeitgeber umgehen sollten.
Muster
Betriebsvereinbarung zur Flexibili-
sierung der Jahresarbeitszeit (HI435945)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE
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