personalmagazin 5/2016 - page 81

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05/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Lust mehr auf die „Reus-Aubameyang-
Fußballshow“ haben. Die meisten Fans
wollen gerade „treue“ Spieler, die sich mit
dem Verein identifizieren und lange für
ihn spielen, wie etwa bei Bayern München
der Fall eines anderen Müller zeigt.
Auch der zweite Sachgrund (Alter,
körperliche Defizite) greift nicht immer,
zum Beispiel nicht bei einem 19-jährigen
Jungprofi. Zudem bestehen erhebliche
Bedenken im Hinblick auf das Verbot
der Altersdiskriminierung (§§ 1, 7 AGG).
Altersbefristungen sind diskriminie-
rungsrechtlich regelmäßig nur zulässig,
wenn sie mit der allgemeinen Regelal-
tersgrenze zum Renteneintritt überein-
stimmen (EuGH, Urteil vom 12.10.2010,
Az. C-45/09 – Rosenbladt). Körperliche
Anforderungen mögen ein früheres Aus-
scheiden aus dem Beruf erfordern. Sie
rechtfertigen aber keine starre Alters-
grenze, wenn andere Maßnahmen, wie
etwa Fitnesstests, als weniger einschnei-
dende Alternativen zum automatischen
Ausscheiden aus dem Beruf in Betracht
kommen. So entschied der EuGH, dass
ein Zwangsruhestand für Lufthansa-
Piloten ab dem 60. Lebensjahr eine un-
zulässige Diskriminierung wegen des
Alters darstellt (Urteil vom 13.9.2011,
Az. C-447/09 – Prigge). Zudem gibt es im
Fußball kein typisches Verschleißalter.
Die Relevanz des Alters variiert schon
je nach Position: Torhüter beenden ihre
Karriere typischerweise später als Feld-
spieler. Selbst bei den eher verletzungs-
geplagten Mittelfeldspielern beweist uns
der mittlerweile 41-jährige Zé Roberto,
dass Alter allein noch nicht mit mangeln-
der Fitness gleichgesetzt werden kann.
Befristung auf Wunsch des Profis?
In seltenen Fällen wird man an eine Be-
fristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
TzBfG zur Vertretung anderer Arbeit-
nehmer denken können, wenn etwa ein
Fußballer verletzungsbedingt oder im
Frauenfußball aufgrund einer Schwan-
gerschaft länger ausfällt. Die „normale“
Befristung von Profiverträgen fällt aber
nicht hierunter.
Gleiches gilt für eine Befristung auf
Wunsch des Arbeitnehmers. Sie ist
zulässig, wenn im Zeitpunkt des Ver-
tragsschlusses objektive Anhaltspunkte
vorliegen, aus denen gefolgert werden
kann, dass der Arbeitnehmer ein Inte-
resse gerade an einer befristeten Be-
schäftigung hat. Maßstab ist, ob der
Arbeitnehmer auch bei einem Angebot
des Arbeitgebers auf Abschluss eines
unbefristeten Arbeitsvertrags nur ei-
nen befristeten vereinbart hätte. Dies
wird man vielleicht bejahen können,
wenn sich ein Fußballer wie Xavi zum
Ausklang seiner großen Karriere nicht
länger als zwei Jahre an Doha binden
will. Selbst hier verbleiben jedoch ange-
sichts der Kündigungsmöglichkeit eines
unbefristeten Vertrags Zweifel. Für die
meisten Profis wird man im Herbst ihrer
Karriere jedenfalls keinen Befristungs-
wunsch annehmen können.
Ob der unterschiedlichen Sachgrün-
de darf man also gespannt sein, wie
das
LAG die Zulässigkeit der Befristung
begründet. Eine für alle Profiverträge
übertragbare Lösung dürfte allenfalls als
ungeschriebener Sachgrund oder mit zu-
sätzlichen Argumenten über die „Eigen-
art der Arbeitsleistung“ zu begründen
sein. Ein Ansatzpunkt wäre die starke
Ungewissheit hinsichtlich der Entwick-
lung der Leistungen des Arbeitnehmers,
die von Formschwächen, schweren
Verletzungen und weiteren Unwägbar-
keiten beeinflusst werden kann. Zudem
sind die wirtschaftlichen Interessen auf
beiden Seiten zu berücksichtigen: Die
erheblichen Ausgaben für Spielertrans-
fers und Gehälter müssen refinanziert
werden (Bepler, Profifußball und Ar-
beitsrecht, in: Fütterer/Pötters/Stiebert/
Traut, Arbeitsrecht – für wen und wo-
für?, 2015, Seite 29 f.). Als Argument
der zweiten Reihe kann schließlich die
Branchenüblichkeit angeführt werden.
Ausblick: die europäische Dimension
Selbst wenn das LAG Rheinland-Pfalz ei-
nen Sachgrund überzeugend begründen
und dies vom BAG bestätigt werden soll-
te, herrscht damit noch nicht endgültig
Rechtssicherheit. Das ArbG Mainz weist
darauf hin, dass es auch im Lichte der
unionsrechtlichen Vorgaben zum Befris-
tungsrecht zu seiner restriktiven Ent-
scheidung gekommen ist. Sollte das BAG
selbst den EuGH nicht über das Vorabent­
scheidungsverfahren einbinden, kann
dies jederzeit ein anderes Gericht tun.
Schließlich wäre es nicht das erste Mal,
dass Instanzgerichte über den „Umweg
Luxemburg“ versuchen, eine unliebsame
BAG-Rechtsprechung zu kippen.
DR. STEPHAN PÖTTERS
ist Rechtsanwalt bei Seitz
Rechtsanwälte Steuerberater
in Köln.
DR. MARC WERNER
ist
Rechtsanwalt und Partner bei
Seitz Rechtsanwälte Steuer-
berater in Köln.
© JAN HUEBNER / IMAGO
Torhüter Heinz Müller: Führt sein Fall zu
großen Veränderungen im Profifußball?
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