personalmagazin 5/2016 - page 46

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MANAGEMENT
_WISSENSCHAFTSTRANSFER
personalmagazin 05/16
F
irmen haben einen Wert, der
sich – dies haben selbst viele
Börsianer mittlerweile eingese-
hen – nicht nur aus finanzwirt-
schaftlichen Kurzfrist-Entwicklungen
im Dreimonatstakt bestimmt. Die nicht-
monetären und langfristigen Aspekte
spielen ebenfalls eine Rolle, so das Hu-
mankapital und der Markenwert. Solche
„Assets“ unterliegen nachhaltigen Ent-
wicklungen. Sie können allerdings auch
innerhalb weniger Tage deutlich redu-
ziert werden, wie etwa der Markenwert
bei Krisen, Blamagen, Skandalen. Auch
das Humankapital ist betroffen, sinken
doch in schwierigen Phasen Motivation,
Engagement und – durch Abgänge von
Leistungsträgern – die Kompetenz der
Belegschaft. Konkrete Beispiele hat je-
der aufmerksame Betrachter im Hinter-
kopf. Sie müssen nicht zum zigsten Male
angeprangert werden.
Was man sich merken sollte
Eine Studie (siehe Kasten) hat sich der
Wirkungen von Markenwert (Bekannt-
heit und Beliebtheit) und Humankapital
Von
Martin Claßen
und
Christian Gärtner
Das Wertvollste einer Firma
SERIE.
Eine Marketing-Studie weist nach, dass eine starke Marke Motivation und Leis-
tungsbereitschaft der Mitarbeiter beeinflusst. Welche Konsequenzen dies für HR hat.
(Wissen und Können der Belegschaft)
auf den bilanziellen Erfolg einer Firma
angenommen. Untersucht wurde sowohl
der jeweils einzelne Effekt dieser „soft
facts“ auf eine Reihe finanzwirtschaft-
licher Kennzahlen als auch ihre Kombi-
nation. Beide ergänzen sich und wirken
im Zusammenspiel aus großem Marken-
wert und großem Humankapital beson-
ders wertsteigernd. Generell geht die
stärkere Wirkung vom Markenwert aus.
Für wen oder was das Ganze gilt
Die Autoren stellen eine grundsätzliche
Wirkung ohne Einschränkung fest, mit
ihrem Blick auf finanzwirtschaftliche
Kennzahlen natürlich primär für bör-
sennotierte Unternehmen. Es ist anzu-
nehmen, dass die Effekte im Prinzip
auch für Familienunternehmen und
weitere Organisationen außerhalb des
Aktienmarkts gelten. Wobei die Wir-
kungen in Dienstleistungsunternehmen
deutlich stärker zum Tragen kommen
als in Produktions- und Konsumgüter-
unternehmen. Besonders im Servicebe-
reich hängt der Firmenwert damit von
einer starken Marke und der Mitarbei-
terqualität ab. Aber auch, wenn sich
Produktionsunternehmen immer mehr
als Service-Dienstleister aufstellen, was
viele zur Behauptung ihrer Marktpositi-
on anstreben, gelten die gleichen star-
ken Wirkmechanismen.
Der wichtigste und der nachdenk­
lichste Satz
Der wichtigste Satz lautet: „Starke Mar-
ken schaffen Identifikation: Viele Mitar-
beiter empfinden die Tätigkeit für eine
starke Marke als Treiber für das eigene
Prestige bei ihren persönlichen Bezugs-
gruppen, was wiederum ihr Selbst-
wertgefühl und ihre Arbeitsmotivati-
on erhöht“. Der nachdenklichste Satz
lautet: „Bei einer starken Marke sind
Mitarbeiter motiviert; sie sind sogar zu
einem geringeren Lohn bereit, für diese
Marke zu arbeiten, was wiederum über
geringere Lohnsummen die Profitsitua-
tion und damit den Unternehmenswert
erhöht“.
Konsequenzen fürs HR-Management
Beim Wettbewerb um den Markenwert
muss zwischen B2C („business-to-con-
sumer“) und B2B („business-to-busi-
ness“) unterschieden werden. Sichtbare
B2B-Marken haben, besonders in Ver-
bindung mit attraktiven Produktcharak-
teristika, mehr als nur einen Startvor-
teil gegenüber „hidden champions“ der
endkundenfernen Investitionsgüterin-
dustrien. Deswegen führen, fast schon
langweilig, beliebte Technologieleader,
Konsumgüterheroen und Premiumauto-
bauer die entsprechenden globalen und
kontinentalen Ranglisten an, übrigens
trotz teilweise mäßiger Arbeitsumfelder.
Zu oft hakt es noch am Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis. Darum
stellen der Berater Martin Claßen und der Wissenschaftler Christian Gärtner im Personal-
magazin die Kernergebnisse internationaler Studien vor und ziehen Schlussfolgerungen
für das deutsche HR-Management. In diesem Serienteil geht es um die Studie “Talented
People and Strong Brands: The Contribution of Human Capital and Brand Equity to Firm
Value”, die in der Fachzeitschrift „Strategic Management Journal“ erschienen ist.
(bej)
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