personalmagazin 5/2016 - page 52

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ORGANISATION
_NACHFOLGEPLANUNG
personalmagazin 05/16
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
nungsprozesse haben in den Unterneh-
men zu folgenden Einsichten geführt:
• „Vielleicht müssen wir uns auch mit
Leuten anfreunden, die nicht mehr über
eine Allround-Lernbereitschaft verfügen
und die nicht immer zehn Stunden pro
Tag oder gar auch noch am Wochenende
im Einsatz sind“, so ein Personalleiter.
• „Wir sind ja enorm gewachsen und ha-
ben auch unser Produktspektrum stark
diversifiziert. Eventuell müssen wir den
Aufgaben- und Stellenzuschnitt zumin-
dest auf den beiden obersten Ebenen
verändern, damit sich die neuen Leute
besser einfinden können“, so der opera-
tive Leiter des umsatzstärksten Bereichs
in einem anderen Unternehmen.
• „Auf jeden Fall reicht es angesichts
der bisherigen Unternehmensdynamik
nicht, einfach die vor vielen Jahren fi-
xierten Stellenbeschreibungen zugrun-
de zu legen, da sich die Anforderungen
teils stark verändert haben“, so die
Personalleiterin des gleichen Unterneh-
mens.
Jedoch hat in allen drei Unternehmen
– sogar bis in die nochmalige Phase unbe-
friedigender Vorstellungsgespräche und
sogar gescheiterter Einarbeitungsprozes-
se hinein – das Denk- und Gefühlsmus-
ter prägend gewirkt, man könne „den
Nachfolger klonen“, wie ein Betriebsrat
es ausdrückte. Erst nach einigen bitteren
Enttäuschungen im Prozess des Aufspü-
rens, Auswählens und Aufbauens ver-
festigte sich nach und nach ein anderes
Orientierungsmuster: zunächst drei As-
pekte zu prüfen, geordnet aufzulisten und
in zu überarbeitende Stellenbeschreibun-
gen aufzunehmen. Dazu gilt es, folgende
Fragen zu beantworten:
• Was wird der Neue unter den aktu-
ellen und für die nächsten fünf Jahre
voraussehbaren Rahmenbedingungen
vorrangig zu tun haben?
• Wie genau, das heißt mit welchen zu
beherrschenden Denk-, Gestaltungs-
und Kommunikationswerkzeugen, soll
dies getan werden?
• Was kann man angesichts eines ver-
änderten Bewerberumfelds von dem
Neuen an Kenntnissen, Fertigkeiten,
psychosozialen Fähigkeiten und Ein-
satzbereitschaft erwarten?
Aus den Antworten entwickelten wir
ein zweistufiges praktisches Vorgehen:
Trotz der damit verbundenen Mühe
muss zunächst je Position ein Aufgaben-
profil auf der Basis von unternehmens-
und bereichsspezifischen Prozess- und
Stellenbeschreibungen ausgearbeitet
werden (die Einzelheiten dieses Profils
können Sie der Abbildung „Aufgaben-
profil: ‚ITO‘-Beschreibung“ entnehmen).
Daran wird dann im zweiten Schritt das
Anforderungs- und Personalprofil an-
gedockt. So soll ein „Management aus
einem Guss“ gelingen, bei dem Ansätze
der Organisations- und der Personal-
entwicklung systematisch kombiniert
werden.
Schritt eins: Aufgabenprofil
Wer sich beim Ausarbeiten eines Aufga-
ben- und Anforderungsprofils für eine
Stelle der beiden obersten Leitungs-
ebenen ratsuchend an die bisherigen
Stelleninhaber wendet, macht meist
drei Erfahrungen, die sich gut nutzen
lassen, um anders an die Nachfolge
heranzugehen (nachfolgend Zitate aus
den drei Unternehmen): „Oje, da brau-
chen wir aber viel Zeit, wenn ich das
wirklich alles auflisten soll.“ – „Halt,
halt, was ich gerade gesagt habe, das
mache ich ja gar nicht mehr selbst, ob-
wohl meine Kollegen das immer noch
meinen und ich auch selbst manchmal
die Finger nicht davon lassen kann, aber
inzwischen hat sich fachlich und orga-
nisatorisch derart viel verändert, dass
mein Nachfolger das unbedingt völlig
delegieren und auch arbeitstechnisch
anders gestalten muss.“ – „Wissen Sie,
vieles kann man gar nicht so präzise be-
schreiben. Denn es ergibt sich in wech-
selnden Situationen mal so und mal so;
vor allem, wenn ich an all die Gespräche
und Besprechungsrunden denke, wo
plötzlich Dinge als problematisch auf-
tauchen, die für mich bis dahin Schema
‚F‘ waren. Oder wenn ich zurückdenke,
wo sich zunächst fachlich scheinende
Meinungsverschiedenheiten zu Kon-
flikten hochschaukeln, die oft tage- oder
wochenlang eine vernünftige Zusam-
menarbeit unmöglich machen.“
Es sind derartige Erfahrungen, die ein-
deutig dafür sprechen, für die Erstellung
von Aufgabenprofilen ein Grundmuster
zu entwickeln, das drei Anforderungen
genügt:
• vielseitig anwendbar, übersichtlich
geordnet und damit zeitsparend beim
Vergleichen zwischen Stellen und Auf-
gaben – gestern, heute und morgen;
• im doppelten Sinne prozessbezogen:
zum einen sowohl die in eine Stelle
eingehenden typischen Inputs als auch
die nach Bearbeitung herausgehenden
typischen Ergebnisse beziehungsweise
Outputs erfassend, zum anderen die
wichtigsten Veränderungen angesichts
erkennbarer Entwicklungen der Märkte
und rechtlich-administrativen Rahmen-
bedingungen notierend;
• neben den instrumentell-fachlich-
sachlichen Merkmalen müssen auch die
expressiv-psychosozialen Aspekte regist-
riert werden, jedoch in einer strikt aufga-
benbezogenen Sprache, denn personen-
bezogene Aspekte wie „Führungsstärke“
oder „Kommunikationsgeschick“ gehö-
ren zum anschließenden Personalprofil.
Bei arbeitswissenschaftlichen und or-
ganisationswirtschaftlichen Projekten ist
diese Art von Aufgabenprofilen bereits
vielfach erprobt. Demgegenüber wurde
es bei der Neubesetzung von Stellen – in-
klusive Nachfolgeregelungen – zumindest
von den Verantwortlichen in den drei ge-
nannten Unternehmen als ungewohnt er-
lebt und anfangs auch als ungewöhnlich
beäugt. In dem kleinen Gerätebau-Unter-
nehmen wurde eine stark abgespeckte
Version genutzt, und in den beiden an-
deren wurde der Grad der Detaillierung
gemäß den Stellentypen variiert. Die
Abbildung „Aufgabenprofil: ‚ITO‘-Be-
schreibung“ enthält stichwortartig-verall-
gemeinernd dessen Kernelemente.
Was die künftig zu erwartenden In-
puts, Transfer-Bearbeitungsprozesse
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