personalmagazin 5/2015 - page 69

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05/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
A
rbeitgeber dürfen den Rest-
urlaubsanspruch nicht mehr
verhältnismäßig
kürzen,
wenn Mitarbeiter von Voll-
in Teilzeit wechseln. Das entschied das
Bundesarbeitsgericht im Februar dieses
Jahres. Die praktische Umsetzung die-
ser Rechtsprechung, bei der das BAG den
Vorgaben des EuGH folgte, hat in deut-
schen Unternehmen fast schon grotes-
ke Effekte - abhängig von der Höhe des
angesparten Resturlaubs und der Vertei-
lung der neuen Teilzeitarbeitsstunden
kann sie zu monatelanger Abwesenheit
des Arbeitnehmers führen.
Von
Kathrin Kentner
und
Anne Praß
Die Rechtslage im Einzelnen: Bisher
konnte beim Wechsel eines Arbeitneh-
mers von Voll- in Teilzeit, unter Redu-
zierung der Wochenarbeitstage, der
Resturlaub anteilig gekürzt werden. Bei
einem Wechsel von einer Fünf- in eine
Vier-Tage-Woche wurde der Urlaub aus
der Fünf-Tage-Woche also auf vier Fünf-
tel gekürzt. Für den Arbeitnehmer war
dies nicht mit Schmerzen verbunden,
denn trotz der Kürzung stand ihm wei-
terhin die gleiche Anzahl an Urlaubswo-
chen zur Verfügung wie davor.
Und dennoch: Den Vorgaben des
EuGH folgend hat das BAG am 10.2.2015,
9 AZR 53/14, entschieden, dass eine sol-
che Kürzung nicht mehr möglich ist,
wenn der Arbeitnehmer den Urlaub vor
der Reduzierung der Arbeitstage nicht
mehr nehmen konnte. Zu welchen Sze-
narien das führen kann, lesen Sie im
Kasten auf Seite 70.
Tipps für den Arbeitgeber: Grund-
sätzliches und Regelungsvorschläge
Um nicht böse Überraschungen zu erle-
ben, müssen sich Arbeitgeber auf die ge-
änderte Rechtsprechung einstellen und
folgende Hinweise beachten:
• Der Resturlaub sollte vor einem Wech-
sel in Teilzeit unbedingt verbraucht
sein. Auch vor einer anstehenden Mut-
terschutz-/Elternzeit beziehungsweise
– sofern möglich – nach Ende des Mut-
terschutzes/Elternzeit, aber vor einer
Rückkehr mit reduzierter Arbeitszeit,
sollte bestehender Resturlaub möglichst
verbraucht sein.
• Fordern Sie als Arbeitgeber die Ar-
beitnehmer nachweislich (schriftlich do-
kumentiert) auf, den Urlaub im jeweili-
gen Kalenderjahr zu nehmen. Hierdurch
kann gegebenenfalls das Erfordernis
für den Urlaubsübertragungsanspruch,
„Urlaub konnte vor dem Wechsel nicht
genommen werden“, widerlegt werden.
• Reduzieren Sie die Übertragungsmög-
lichkeiten für den Jahresurlaub generell.
Sofern der Urlaub zum Jahreswechsel
sowieso schon verfällt, sollte dieser Ter-
min auch für einen Wechsel der Arbeits-
tage pro Woche genutzt werden.
Unproblematisch ist weiterhin der
Teilzeitwechsel ohne Reduzierung der
Arbeitstage (also die Fünf-Tage-Woche
halbtags). Sofern die Reduzierung der
Wochenarbeitstage per Änderungs-
Bärendienst für Teilzeitjobber
AUSBLICK.
Der EuGH erlaubt keine Kürzung von Resturlaubsansprüchen bei Wechsel
in Teilzeit. Das BAG folgte nun dieser Auffassung – mit fatalen Folgen für die Praxis.
Des einen Leid, des anderen Freud: Die neue Urlaubsrechtsprechung des BAG kann im
Einzelfall zu wochen- oder gar monatelangen Abwesenheiten führen.
RECHT
_URLAUBSRECHT
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