DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 7/2019 - page 10

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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7|2019
Umgang mit dem Bauhaus-Erbe
Zwischen Pflicht und Ehre
Um das gebaute Erbe der Ära Bauhaus kümmern sich bundesweit zahlreiche Wohnungsunternehmen
und Genossenschaften. Gerade abseits der Schlaglichter bedeuten diese Siedlungen Ehre und
Verpflichtung zugleich. Das Ausloten zwischen zeitgemäßen Wohnansprüchen und den Anforderungen
des Denkmalschutzes bleibt ein Spannungsfeld.
Tanztheater, Rauminstallationen, Kunstausstel-
lungen – beim Eröffnungsfestival zum 100-jähri-
gen Bauhaus-Jubiläum imJanuar in Berlin standen
zahlreiche Facetten der weltweit renommierten
Schule im Vordergrund. Nur das Wohnen selbst,
Aspekte des im Alltag gelebten Bauhauses,
spielten eine Nebenrolle. Dabei gibt es mehrere
Siedlungen direkt aus der Bauhaus-Schule oder
aus ihrem Umfeld, in denen nach wie vor Mieter
das berühmte Erbe täglich leben. Sie stehen vor-
nehmlich in Ostdeutschland, wo das Bauhaus mit
seinen drei Standorten Weimar, Dessau und Ber-
lin die größten Wirkungskreise entfaltete, aber
etwa auch in Stuttgart und Karlsruhe, Celle und
Oldenburg. Bewirtschaftet werden sie zumeist von
Wohnungsunternehmen oder Genossenschaften,
die imSpannungsfeld von Denkmalschutz, Sanie-
rungserfordernissen und den Wohnbedürfnissen
von Bewohnern versuchen, ihr architektonisches
Kulturgut weiterzuentwickeln.
Eine der klassischen Siedlungen steht in Dessau.
Hannes Meyer, der Walter Gropius als Bauhaus-
Direktor nachgefolgtwar, entwarf Ende der 1920er
Jahre fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 90
Wohnungen als Laubenganghäuser: Die Eingangs-
türenmehrerer Einheiten liegen an einemgemein-
samen, offenenGang, der zu einer Treppe führt. Die
3- bis 4-geschossigenGebäuderiegel gingen direkt
aus der Architekturabteilung des Bauhauses hervor.
Bis heute sind sie baulich weitgehend imOriginal-
zustand, sie gehören derWohnungsgenossenschaft
Dessau eG. ImRahmen von Führungen der Stiftung
Kristina Pezzei
freie
Journalistin
Berlin
Durchdacht bis ins Detail - bis heute genutzt: Auch die Wäschestangen hatte der Architekt
damals mitgeplant. Die Balkone verlaufen an der Rückseite des Gebäuderiegels, sodass das
Fassadenbild geschlossen bleibt. Bauhaus-Bestand der LEUWO in Bad Dürrenberg
Quelle beider Fotos: LEUWO
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