DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 1/2019 - page 31

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Verlässt man an der Haltestelle „Barmherzige
Brüder“ den Bus und spaziert durch den Torbogen
unter dem mächtigen, von einem Glockenturm
gekrönten Querbau, taucht man ein in eine ande-
re Welt, in der die Zeit stehen geblieben scheint.
Schmale Straßen gesäumt von gelb, beige und
blassrosa gestrichenenBauten, die Fassaden geziert
mit liebevollen Details wie altertümliche Inschrif-
ten, gestufte Giebel oder Erkertürmchen, dazwi-
schen viel Grünmit altemBaumbestand – die in der
Margaretenau vorherrschende Architektur atmet
den Geist der Zwischenkriegszeit in Reinkultur.
Jeder kennt jeden in der für Arbeiter und kleine
Angestellte errichteten Siedlung: „Man grüßt und
wird gegrüßt“, beschreibt Knauer die dörfliche At-
mosphäre, die hier herrscht. Der 49-Jährige ist in
der Margaretenau aufgewachsen und wohnt auch
heute noch hier. Die Wohnungen in der nun 100
Jahre alten Siedlung sind begehrt, denn dieMieten
sind die niedrigsten der Stadt. ImSchnitt zahleman
5 €/m
2
kalt, berichtet Knauer. Die Genossenschaft,
deren Ziel satzungsgemäß eine „gute, sichere und
sozial verantwortungsvolleWohnungsversorgung“
ihrer Mitglieder ist, hat 2015 beschlossen, mit ih-
ren Mieten 10% unter dem Niveau des offiziellen
Regensburger Mietspiegels zu bleiben.
Grundlegende Modernisierung
Trotz dieser sozialen Preispolitik hat die Genos-
senschaft genug Mittel, um eine grundlegende
Modernisierung des Viertels zu stemmen. Das ist
auch nötig, denn etwa zwei Drittel der Wohnungen
Mit einer herkömmlichen Sanierung und dem Einsatz eines WDVS würde die historische Siedlung ihren spezifischen, von Simsen, Dachüberständen und Fensterlaibungen
geprägten Charakter verlieren. Deshalb werden bei der Erneuerung neue Technologien und Produkte erprobt – u. a. ein sog. Solarputz und ein intelligentes Energiesystem
Quelle: Birgitt Schlauderer
In dem vom BMWi geförderten Projekt MAGGIE (energetische Modernisierung des genossen-
schaftlichen Wohnquartiers Margaretenau in Regensburg, Projektlaufzeit: 1. Oktober 2017
bis 30. September 2020, Projektleitung: Prof. Dr. Oliver Steffens) sollen beispielhaft für das
genossenschaftliche historische Stadtquartier „Margaretenau“ in Regensburg Musterlösungen
für energieoptimiertes Wohnen mit innovativen Wandaufbauten aus solaraktiven Baustoffen
und einer vorhersagebasierten Versorgungstechnologie entwickelt werden.
Dazu wird ein bestehendes Wohngebäude als Demonstrations- und Versuchsobjekt genutzt, bei
dem ein neuartiges, besonders effizientes Hybridsystem aus Wärmepumpentechnologie und
KWK zum Einsatz kommt. Für die denkmalgerechte Modernisierung der historischen Fassaden
wird ein solaraktives und solaradaptives Außenputzsystem entwickelt. Dieses System stellt
aufgrund seiner erwarteten Eigenschaften nach dem derzeitigen Stand von Bautechnik und
Bauphysik eine revolutionäre Innovation dar. Es wird anstelle eines Wärmedämmverbundsys-
tems am Objekt eingesetzt. Der erhöhte Ausnutzungsgrad solarer Gewinne in Verbindung mit
einer verbesserten thermischen Behaglichkeit im Gebäudeinneren durch innovative Innen-
putz-/Innenfarbsysteme trägt maßgeblich zur Einsparung von Heizwärme bei. Die Absicherung
der bauphysikalischen und wärmetechnischen Eigenschaften erfolgt durch empirische Versu-
che an einem Wandprüfstand sowie bauphysikalische Modelle und Simulationen.
Die Ergebnisse gehen auch in die dynamisch-perspektivische Anlagensteuerung ein. Die inno-
vative Technik wird mit den Wärmespeichereigenschaften der Bestandsgebäude verknüpft.
DAS PROJEKT MAGGIE
Weitere Informationen:
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und
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
werden nochmit Gas- und Kohleöfen beheizt. Zu-
demhaben diemeisten nur zwei oder drei Zimmer
auf maximal 60m
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, sind also für viele Familien zu
klein. Und keine einzige Wohnung in der Marga-
retenau ist barrierefrei: „Mit Einzelsanierungen
nach Mieterauszug kommen wir da nicht weit“,
ist Knauer deshalb überzeugt. Zumal die Fluktu-
ation in der Margaretenau mit 7% deutlich unter
dembundesdeutschen Schnitt von 11% liegt. „Wir
wollten eine gesamtheitliche Lösung.“
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