Die Wohnungswirtschaft 4/2019 - page 12

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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4|2019
nehmen. Organisiert werden die Aktivitäten von
jeweils einem eigens eingesetzten Team, das aus
einer europaweiten Ausschreibung hervorgegan-
gen ist. ImFall des Büros imAllende-Viertel ist das
die L.I.S.T. GmbH.
Von NRW bis Hamburg
Vergleichbare Programme aufgelegt haben auch
andere Bundesländer. In Niedersachsen beispiels-
weise verfolgt das Programm „Gemeinwesenar-
beit und Quartiersmanagement“ das Ziel, „inte-
grative Handlungsansätze zu entwickeln, die die
Gemeinwesenarbeit mit der Stadtteil-, Quartiers-
oder Ortsentwicklung verknüpfen“. In Nordrhein-
Westfalenwird das seit 2016 laufende Programm
Komm-an in diesem Jahr fortgesetzt. Allein bis
2017 wurden mithilfe dieses Programms mehr
als 1.200 Ankommenstreffpunkte geschaffen, die
als Räume der Begegnung zwischen Geflüchteten
und Einheimischen dienen.
Aktivitäten finden sich auch auf kommunaler
Ebene – wie in München. Hier initiierte Ober-
bürgermeister Dieter Reiter im Januar 2016 den
„Gesamtplan zur Integration von Flüchtlingen“,
zu dessen fünf Handlungsfeldern auch die „ge-
sellschaftliche Teilhabe im Sozialraum“ gehört.
Teil des Plans ist u. a. ein Modellprojekt, das vo-
raussichtlich imStadtteil Aubingweiterentwickelt
werden soll. Geplant sind dort die Öffnung von
drei Unterkünften und die Anbindung Geflüchteter
an den Sozialraum, wie das zuständige Sozialrefe-
rat ohne Nennung weiterer Details mitteilt.
In Hamburg ist das „Rahmenprogramm Integrierte
Stadtteilentwicklung“ (RISE) relevant. Mit RISE
sollen „neue Wohn- und Lebensquartiere un-
terstützt werden, um die bestehenden und die
neuen Quartiere und Nachbarschaften frühzeitig
miteinander zu verbinden“, erklärt Barbara Ke-
telhut, Pressesprecherin der Behörde für Stadt-
entwicklung und Wohnen. „Dazu wird in den neu
entstehenden Quartieren in die soziale und kul-
turelle Infrastruktur, in Bildungseinrichtungen,
öffentliche Plätze sowie Grün- und Freiflächen
usw. investiert.“
In vier RISE-Fördergebieten (Eidelstedt-Mitte,
Mittlerer Landweg, Billstedt/Horn und Neugra-
ben-Fischbek) spielt die Flüchtlingsfrage eine
besonders große Rolle, da in diesen Quartieren
Unterkünfte für Geflüchtete (in der Hamburger
Terminologie: Flüchtlingsunterkünfte mit der
Perspektive Wohnen) entstanden sind. Im Quar-
tier Mittlerer Landweg beispielsweise haben die
Verantwortlichenmit Programmmitteln u. a. eine
Sportanlage ausgebaut, ein Kulturheim saniert
und einen Spielplatz neu gestaltet.
„Soziale Plätze der Begegnung“
Das allein genügt aber nicht, sagt Dr. Thomas
Franke vom Forschungsbereich Stadtentwick-
lung, Recht und Soziales des Deutschen Instituts
für Urbanistik (Difu). „Entscheidend für den Erfolg
von Integration“, betont Franke, „ist es, soziale
Plätze der Begegnung zu organisieren.“ Das ver-
deutlicht er an einem Beispiel: „Es reicht nicht,
einen Bolzplatz zu erneuern. Manmuss dann auch
ein Fußballturnier veranstalten.“
Bei dieser Vernetzung kann laut Franke eine ganze
Reihe von Akteuren, die bereits vor Ort tätig sind,
einen Beitrag leisten. „Der örtliche Sportverein
kann z. B. das Turnier veranstalten, die Caritas ein
Begegnungszentrumbetreuen und der Quartiers-
verein einen Fotowettbewerb durchführen.“ Auch
die Wohnungsunternehmen seien „sehr wichtige
Akteure“, betont der Experte. „Besonders große
Wohnungsunternehmen können zur Integration
beitragen, indem sie Räume zur Verfügung stel-
len, Sozialarbeiter einstellen und so die gebauten
Quartiersstrukturen sozial bespielen.“
Das Difu hat zusammen mit dem vhw Bundes-
verband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V.
eine Untersuchung über die Integration von
Geflüchteten im Quartier durchgeführt. Dabei
habe sich gezeigt, dass es besonders wichtig sei,
Begegnungsorte zu schaffen, berichtet Franke.
„Das können Nachbarschaftszentren sein, oder
es werden Orte weiterentwickelt, die bereits seit
Langem Treffpunkte für die Menschen sind.“
Konkurrenz zum Programm Soziale Stadt?
Doch sind die Aufgaben dieser Förderprogram-
me nicht eigentlich schon durch das Programm
Soziale Stadt abgedeckt? Nein, antwortet Difu-
Experte Franke: Das Programm Soziale Stadt sei
zwar für alle Integrationsprozesse enormhilfreich.
„Aufgrund der Förderbedingungen ist es aber auf
baulich-investive Maßnahmen ausgerichtet. So-
ziale Maßnahmen müssen deshalb aus anderen
Programmen hineingebündelt werden.“
In Hamburg sind unter dem Dach von RISE alle
Bund-Länder-Programme der Städtebauförde-
rung zusammengefasst. Anders verhält es sich
in Berlin: In der Hauptstadt wird BENN aus dem
Programm Soziale Stadt sowie dem ebenfalls von
Bund und Ländern getragenen Investitionspakt
„Soziale Integration im Quartier“ finanziert.
Immerhin sechs der 20 Berliner BENN-Gebiete
befinden sich innerhalb von Förderkulissen der
Sozialen Stadt, wobei das dort bereits vorhande-
ne Quartiersmanagement durch eine BENN-Per-
sonalstelle ergänzt wird. Wie erfolgreich BENN
ist, wird von der Stern Gesellschaft der behut-
samen Stadterneuerung mbH wissenschaftlich
untersucht. Einen Zwischenbericht stellt die Se-
natsverwaltung für Stadtentwicklung für Mitte
dieses Jahres in Aussicht.
Welche Angebote befinden sich in meinem Quartier? Und wie kann ich mich mit anderen Akteuren austauschen?
Das sind zentrale Fragen für die Integration (hier im BENN-Büro im Blumberger Damm in Berlin)
Quelle: pad GmbH/Sina Prasse
Weitere Informationen:
difu.de/publikationen/2017/gefluechtete-in-der-sozialen-stadt.html
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