Die Wohnungswirtschaft 3/2019 - page 21

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in den Ballungsräumen zu entlasten und die Le-
bensverhältnisse einander anzugleichen, sollte die
Öffentliche Hand die Infrastruktur verbessern“,
stellt er fest. „Leider tut sie genau das Gegenteil
und zieht sich aus der Fläche zurück. Dadurchwird
der ländliche Raumabgehängt, und der Druck auf
die Städte steigt.“
Allerdings könnten nicht alle Probleme durch zen-
trale Förderprogramme gelöst werden, gibt Prof.
Dr. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsfüh-
rer des Deutschen Landkreistages, zu bedenken.
„Viel wichtiger ist es, Landkreise und Gemeinden
zu befähigen, ihre Belange selbst in die Hand zu
nehmen, indem mehr Geld zur eigenverantwort-
lichen Verwendung auf die kommunale Ebene
gegeben wird.“
Tatsächlich gibt es in den Kommunen eine ganze
Reihe von Projekten, mit denen Verantwortungs-
träger und engagierte Bürger die Lebens- und
Wohnqualität in Klein- und Mittelstädten sowie
auf dem Land erhöhen. Ein Beispiel dafür ist das
Förderprogramm „Jung kauft Alt“, das es mitt-
lerweile in unterschiedlicher Form in zahlreichen
Gemeinden gibt. Immer geht es dabei darum, jun-
ge Familien beimErwerb von Bestandsimmobilien
zu unterstützen. In Emden z.B., einer Stadt mit
50.000 Einwohnern in Niedersachsen, erhalten
junge Paare und Familien einen Zuschuss von
600 bis 1.500 € für die Erstellung eines Altbau-
Gutachtens. Wenn das Gutachten ergibt, dass die
Immobilie nicht sanierungsfähig ist, können der
Abriss und der zeitnahe Neubau auf dem entspre-
chenden Grundstück gefördert werden. Entschlie-
ßen sich die jungen Leute hingegen zum Kauf des
mindestens 35 Jahre alten Hauses, gibt es sechs
Jahre lang je nach Kinderzahl zwischen 600 und
1.500 € pro Jahr von der Kommune.
Ohne Breitband geht nichts
Anderswo steht die Digitalisierung im Vorder-
grund. Der Landkreis Emsland beispielsweise hat
das niedersächsische Förderprogramm„Regiona-
le Entwicklungsimpulse“ genutzt, um den „Zu-
kunftsraumEmsland“ einzurichten – einen Contai-
ner, der zu Demonstrationszwecken mit digitaler
Technik für denWohnbereich ausgestattet ist. Mit
deren Anwendung soll es Menschen ermöglicht
werden, möglichst lange in ihren eigenen vier
Wänden wohnen zu können.
Dafür braucht es allerdings eine leistungsfähi-
ge Internetverbindung. Vorangegangen ist hier
Pirmasens. Der 41.000-Einwohner-Stadt in
Rheinland-Pfalz, die seit Jahren mit erheblichen
strukturellen Problemen kämpft, ist es in Koopera-
tionmit Partnernwie der Deutschen Telekomund
Vodafone gelungen, innerhalb von 24 Monaten
eine Breitband-Abdeckung von 99% zu erreichen.
Leerstände in ländlichen Regionen werden wieder mit neuem Leben gefüllt, marode Fassaden saniert
und Ortskerne attraktiver gestaltet, so wie hier in Brandenburg an der Havel
Wie sich ein Dorfkern stärken lässt, zeigt bei-
spielhaft die Gemeinde Neusitz im Landkreis
Ansbach. Für die Dorferneuerung Schweinsdorf
erhielt sie im November 2018 den Staatspreis
des bayerischen Landwirtschaftsministeriums.
Nach Ministeriumsangaben ist es gelungen, in
diesem mittelfränkischen Dorf eine erfolgreiche
Innenentwicklung umzusetzen. Bereits 2002 be-
schloss der Gemeinderat von Neusitz, im Ortsteil
Schweinsdorf keine neuen Baugebiete mehr aus-
zuweisen und stattdessen leerstehende Gebäude
umzunutzen. So entstanden beispielsweise im
ehemaligen Gasthaus neun Sozialwohnungen.
Damit entspricht Schweinsdorf ziemlich genau
den Forderungen, die der GdW und die Bundes-
stiftung Baukultur in einem gemeinsamen Posi-
tionspapier im Juli 2017 formulierten. „Bei der
Aktivierung von Gebäudeleerständen imOrt ist die
Nutzung der Schlüssel“, heißt es darin. „Vor allem
im Ortszentrum sollte die Gemeinde ggf. neuar-
tige, gemischte und bedarfsgerechte Konzepte
entwickeln und wo möglich durch Eigennutzer
betreiben lassen.“
Nicht alle wollen in die Stadt
Eine Umfrage der Bundesstiftung Baukultur hat
im Übrigen ein bemerkenswertes Ergebnis zu-
tage gebracht: Entgegen der weitverbreiteten
Ansicht scheint es keineswegs alle Menschen in
die großen Städte zu ziehen. Der Umfrage zufolge
würden nämlich 45% der Deutschen am liebsten
in einer ländlichen Gemeinde wohnen, 33% in
einer Klein- oder Mittelstadt und nur 21% in einer
Großstadt.
Quelle: Heiko Kueverling/shutterstock.com
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