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2|2019
NEUBAU UND SANIERUNG
Wohnen im Denkmal
Über der Autobahn muss die Freiheit wohl grenzenlos sein
Sie ist ein Beispiel für die Zukunftsgläubigkeit der 1970er Jahre und gleichzeitig ein spektakuläres
Beispiel für die Nutzung einer Verkehrsstraße: die Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße in Berlin.
Seit 2017 steht die „Schlange“, wie die Bewohner das riesige Objekt nennen, unter Denkmalschutz.
Einst ein sog. sozialer Brennpunkt, ist die Wohnanlage heute wieder heiß begehrt – doch die degewo AG als
Eigentümerin stellt sie vor manche Herausforderung.
Rita Schneiderheinze ist eine glückliche Mieterin.
„Wir wohnen sehr gerne hier“, sagt die kommu-
nikationsfreudige Rentnerin, die seit fünf Jahren
zusammenmit ihremMann Günter in der degewo-
Wohnanlage in der Schlangenbader Straße zuHause
ist. „So sicher wie hier haben wir uns noch nie ge-
fühlt“, betont sie und führt den Gast auf ihre groß-
Bis zu 46m hoch ist der Koloss über der Autobahn
im Berliner Stadtteil Wilmersdorf
Quelle: degewo,
Foto: Tina Merkau
Christian Hunziker
freier Immobilienjournalist
Berlin
zügige Terrasse, von der aus sich eine faszinierende
Aussicht auf die Metropole Berlin bietet.
Es ist eines der spektakulärsten Bauwerke
Deutschlands, für das sich das Ehepaar entschie-
den hat: die „Schlange“. So heißt im Volksmund
die gigantische Autobahnüberbauung, die zwi-
schen 1976 und 1980 im Stadtteil Berliner Wil-
mersdorf realisiert wurde. Seit Ende 2017 steht
die von den Architekten Georg Heinrichs sowie
Gerhard und Klaus Krebs geplante Anlage mit ih-
ren rund 1.700Wohnungen unter Denkmalschutz.
Sie stelle, begründet dies Berlins Kultursenator
Dr. Klaus Lederer, „einen Höhepunkt der Berliner
Architektur der 1970er Jahre dar und weist in ih-
rem Anspruch und in ihren Qualitäten weit über
die Grenzen der Stadt hinaus“.
Ein bahnbrechendes Projekt
Tatsächlich gelang es in der Schlangenbader Stra-
ße einen langgehegten Traum zu verwirklichen
und einen Verkehrsweg mit Wohnungen zu über-
bauen. Möglich wurde dies unter den besonderen
Bedingungen der West-Berlins, wo Baugrundstü-
cke knapp waren und öffentliche Gelder in Strö-
men flossen – das Vorhabenwurdemit Bundesmit-
teln für die Förderung von Versuchsbauvorhaben
unterstützt. Dabei ging die Initiative von einem
privaten Immobilienunternehmen aus. Nachdem