DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2019 - page 20

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Der Lärmschutz war aber nicht die einzige techni-
sche Schwierigkeit. Vielmehr zeigten sich bei Kon-
trollenwährend der Bauzeit erhebliche Setzungen,
die durch Zementinjektionen stabilisiert werden
mussten. Und auch heute fordert dasMega-Gebäu-
de die degewo in erheblichem Maße. „Der Unter-
halt ist sehr teuer, und die Instandhaltung ist eine
Herausforderung“, sagt Kundenzentrumsleiterin
Elke Benkenstein. So muss die degewo z. B. suk-
zessive die Dächer sanieren und die Terrassen ab-
dichten. Wie üblich in den 1970er Jahren wurde in
der „Schlange“ auchAsbest verbaut. Hinzu kommt
eine Besonderheit: Unterhalb der vierten Etage
erstreckt sich ein Installationsgeschoss, das den
Handwerkern wegen seiner Höhe von nur 1,20m
geradezu artistische Fähigkeiten abverlangt.
Die Mieter spüren die Besonderheiten. Sie haben
hohe Betriebskosten von fast 4 €/m
2
(2,33 €/m
2
kalt, 1,41 €/m
2
warm) zu tragen. Vergleichsweise
moderat angesichts der zentralen Lage ist hinge-
gen die Kaltmiete: Bei den öffentlich geförderten
Wohnungen beträgt sie 6,47 €/m
2
, bei den frei
finanzierten Wohnungen, die sich ausschließlich
in der Randbebauung befinden, 7,88 €/m
2
.
Große Wohnungsvielfalt
Dabei sind die öffentlich geförderten Wohnun-
gen bemerkenswert großzügig dimensioniert:
Die 1- und 1,5-Zimmer-Wohnungen sind 42 bis
52m
2
groß, die 2-Zimmer-Einheiten weisen um
die 67m
2
auf, und die Familienwohnungen haben
bis zu 120m
2
Wohnfläche. Bei nicht weniger als
30% der Einheiten handelt es sich umMaisonette-
Wohnungen. Ungewöhnlich ist auch, dass viele
Wohnungen eine offene Küche (damals Barküche
genannt) haben und so geschnitten sind, dassman
im Kreis durch alle Räume gehen kann. Obwohl es
nur drei Grundtypen gibt, schufen die Architekten
insgesamt 120 Grundrissvarianten.
Nachteilig ist hingegen, dass vieleWohnungen un-
geschützt der Sonne ausgesetzt sind und sich so im
Sommer stark aufheizen. MancheMieter haben sich
deshalb damit beholfen, dass sie auf eigene Faust
einen außenliegenden Sonnenschutz angebracht
haben. Auch der Umgang mit den großzügigen
Terrassen zeugt von Kreativität – so hat ein Mie-
ter seine Mauern mit einer Tapete in Muscheloptik
verschönert. Da drängt sich die Frage auf, was der
Denkmalschutz für die Mieter bedeutet. „Derzeit
erfolgen die Bestandsaufnahme und die Festle-
gung der schützenswertenDetails“, antwortet Elke
Benkenstein. „Erst danach werden wir die Frage
beantworten können.“ Grundsätzlich müssten
Mieter bauliche Veränderungen und individuelle
Gestaltungswünsche auch unabhängig vomDenk-
malschutzstatus beantragen.Was den prinzipiellen
Umgang mit dem Denkmalschutz betrifft, so er-
arbeiten degewo und Landesdenkmalamt derzeit
einen Denkmalpflegeplan.
Kein benachteiligtes Quartier mehr
Als das Großprojekt 1980 abgeschlossen wurde,
war der damalige Berliner Bausenator Harry Ristock
(SPD) überzeugt: „Die Wohnungen werden einmal
zu den besten Adressen Berlins gehören.“ Einige
Jahre später musste diese Aussage wie Hohn klin-
gen, hatte sich doch die Schlange zu einem sog.
sozialen Brennpunkt mit Vandalismus, Rausch-
gifthandel und sonstiger Kriminalität entwickelt.
Besser situierte Mieter zogen aus, und die degewo
hatte mit erheblichem Leerstand zu kämpfen.
Davon kann heute keine Rede mehr sein. „Wir
haben eine tolle Nachbarschaft“, sagt Silvia Fa-
biunke-Bussau, die mit ihrer Katze Nelly direkt
neben dem Ehepaar Schneiderheinze eine groß-
zügige 2-Zimmer-Wohnung bewohnt. „Wennman
NEUBAU UND SANIERUNG
Prägend für den Wohnkomplex sind auch die qualitativ hochwertigen Außenanlagen
Dank der Terrassen bieten die Wohnungen in der „Schlange“ eine hohe Wohnqualität
mitten in der Stadt. Von der Autobahn hört man übrigens nichts
Quelle: degewo, Foto: Cathrin Bach
Quelle: degewo, Foto: TJens Rötzsch
Die Autobahnüberbauung während der
Bauarbeiten im Jahr 1979
Quelle: degewo
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