ENERGIE UND TECHNIK
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4|2018
sungen ersichtlich: Auf Basis von einfachen Ur-
sache-Wirkungs-Kettenwerden bei deterministi-
schen Verfahren der Risikomessung voneinander
unabhängige Einzelszenarien gerechnet. Inter-
dependenzen können nicht umfassend berück-
sichtigt werden. Vor dem Hintergrund der kom-
plexen immobilienwirtschaftlichen Realität sind
diese üblichen deterministischen Verfahren der
Risikomessung daher eher ungeeignet.
Realitätsnah: stochastische Verfahren
Weitaus realistischere Analysen ermöglichen sto-
chastische Verfahren der Risikomessung. Diese
Verfahren beruhen auf dem Gesetz der großen
Zahlen. Das Gesetz der großen Zahlen besagt in
seiner einfachsten Form, dass sich die relative
Häufigkeit eines Zufallsergebnisses i. d. R. um
die theoretische Wahrscheinlichkeit eines Zu-
fallsergebnisses stabilisiert, wenn das zugrunde
liegende Zufallsexperiment immer wieder unter
denselben Voraussetzungen durchgeführt wird.
Dies ist der methodische Ansatz der stochasti-
schen Risikomessung oder auch der sog. Monte-
Carlo-Simulation.
Bei einer Monte-Carlo-Simulationwird die Ausprä-
gung von Risiken auf Basis von Risikofunktionen
durch den Zufall bestimmt. Es wird eine repräsen-
tative Stichprobe aller möglichen Risikoszenari-
en generiert. Dabei aggregiert die Monte-Carlo-
Simulation Einzelrisiken mit ihren Eintrittswahr-
scheinlichkeiten und unterscheidet sich somit
grundlegend von deterministischen Verfahren
zur Risikomessung, diemethodisch nicht mit Auf-
tretenswahrscheinlichkeiten rechnen.
Die Analyse liefert nicht nur eine Aussage darü-
ber, welches Ergebnis sich einstellenwird, sondern
auch mit welcher Wahrscheinlichkeit. Diese Me-
thoden liefern somit ein Ergebnisfeld anstelle von
Einzelergebnissen sowie Häufigkeitsverteilungen
anstelle von Ergebniskorridoren. Der wesentliche
Nachteil der Monte-Carlo-Simulation liegt darin,
dass in den Unternehmen der Wohnungswirtschaft
die erforderlichen Verteilungsfunktionen für die
Ausprägung von Risiken i. d. R. nicht vorliegen.
Dennoch werden im Folgenden Ergebnisse einer
Monte-Carlo-Simulation vorgestellt. Dabei geht
es mehr darum, im Sinne einer Vision das große
Potenzial solcher stochastischen Analysen in der
Wohnungswirtschaft aufzuzeigen.
Ergebnisse der Risikomessung
Im ersten Teil des Artikels wurden die Ergebnisse
einer ePA unter normativ festgelegten Rahmen-
bedingungen in einer Struktur entsprechend
Abbildung (siehe oben) dargestellt. Die Ordinate
bildet die infolge der energietechnischen Moder-
nisierung zu erwartende annuitätische Energie-
kostenersparnis auf Seiten der Mieter ab. Auf der
Abszisse ist der erforderliche Break-even imSinne
eines dauerhaft zu erzielendenMehr-Mietertrages
zur Refinanzierung der zusätzlichen energiebe-
dingten Kosten aufgetragen.
Die Abbildung oben zeigt für die strategischen Ge-
schäftseinheiten „KR01“ und „KR78“ als Sterne
die Ergebnisse der deterministischen Analyse un-
ter normativ gesetzten Rahmenbedingungen, die
sich mit 100%iger Sicherheit so auch einstellen
werden. In der Praxis ist jedoch nicht zu erwar-
ten, dass sich diese Zustände als Ergebnisse einer
energietechnischen Modernisierung auch genau
so einstellen werden.
Ergänzend zeigt sie daher die Ergebnisse der
Monte-Carlo-Simulation als Punktwolken für die
energietechnische Modernisierung der strategi-
schenGeschäftseinheiten „KR01“ und „KR78“. Die
stochastische Risikomessung liefert ein Ergebnis-
feldmit der Streuung der Ergebnisse unter Beach-
tung der jeweiligen Ausprägung einzelner Risiken
undderenInterdependenzen.VordemHintergrund
der praktischen Erfahrung bilden diese Punkt-
wolken mit ihrer Streuung als ein Maß für das Ri-
siko die Realität deutlich besser ab als die einwer-
tigen Ergebnisse der deterministischen Analyse.
Fazit
Die Ergebnisse ePA stehen unter dem Vorbehalt,
die komplexe immobilienwirtschaftliche Realität
stark vereinfacht abzubilden. Umso dringlicher ist
es, die Ergebnisse der heute noch üblichen deter-
ministischen Analysen in Zukunft durch realitäts-
nahe Verfahren der stochastischen Risikomessung
zu ergänzen. Zur Absicherung der Ergebnisse je-
doch gehört auch, mögliche Risiken als solche
überhaupt zu erkennen und entsprechend in der
zugrunde liegenden Datenbank systematisch zu
erfassen. Dieser Prozess ist – als ein Element der
nachhaltigen Entwicklung von Wohnungsunter-
nehmen – Bestandteil eines umfassenden energie-
technischen Portfoliomanagements.
• Ausprägung der relevant erscheinenden
Risiken wird durch Zufall bestimmt
• Monte-Carlo-Simulation
• Resultat: Ergebnisfeld, Häufigkeitsver-
teilung
• Nachteile: fehlendes Vorliegen von
Verteilungsfunktionen, hoher Rechen-
aufwand
STOCHASTISCHE VERFAHREN
DER RISIKOMESSUNG
• Ausprägung der relevant erscheinenden
Risiken wird normativ festgelegt
• Worst Case – Trend – Best Case
• Resultat: konkrete Einzelergebnisse,
Ergebniskorridor
• Nachteile: Interpretation normativ
gesetzter Einzelszenarien, keine Berück-
sichtigung von Interdependenzen
DETERMINISTISCHE VERFAHREN
DER RISIKOMESSUNG
REALITÄTSNAHES ERGEBNISFELD EINER STOCHASTISCHEN RISIKOMESSUNG
Energiekostenersparnis annuitätisch [€(m
2
Wf. Mon.)]
Maßnahmen
warmmietenneutral
(geringes Risiko)
Maßnahmen
nicht warmmietenneutral
(hohes Risiko)
Break-even [Euro/(m
2
Wf. Mon.)]
KR 01-KfW 85
KR 78-KfW 85
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
1,1
1,2
1,3
1,4
1,5
1,6
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
Risikomessung unter Berücksichtigung von Risiken und deren Interdependenzen (strategische Geschäftseinheiten „KR01“ und „KR78“
bei der energietechnischen Modernisierung auf den Standard „KfW85“).
Quelle: IWU
1
Dr. Eberhard Hinz (2017), Energietechnisches Portfolio-
Management als ein Element der nachhaltigen Entwicklung von
Wohnungsunternehmen, erschienen in Schriftenreihe Bau- und
Immobilienmanagement; Bauhaus Universitätsverlag Weimar.