ENERGIE UND TECHNIK
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4|2018
Absicherung strategischer Modernisierungsentscheidungen
Die Monte-Carlo-Simulation
als Verfahren der Risikomessung
Auf der strategischen Ebene des Unternehmens angesiedelt, ist die energietechnische Portfolioanalyse
(ePA) ein zentrales Element des energetischen Portfoliomanagements. Wenn in einem Wohnungs-
unternehmen die energierelevanten Fragestellungen zum Immobilienportfolio beantwortet und erste
Strategien zur energietechnischen Modernisierung abgeleitet wurden, gilt es, diese mittels Verfahren
der Risikomessung abzusichern. Eine exemplarische Erläuterung.
Über eine ePA können zentrale energierelevante
Fragestellungen zum Immobilienportfolio beant-
wortet und erste Strategien zur energietechni-
schen Modernisierung abgeleitet werden (siehe
DW 3/2018, S. 46). Erweiternd soll aufgezeigt
werden, wie diese Strategien über Verfahren der
Risikomessungen abgesichert werden können.
Dieser Beitrag baut auf den Erfahrungen aus einer
Vielzahl von ePA imAuftrag vonWohnungsunter-
nehmen auf – und nimmt konkret Bezug auf die
Ergebnisse einer ePA für die gewobau Gesellschaft
für Wohnen und Bauen Rüsselsheim mbH.
Die Frage nach dem Risiko
Vereinfachte ePA werden i.d.R. unter Vernach-
lässigung der vielfältigen immobilienwirtschaft-
lichen Risiken, deren jeweiliger Ausprägung
und deren Interdependenzen durchgeführt.
Stattdessen werden die relevant erscheinenden
Rahmenbedingungen normativ und im Sinne von
Erwartungswerten festgelegt, die mit 100%iger
Sicherheit auch so eintreten werden.
Ein Risiko im Sinne der Abweichung einzelner Pa-
rameter von den normativ gesetztenWerten wird
lediglich insofern berücksichtigt, als Worst-Case-
und Best-Case-Szenarien ein Trend-Szenario flan-
kieren. Damit wird ein Ergebniskorridor „von …
bis“ aufgespannt. Solche Szenarien sind die Er-
gebnisse üblicher deterministischer Verfahren der
Risikomessung.
Zum Einstieg in ein energietechnisches Portfo-
liomanagement
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ist diese grundlegende Verein-
fachung zulässig, denn es geht zunächst darum,
die vorhandene (energierelevante) Datenlage zu
analysieren, darauf aufbauend Potenziale aufzu-
zeigen und erste Strategien zur energietechni-
schen Modernisierung zu entwickeln.
Risiken und ihre Interdependenzen
Tatsächlich sind die normativ festgelegten Rah-
menbedingungen der Berechnungen jedoch mit
zum Teil erheblichen Risiken im Sinne von Chan-
cen und Gefahren unterschiedlicher Ausprägung
verbunden. Zudem bestehen Interdependenzen
zwischen den relevanten Risiken. In der Folge
können sich Risiken in ihrem Zusammenwirken
verstärken, aber auch aufheben. Einige Beispiele:
• Die mittleren Kosten energietechnischer Mo-
dernisierungen können für Analysen auf stra-
tegischer Ebene desManagements abgeschätzt
werden. Bei der Umsetzung der Strategie am
Objekt können die tatsächlich entstandenen
Kosten jedoch deutlich von den imMittel ange-
setzten Kosten nach oben („Gefahr“) oder auch
nach unten („Chance“) abweichen. In diesem
Zusammenhang sind z. B. auch Risiken aus den
Ungenauigkeiten vorhandener Gebäudedaten-
sätze (beispielsweise Annahmen zu Gebäude-
hüllflächen) von Relevanz.
• Mit hohemRisiko behaftet sind auch Festlegun-
gen zum Energiepreis und seiner zukünftigen
Entwicklung. Diese Risiken beim in der Vergan-
genheit und vermutlich auch in der Zukunft stark
volatilen Energiepreis wirken sich unmittelbar
auf die zu erwartende Energiekosteneinsparung
auf Seiten der Mieter aus. In diesemZusammen-
hang relevant ist auch das Risiko, die durch eine
energietechnischeModernisierung angestrebte
Endenergieeinsparung nicht zu erreichen („Ge-
fahr“) oder zu übertreffen („Chance“).
• Die Berechnung einer realistischen Endener-
gieeinsparung ist dabei nicht nur eine Frage
der Energiebilanz; auch in den Eingangsdaten
zur Abbildung der Gebäude im heutigen IST-
Zustand liegen Risiken. Vor diesemHintergrund
ist der Abgleich zwischen berechnetem Bedarf
und gemessenemVerbrauch von Relevanz, wo-
bei die Ermittlung des tatsächlichen Verbrau-
ches der Gebäude in der Praxis häufig schon
mit einem großen Risiko verbunden ist, weil
entsprechende Daten nicht in entsprechender
Qualität und Quantität vorliegen.
Dies ist lediglich eine kleine Auswahl möglicher
relevant erscheinender Risiken im Kontext ener-
gietechnischer Modernisierungen. Wesentlicher
Teil eines umfassenderen energietechnischen
Portfoliomanagements ist es, relevante Risiken als
solche überhaupt zu erkennen und zudem deren
Ausprägung quantifizieren zu können. Dazumuss
der Informationsfluss zwischen der strategischen
Ebene des Managements und demoperativen Ge-
schäft entsprechend strukturiert werden.
Üblich: deterministische Verfahren
Vor demHintergrund dieser beispielhaft skizzier-
ten und vieler weiterer immobilienwirtschaftli-
chen Risiken wird das grundlegende Problem
deterministischer Verfahren der Risikomes-
Dr. Eberhard Hinz
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Institut Wohnen und Umwelt
GmbH
Darmstadt