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vereinbaren. Eine Abrechnung entfällt dann. Ein
solcherWerk-Dienstwohnungsvertrag ist befristet:
Mit demEnde des Arbeitsvertrages endet auch das
Mietverhältnis. Ob derMieter tatsächlich ausziehen
muss, steht auf einem anderen Blatt. Unter Um-
ständen greift das soziale Kündigungsschutzrecht.
Das heißt, bewohnt er zusammenmit seiner Familie
dieWohnung oder hat er dieWohnung überwiegend
selbst möbliert, kann er sich eventuell auf dieses
Recht berufen und bleiben. In der Urteilsfindung
legen die Richter nicht das Vertragswerk zwischen
Mieter undArbeitgeber zugrunde. Entscheidend ist
für sie die Frage, wie dasMietverhältnis gelebtwird,
wie lange der Mieter und seine Angehörigen darin
leben, ob sie Veränderungen vorgenommen haben
und ob der Vermieter sich daran störte.
Zwei Veträge bei Werk-Mietwohnung
Bei der zweiten Vertragsart über eineWerk-Miet-
wohnungwerdenMiet- und Arbeitsvertrag separat
geschlossen. Auch hierbei kann eine Befristung
fixiert werden, in diesem Fall nicht im Arbeits-,
sondern imMietvertrag. Eine solche ist bspw. er-
laubt, wenn dieWohnung imAnschluss umfassend
saniert werden soll oder für einen anderen Mit-
arbeiter benötigt wird. Analog zum Eigenbedarf
muss dieser „Betriebsbedarf“ ebenso stichhaltig
begründet werden und das Unternehmen sein be-
rechtigtes Interesse belegen. Bei Unternehmen
mit Betriebsrat gilt, dass dieser sowohl bei der
Vergabe der Wohnungen mitzureden hat als auch
bei deren Kündigungen.
Der Mietvertrag über eine Werkswohnung kann
auch unbefristet und losgelöst vomArbeitsvertrag
signiert werden. D. h., auch einMitarbeiter imRu-
hestand kann mit seiner Familie wohnen bleiben.
Fermer darf eine Mitarbeiterwohnung an einen
Firmenfremden vermietet werden.
Autokonzerne mit einem großen Immobilien-
bestand, wie z. B. Volkswagen, vergeben zudem
an Azubis und junge Mitarbeiter Wohnungen als
Wohngemeinschaften (WG). In diesem Fall sollte
mit jedem WG-Mitglied ein eigener Mietvertrag
abgeschlossen werden.
Steuerliche Einordnung ist komplex
Wird vom Arbeitgeber Wohnraum verbilligt oder
unentgeltlich zur Verfügung gestellt, sind steuer-
licheAspekte zu berücksichtigen:WolfgangWilhel-
my, Steuerberater aus Solingen, weist darauf hin,
dass es sich um einen geldwerten Vorteil (Sachbe-
zug) handelt, der sich auf die Steuerbelastung und
den Sozialversicherungsbeitrag des Arbeitnehmers
auswirkt. Dieser steuerliche Bereich ist komplex.
Grundsätzlich ist aber zu unterscheiden, ob es sich
um die Überlassung einer abgeschlossenen Woh-
nung handelt, die über Kochmöglichkeit, Bad, Toi-
lette etc. verfügt. „Dann dient die ortsüblicheMiete
als Grundlage“, erklärt Wilhelmy. Handelt es sich
hingegen umeineUnterkunft, bei der sichmehrere
Bewohner Bad, Küche, Toilette etc. teilen, dann ist
der Sachbezugswert für die steuerliche Einordnung
heranzuziehen. Auch WGs fallen darunter.
Insbesondere für Wohnungsunternehmen steuer-
lich relevant kann der Fall sein, dass sie Wohnein-
heiten im Eigenbestand mindestens im gleichen
Umfang an Arbeitnehmer und Firmenfremde oder
überwiegend an Letztere vermieten. Werden die
Wohnungen an dieMitarbeiter zu einemgünstige-
renMietzins als an die Firmenfremden überlassen,
können die Bestimmungen zum Rabattfreibetrag
(1.080 €) im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG zur An-
wendung kommen.
Fazit
Mitarbeiterwohnungen sind eine gute Sache für
Arbeitgeber, ihr Vermögen zu mehren, sozial tätig
zu sein undMitarbeiter zu binden. Aber gerademit-
telständischeUnternehmen, die keine Expertise bei
den Besonderheiten des Mietrechts haben, sollten
genau hinsehen. Es wäre daher wünschenswert,
wenn der Gesetzgeber die beschriebene Wider-
spruchsmöglichkeit desMieters bei derWohnungs-
kündigung vereinfachen würde.
Viele Gebiete, etwa in Berlin, haben keinen Be-
bauungsplan. Dann muss geprüft werden, ob sich
Wohnen und Arbeiten in die nähere Umgebung
einfügt (§ 34 BauGB).
Zwei unterschiedliche Vertragsarten denkbar
Bei Mietverträgen für Werkswohnungen sind zwei
Vertragsarten zu unterscheiden. Erstens der Werk-
Mietvertrag, bei dem der Arbeitnehmer neben
demArbeits- zusätzlich einenMietvertrag erhält.
Zweitens ein Vertrag über eine Werk-Dienstwoh-
nung. Dabei ist die Überlassung der Bleibe Teil des
Arbeitsvertrags. DieseWohnungen sindmeistmöb-
liert undwerden häufig anHausmeister oder Azubis
vergeben. Die Miete wird quasi vom Gehalt abge-
zogen. Sinnvoll ist es, umden Aufwand in Grenzen
zu halten, eine Pauschale für die Nebenkosten zu
• Sinnvoll ist es, auf einem firmeneigenen
Grundstück zu bauen, das nicht (mehr)
benötigt wird.
• Bei der Vermietung sind zwei Vertragsar-
ten denkbar.
• Bei Unternehmen mit Betriebsrat
entscheidet dieser über Vergabe und Kün-
digung der Wohnungen mit.
• Die Überlassung einer Mitarbeiterwoh-
nung – unentgeltlich oder zu einer verbil-
ligten Miete – ist ein geldwerter Vorteil
und wirkt sich auf die Besteuerung des
Mitarbeiters aus.
• Mitarbeiterwohnungen können auch als
Wohngemeinschaft oder an Firmenfrem-
de vergeben werden.
• Auch mehrere kleinere Firmen können
sich für einen gemeinsamen Wohnungs-
bau zusammenschließen.
BAU UND BETRIEB VON
WERKSWOHNUNGEN:
In direkter Nachbarschaft zum BASF-Werk entstand ab 1872 die erste
Arbeitersiedlung, heute bekannt unter dem Namen „Alte Kolonie“
Im Projekt Welfengarten errichtet die Bayerische Hausbau 30 Werkswohnungen.
Bis Anfang 2020 soll das Vorhaben in der Münchner Au umgesetzt werden
Quelle: Formstadt Architekten GmbH
Quelle: BASF/Unternehmensarchiv