ENERGIE UND TECHNIK
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10|2018
Anlageneffizienz
Heizungsanlagen im Fokus
Welches Potenzial gibt es bei bestehenden Heizungs- und Warmwasserauf-
bereitungsanlagen im Gebäudebestand hinsichtlich weiterer Effizienzge-
winne? Dieser Fragestellung ging eine gemeinsam vom Verband Thüringer
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V. (vtw) und dem ESD-Forum für
Anlageneffizienz e.V. ausgerichtete Konferenz Ende Juli 2018 in Erfurt
nach. Um die Antwort vorwegzunehmen: Bei der Mehrzahl der Anlagen
lohnt es sich, die Bedingungen für einen optimalen und nutzergerechten
Betriebsverlauf auf den Prüfstand zu stellen.
Rainer Nowak, vtw-Technikreferent, verwies auf die anspruchsvollen Ziel-
stellungen der Politik, zu weiteren Verbesserungen beim Klimaschutz im
Gebäudebereich zu kommen. Ob die kürzlich veröffentlichte EU-Energie-
effizienz-Richtlinie (EED), das in der Pipeline befindliche Gebäudeenergie-
gesetz oder das Thüringer Klimagesetz – Gebäudeeigentümer werden sich
künftig mit den neuen Anforderungen hinsichtlich der Ausrichtung eines
klimagerechten und energieeffizienten Gebäudebestandes auseinandersetzen
müssen. Die Steigerung der Energieeffizienz im Bereich der Anlagentechnik
ist eine Schwerpunktaufgabe beim anstehenden zweiten Sanierungszyklus
im Gebäudebestand vieler ostdeutscher Wohnungsunternehmen. Doch
wie können weitere Verbesserungen unter dem Aspekt der Wirtschaftlich-
keit erreicht werden? Wie können die energetischen und klimabezogenen
Eigenschaften des Bestands besser beurteilt werden? Aus Sicht des vtw
sollte vermehrt die Methodik der Energieanalyse angewendet und aus den
vorliegenden Verbrauchsdaten der Messdienstleister die CO
2
-Emissionen der
Bestandsgebäude errechnet werden.
Pilotprojekt in Bad Salzungen
Neben dem Erfahrungsaustausch stand auch die Fragestellung im Zentrum,
wie das Thema Energieeffizienzsteigerung für alle Beteiligten transparenter
gestaltet werden kann. Roland Leise, Vorstand der Wohnungsbaugenossen-
schaft Bad Salzungen eG, berichtete über die positiven Erfahrungen bei
einem Projekt der Genossenschaft: In einem Wohngebäude industrieller
Bauweise mit 96 Wohneinheiten wurde schon 2007 ein innovatives Mess-
und Regelungssystem eingebaut. Leises Fazit war durchweg positiv. Durch
eine spürbar bessere Energieeffizienz konnte eine dauerhafte und deutliche
Betriebskostenersparnis erzielt werden. Die guten Erfahrungen des Projekts
wurden auch auf die anderen Gebäude der Genossenschaft übertragen.
Gute Erfahrungen
Wie können Wohnungsunternehmen ohne großen Aufwand bessere Kennt-
nisse über die Anlagentechnik und den Betriebsverlauf der Heizungsanlagen
erhalten, um daraus eigene Eingriffsstrategien zu entwickeln? Beispielhaft
für den großen Erfahrungsschatz der Wohnungswirtschaft steht das ALFA-
Projekt des BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen
e.V. , so Siegfried Rehberg, ehemals Technischer Referent des BBU. Er be-
richtete über die Projektbetrachtung von 20 näher untersuchten Gebäuden,
bei denen – nach einer Analyse der Energieverbrauchsdaten – mit gerin-
ginvestiven Maßnahmen deutliche Effizienzsteigerungen erreicht wurden.
Noch besser gelang dies bei der CO
2
-Minderung: Heruntergerechnet auf
eine Wohnung sank die Emission bei den betrachteten Gebäuden auf ca.
1 t pro Jahr, was einem sehr guten Benchmark für vergleichbare Wohnge-
bäude der Branche entspreche. Hans-Jürgen Thiel, Vorstand der Fortuna
Wohnungsunternehmen eG, und Jörg Rose, Vorstand der Wohnungsgenos-
senschaft „Treptow-Süd“ eG, trugen Erfahrungen Berliner Wohnungsun-
ternehmen vor. Sie verdeutlichten die Relevanz der Bemühungen um eine
Steigerung der Anlageneffizienz und die erzielbaren positiven Ergebnisse.
Verbrauchsanalyse deckt Schwachstellen auf
Wie eine Energieanalyse aus den Verbrauchsdaten so erstellt werden kann,
dass die energetische Situation eines Gebäudes (Gesamtenergieeffizienz)
darstellbar ist, legte Prof. Dr. Dieter Wolff von der Ostfalia Hochschule
Wolfenbüttel dar. Er präsentierte aktuelle Ergebnisse des Forschungspro-
jekts „Weiterentwicklung, modellhafte Anwendung und Verbreitung der
Energieanalyse aus dem Verbrauch (EAV) für die Wohnungswirtschaft“ der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Durch den (zusätzlichen) Einbau von
Wärmemengenzählern zur Erfassung der Nutzwärmeabgabe der Wärmeer-
zeugung für Raumheizungen und (wenn möglich) für Trinkwasserbereitung
ließen sich weitere Informationen über das Gebäude, die Anlagentechnik,
die Nutzung und die Qualität von Planung und Ausführung gewinnen. Noch
zu häufig, so Wolffs Einschätzung, stimme das Ergebnis nicht mit dem Ziel
überein, mit einem Eingriff in die Gebäudehülle oder die Anlagentechnik
eine energetische Verbesserung zu erreichen. Eine Analyse zur Verfügung
stehender Verbrauchsdaten dagegen könne – allerdings mit einer gewissen
Verzögerung – Fehler oder Abweichungen vom Optimum aufdecken bzw.
das gezielte Nachrüsten der Anlagentechnik ermöglichen.
Forderungen
Aufgrund vieler nicht optimal eingestellter gebäudetechnischer Anla-
gen forderte Wolff, die Verantwortung für Planung, Durchführung und
Controlling künftig in einer Hand zu bündeln. Auch unter wirtschaftlichen
Aspekten dürfe die Wohnungswirtschaft es nicht weiter hinnehmen, dass
vorgenommene Investitionen nicht oder nur teilweise die angestreb-
ten Energieeffizienzsteigerungen bzw. Klimaschutzziele erreichen. Es
brauche einen Prozessverantwortlichen, der für den Erfolg der geplanten
Maßnahme stehe – eine Idee, die von den Konferenzteilnehmern intensiv
diskutiert wurde. Wolffs Vorschlag, mit der Erstellung von EAVs die
energetische Qualität eines Gebäudes festzustellen und Schwachstellen
aufzudecken, erhielt ebenfalls viel Zustimmung. Die Vertreter des ESD-
Forums und des vtw wurden von den Teilnehmern aufgefordert, diesen
Vorschlag in die Branche zu tragen.
Intensive Diskussionen über die richtigen Maßnahmen zur Steigerung der Anlagen-
effizienz: hier Jörg Rose, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft „Treptow-Süd“ eG
Quelle: vtw
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