DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2017 - page 32

ENERGIE UND TECHNIK
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2|2017
Um die Leistung der PV-Anlage zu steigern und
möglichst viel Stromzu erzeugen, wirdmit Hoch-
leistungsmodulen gearbeitet, die eine um etwa
15% höhere Leistung haben als Standardmodu-
le. Genau die Kombination zu finden, bei der die
Kriterien der EnEV und eventueller Förderungen
erfüllt werden sowie ein hoher Direktstromver-
brauch durch dieMieter erfolgt, das ist die größte
Herausforderung in der Elektroplanung, berichtet
Marc Rehfeldt, staatlich geprüfter Elektrotech-
niker beim Ingenieurbüro Becker und Henze. Im
konkreten Fall erforderte auch die Abstimmung
von benötigter PV-Anlagenleistung, Wechsel-
richter und Stromspeicher viel Fachwissen. „Das
gelingt nur, wenn alle eng zusammenarbeiten,
TGA-Planer, Energieversorger sowie Architekt
und Immobilienbesitzer.“
Lokale Stromversorgung
Scheint die Sonne, wird der mittels PV-Dachanlage
erzeugte Solarstromzunächst zur Versorgung der
Mieter genutzt. Wird mehr Strom erzeugt, als die
Mieter benötigen, werden damit die Wärmepum-
pen betrieben, sprich geheizt und Warmwasser
erzeugt. Erst wenn auch dieser Bedarf gestillt
ist, und das ist vor allem in den Sommermona-
ten der Fall, fließt der Strom in den Batteriespei-
cher. Und wird sogar mehr Strom erzeugt, als der
Speicher am Ende aufnehmen kann, dann wird
der PV-Strom ins öffentliche Netz eingespeist.
Dafür erhält der Immobilienbesitzer die gängige
Einspeisevergütung. Reicht im umgekehrten Fall
der vor Ort erzeugte und gespeicherte Strom zur
Deckung des Strombedarfs nicht aus, wird Strom
aus demöffentlichen Netz bezogen, in diesemFall
Wirklich Ökostrom von Polarstern.
Komplexe Messverfahren
Das Zusammenspiel der verschiedenen Energie-
erzeugungs- und Verbrauchsstellen macht ein
spezielles Mess- und Abrechnungskonzept er-
forderlich, um allen Mietern den tatsächlich von
ihnen verbrauchten Anteil an Strom aus lokaler
Erzeugung und anNetzstromzuordnen zu können.
SchließlichwerdenNetzstromund Lokalstromun-
Neben den hohen KfW-Förderungen KfW40
und KfW40 Plus bieten immer mehr Bundes-
länder eigene Mieterstromförderungen an.
Dazu gehören Hessen, Nordrhein-Westfa-
len und Thüringen.
In NRW z. B. betrifft die Förderung von
maximal 30.000 € vor allem Zuwen-
dungen für die Ausgaben bei Kauf und
Installation von passenden Zählern zur
Bilanzierung des Mieterstrom-Stromver-
brauchs. Zuwendungsfähig sind außerdem
Hard- und Software für Abrechnungssys-
teme. Daneben gibt es andere Förderun-
gen für Speicher und PV-Anlagen.
In Thüringen wiederum werden mit dem
Programm „Solar Invest“ Solaranlagen mit
bis zu 40% und Energiespeicher mit bis
zu 50% der Investitionskosten gefördert;
sofern der Strom komplett lokal im Eigen-
verbrauch genutzt wird. Investitionen in
Mieterstrommodelle werden sogar mit bis
zu 80% gefördert, dazu zählen auch Be-
ratungsleistungen. Der maximal mögliche
Zuschuss je Vorhaben beträgt 100.000 €.
Der Fördersatz sollte nicht weniger als
10% betragen.
MIETERSTROM-FÖRDERUNGEN
MESSSTELLENKONZEPT
M1
M2
M68
...
PV-Anlage
Batteriespeicher
Heizen
Eigentumsgrenze
Netz des Anlagenbetreibers
Hausanschluss
Summenzähler mit
virtuellem Zählpunkt
(als Zwei-Richtungs-
Zähler mit Wandler)
Zähler-Teilnehmer
„Direktlieferung“
Erzeugungszähler PV
(mit Wandler)
WP1-Zähler
WP2-Zähler
Speicher-Zähler
Brauchwasser
Wärmepumpen
WP1
HAK
WP2
terschiedlichmit Netzentgelten, Steuern, Abgaben
undUmlagen belastet. AmEnde haben die amMie-
terstromangebot teilnehmenden Parteien einen
Preisvorteil verglichen zum Grundversorgungs-
tarif in Höhe von rund 10%. Das sind bei einem
3-Personen-Haushalt bis zu 100 € im Jahr.
Technisch gesehen werden zur Messung von
Stromerzeugung und -verbrauch, PV-Anlage,
Batteriespeicher, die zwei Wärmepumpen und
jeder einzelne Mieter als Abnahmestelle an einem
Hausanschluss zusammengeführt. Das geschieht
über ein Summenzählerkonzept, das von den
Netzbetreibern anerkannt ist.
Investition in die Zukunft
Das neue Mehrparteiengebäude ist als Passivhaus
mit dezentraler Energieversorgung und Mieter-
strom bereits ein zukunftsweisendes Gebäude.
Zusätzlich wurde an jede Verbrauchs- und Er-
zeugungsstelle ein Smart Meter angeschlossen.
„Damit sekundengenau Informationen über den
Energiebedarf und die Nutzungszeit vorliegen,
müssen die Smart-Meter-Geräte mittels Daten-
leitungen in ein Kommunikationsnetz eingebun-
den sein“, erklärt Marc Rehfeldt. Auf diese Weise
sind Störungen an den Energieerzeugungsanlagen
direkt erkenn- und lokalisierbar und der Stromver-
brauch kann jederzeit optimiert werden. Über ein
einfaches Nutzer-Interface haben der Immobilien-
besitzer und der Mieterstrom-Dienstleister Zugang
zu den erhobenen Stromverläufen.
Außerdem besteht künftig – sofern die rechtli-
chen und regulatorischen Rahmenbedingungen
gegeben sind – die Möglichkeit, über den Batte-
riespeicher netzdienliche Leistungen anzubieten,
Stichwort Regelenergie. Damit ergeben sich über
das Energiekonzept in Zukunft potenziell weitere
Geschäftsfelder.
Quelle: Polarstern
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