ENERGIE UND TECHNIK
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2|2017
Energiewende
„Mieterstrom war die einzige sinnvolle Lösung“
Ein Neubauprojekt zeigt, wieso an Mieterstrom kein Weg mehr vorbeiführt. Neben wirtschaftlichen
Vorteilen für Mieter und Immobilienbesitzer erleichtert er die Erfüllung von Energieeffizienz-
und Förderkriterien. Die größte Herausforderung liegt nach wie vor in der Umsetzung, die eine
Kombination und genaue Abstimmung zahlreicher Erzeugungs- und Verbrauchsstellen voraussetzt.
Ende 2017 ist es so weit, dann beziehen die ers-
ten der insgesamt 190 Bewohner und ein Ge-
werbeunternehmen das neue Mehrfamilienhaus
imMünchner Stadtteil Allach. Das Besondere an
diesemGebäude ist sein anspruchsvolles und zu-
gleich wirtschaftlich attraktives Energiekonzept.
Das Wohnhaus verfügt über eine Photovoltaik-
anlage (PV-Anlage), einen Batteriespeicher und
zwei Wärmepumpen, eine Luft-Luft-Wärmepum-
pe zum Heizen und eine Brauchwasser-Wärme-
pumpe für die Erzeugung von Warmwasser. Da-
mit wird nicht nur ein Großteil der benötigten
Energie vor Ort produziert, durch das Angebot
von Mieterstrom wird sie auch zu 99% vor Ort
genutzt.
Bauherr und Immobilienunternehmer Dr. Hen-
drik Schlune hat sich für Mieterstrom entschie-
den, weil „es eine wirtschaftlich attraktive
und sinnvolle Chance ist, die Energiewende im
Mietwohnbereich voranzubringen“. Zumal das
Mieterstrommodell sowohl ihm als Immobilien-
besitzer als auch den Mietern einen finanziellen
Zusatznutzen bietet.
Hendrik Schlune plant und baut nicht nur Ge-
bäude. Er betreut sie auch mit der eigenen Haus-
verwaltung GVD. Dies beeinflusst seine Inves-
titionsaktivitäten. „Es geht mir nicht um eine
kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern um
nachhaltige und zukunftsorientierte Lösungen.“
Ein Haus habe schließlich eine Lebensdauer von
60 bis 80 Jahren. Sein Portfolio umfasst Reihen-
häuser und größere Wohnanlagen mit Schwer-
punkt im geförderten Wohnungsbau. Hier sieht
er große Chancen für Mieterstrom. „Die Dächer
eignen sich ideal für die Stromerzeugung mit PV-
Anlagen. Anders als bei Münchner Eigentums-
wohnungen steht eine PV-Anlage hier nicht in
Konkurrenz zu einer Dachterrasse.“ Zudem senke
der Mieterstrom die Wohnnebenkosten der Mie-
ter, an denen die Energieausgaben einen beson-
ders hohen Anteil hätten.
Mieterstrom bringt finanzielle Vorteile
Im letzten Jahr hat Hendrik Schlune mit dem
Energieversorger und Mieterstrom-Dienstleister
Polarstern bereits ein Mieterstromprojekt im
sozialen Wohnungsbau im Münchner Stadtteil
Aubing realisiert. Dort beziehen bereits 103 Par-
teien Mieterstrom aus einer 92 kWp PV-Dachan-
lage und einem Blockheizkraftwerk (BHKW) mit
20 kW elektrischer Leistung. „Die guten Erfah-
rungen dort haben mich bestätigt, Mieterstrom
auch im nächsten Objekt umzusetzen“, erzählt
er. Die Mieter haben verglichen zum örtlichen
Grundversorgungstarif einen Preisvorteil von
15%. Für den Immobilienbesitzer rechnet sich
Mieterstrom alleine schon über die Stromerlöse,
die er vom Dienstleister erhält. Diese zusätzliche
Rendite liegt gegenüber einer Netzeinspeisung
im genannten Fall bei rund 16%. Werden – wie in
der Verordnungsermächtigung der EEG-Novelle
genannt – Mieterstrommodelle mit Eigenversor-
gungsmodellen gleichgestellt, liegt die Rendite
voraussichtlich mehr als doppelt so hoch.
In der Ausschreibung des neuen Grundstücks in
Allach war, wie schon in München-Aubing, kein
Florian Henle
Geschäftsführer
Polarstern GmbH
München
Der Neubau in München-Allach weist ein anspuchsvolles energetisches
Konzept auf. Ein Baustein ist das Mieterstrommodell
Quelle: Polarstern/GVD