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geschützten Zellulosewaben bestimmt die Fas-
sadenansicht. Energetisch ist jedoch vor allem
ihre Form wichtig, die dafür sorgt, dass die tief
stehende Wintersonne in die 30 mm dicke Solar-
wabe eindringt und sie erwärmt. Weil mit dieser
warmen Zone an der Außenwand der Temperatur-
unterschied zwischenWohnraumund Außenklima
nahezu ausgeglichen ist, kommt es zu deutlich
reduzierten Transmissionswärmeverlusten der
Wand, deren Antrieb gerade die Temperaturdif-
ferenz ist. Das Gebäude wird sozusagen in eine
warme Klimazone versetzt.
Im Sommer verschattet sich die Struktur der
Solarwaben durch den hohen Sonnenstand von
selbst, weshalb auf Abschattungssysteme zum
Schutz vor Überhitzung verzichtet werden kann.
Holzrahmenkonstruktion
Bereits in der Vorfertigung wurde das Paneel
auf einer 120 mm dicken, voll wärmegedämm-
ten Holzrahmenkonstruktion montiert, so dass
großformatige, komplett mit allen Fenstern und
haustechnischen Komponenten vorkonfektionierte
Fassadentafeln auf die Baustelle kamen. Bauseits
war hier vorher eine Unterkonstruktion mit einer
weiteren, die Wandunebenheiten ausgleichenden
Wärmedämmung befestigt worden.
Die geschosshohen Tafeln, mit technologisch
möglichen Breiten bis 12 m, erlaubten vor Ort
eine schnelle Montage mit Tagesleistungen von
durchschnittlich 300 m2 Fassade. Der Gesamtauf-
bau erreicht eine Dicke von 268 mm und stellt
maßgeblich die prognostizierte Senkung des
Heizenergiebedarfs um 93% sicher.
Passgenaue Logistik
Der deutlich verringerte Heizenergiebedarf senkt
für die Mieter nicht nur die Betriebskosten, son-
dern erhöht auch die Behaglichkeit in den Woh-
nungen, etwa durch höhere Temperaturen auf den
Innenseiten der Außenwände oder durch die Be-
seitigung der vorher vorhandenenWärmebrücken,
die lokale Kältezonen nach sich gezogen hatten.
Besonders markant wird dies an den früheren Bal-
konen, die mit einer durchlaufenden, thermisch
in keiner Weise getrennten Betonbodenplatte
errichtet worden waren. Die Bodenplatte und
die Brüstungen liegen heute komplett hinter der
vorgesetzten Fassade und damit innerhalb der
Wärmedämmung.
Die Mieter sollten jedoch keinesfalls den zusätz-
lichen Nutzen ihres früheren Balkons verlieren,
weshalb auf der Südostseite für den transparenten
Bereich oberhalb der Brüstung eine konventionelle
Fensterlösung nicht in Frage kam.
Die je nach der Loggienbreite 3- oder 6-teiligen
Faltwände laufen in Führungsschienen auf der
Brüstung bzw. an der Decke und lassen sich kom-
plett zur Seite schieben.
Die Faltwände wurden für das Vorhaben in Graz
termingenau mit einer speziell entwickelten
Logistik geliefert. Denn anders als beim Einbau
auf der Baustelle war es für die Vorfertigung der
Fassade erforderlich, dass die Elemente komplett
im Rahmen montiert wurden, und zwar liegend,
sodass sie mit einem Sauggreifer direkt in die
waagerecht hergestellten Tafeln eingelegt wer-
den konnten.
Solarstrom am Ort genutzt
Auf einigen Teilflächen der Fassade wurden statt
der Solarwaben PV-Module in der Vorfertigung
montiert. Die PV-Module sind auch architek-
tonisch ein markanter Teil der Fassade. Etwas
genauer hinschauen muss man hingegen bei
der dezentralen Wohnungslüftung, die sich nur
mit dezenten Luftöffnungen neben den Fens-
tern bemerkbar macht und an die klassische
Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung in
der Loggia angeschlossen sind. Von dort stellt
die wohnungsweise Querverteilung dezentral
eine nutzerunabhängige gute Raumluftqualität
sicher. Bei kurzfristig erhöhtem Frischluftbedarf
können jederzeit die Fenster oder die Faltwände
der Loggien geöffnet werden.
Weitere Ideen für Energie und Raum
Die dreifach energetisch wirksamen Fassadenlö-
sungen und die Faltwände in den Loggien haben
maßgeblichen Anteil an der Reduktion des Gesam-
tenergieverbrauchs der beiden Blöcke. So werden
die Heizkörper in denWohnungen zunächst belas-
sen, jedochmit einer wesentlich reduzierten Leis-
tung aus der zentralenWärmeversorgung gespeist.
Angesichts des sehr geringenWärmebedarfs, der in
Größenordnungen des Passivhausstandards liegt,
könnten künftig dezentrale Einzelheizungen den
geringen Restwärmebedarf decken.
Objekt:
Zwei Wohnblöcke mit zusammen 137
Wohnungen in Graz, Österreich, Liebenauer
Hauptstraße 302-306, erbaut 1979/81
Vorhaben:
Energetische Modernisierung 2013/14
Bauherr:
Gemeinnützige Industrie-Wohnungs-AG
(GIWOG),
Leonding, Österreich
Planung und Ausführung Fassade:
GAP solution GmbH, Leonding, Österreich
Glas-Faltwände:
SL 81 von Solarlux
BAUTAFEL
Quelle: Solarlux
Die bis zu 8-geschossigen Wohnblocks
wurden mit einer komplett vorgefertigten
Fassade modernisiert. Die Glasoberflächen
vermeiden den typischen 30-jährigen
Sanierungszyklus eines Vollwärmeschutzes