DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2016 - page 10

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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9|2016
Städtebauliche Revitalisierung
Wohnen und arbeiten im historischen Stadtgut
In der wechselvollen Geschichte des Stadtguts Blankenfelde ist der 1. Januar 2006 ein bedeutsames
Datum. Denn an diesem Tag ging das ehemalige Rittergut im Norden von Berlin für einen symbolischen
Euro in den Besitz des Vereins „Stadtgut Blankenfelde e. V.“ über. Heute leben 60 Erwachsene und
38 Kinder in dem denkmalgeschützten Ensemble.
Vorausgegangenwaren vier Jahre zäher Verhand-
lungen mit dem städtischen Liegenschaftsamt.
Den Durchbruch brachte schließlich ein Gutach-
ten, das feststellte, die Kosten für die Beseitigung
der Altlasten auf demGrundstück seienweit höher
als dessen Verkehrswert. Endlich konnten die Ver-
einsmitglieder damit beginnen, ihren Traum vom
gemeinsamen Wohnen und Arbeiten am gleichen
Ort zu verwirklichen.
Blick in die Geschichte
Das Stadtgut liegt mitten im Berliner Ortsteil
Blankenfelde, dem letzten Dorf auf Berliner
Stadtgebiet. Das von Feldern umgebene Dorf
liegt im Naturpark Barnim und grenzt an das
Naturschutzgebiet „Tegeler Fließtal“. Es ist der
am dünnsten besiedelte Ortsteil Berlins, in dem
noch bis 1985 auf den Feldern die städtischen
Abwässer „verrieselt“ wurden. Das Stadtgut, das
in Blankenfelde schon immer eine beherrschende
wirtschaftliche Stellung innehatte, wurde 1519
erstmals urkundlich als Rittergut mit Wohnhof und
Schäferei erwähnt. Im 30-jährigen Krieg wurden
Dorf und Gut schwer beschädigt, bald wieder-
aufgebaut und durch einen Brand im Jahre 1776
erneut weitgehend zerstört.
Um1850 – auf demGut hatte sich inzwischen eine
Pferdezucht angesiedelt – errichteteman Herren-
haus und Gutsverwalterhaus in der bis heute er-
haltenen Form. 1881 kaufte die Stadt Berlin das
ehemalige Rittergut.
Seine heutigen Ausmaße verdankt das Gutsgelände
dem Bau einer Straße im Jahre 1928: Auf einer
Fläche von rund 52.000m
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befinden sich ein alter
Park, weitläufige Grünflächen, sowie 18 Gebäu-
de, darunter Stallungen, mehrere Scheunen, die
sog. Steinscheune und die beiden Gutshäuser. Zu
DDR-Zeitenwurden dort Rinder und Schweine zur
Milch- und Fleischerzeugung gehalten. Von 1995
an stand die denkmalgeschützte Anlage leer und
war dem Verfall preisgegeben. Die Stadt hatte für
die nötige Instandsetzung keineMittel; potenzielle
Hartmut Netz
freier Journalist
München
Historische Aufnahme des
Stadtgut Erntefestes
im Jahre 1919
Quelle: Archiv Peter Rahn
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