ENERGIE UND TECHNIK
58
11|2016
nehmen einschließlich den Herstellern der Anla-
gen allerdings häufig eher locker interpretiert. Ein
riskantes Unterfangen, denn der Schachtboden ist
ein Sammelbecken fürMüll und einAufzugschacht
wirkt im Brandfall wie ein Schlot – die möglichen
Folgen sind noch vom Brand im Flughafen Düssel-
dorfmit 17Toten und88Verletzten in Erinnerung.
Reinigung
„Neben Geldbörsen finden wir Papier, Plastik und
Textilien auf Schachtböden, viel brennbaresMate-
rial. Zusammenmit Staub, denÖlen und Fetten der
Mechanik stellt das eine erhebliche Brandlast dar.
Da reicht ein glimmender Zigarettenstummel, der
durch den Schlitz zwischen Tür und Kabine fällt,
und alles lodert“, sagt Dieter Lorenz, Geschäftsfüh-
rer von Habekost und Fichtner. Das Unternehmen
ist auf die Reinigung von Aufzuganlagen speziali-
siert und hat mit Partnern ein Konzept für die pro-
fessionelleAufzugreinigung erstellt.Wichtig ist die
professionelle Reinigung auch aus anderen Grün-
den: „Sämtliche Verschmutzungen durch Staub,
Fette undÖlemüssen auchmit Blick auf dasWasser-
haushaltsgesetz beseitigtwerden“, erklärt Lorenz.
Habekost und Fichtner haben ihr Personal sogar
von der Berufsgenossenschaft zertifizieren lassen,
damit dieses die Aufzuganlagen selber fahren darf,
da sonst die komplette Reinigung nicht möglich
ist. Und die umfasst Kabinen, Türen, Schachtbo-
den, Schacht und Motorenhaus. „Die gründliche
Reinigung ist ein wichtiger Baustein“, bestätigt
Hans-Joachim Werner von W&S Aufzugmanager.
Werner war lange Jahre bei einem führenden Auf-
zughersteller tätig, bevor er sich vor zehn Jahren
selbständig machte. „Eine Grundreinigung etwa
alle zwei Jahre erhöht die Sicherheit und verringert
denVerschleiß, wodurch auch die Kosten für Repa-
raturen sinken“, sagt er. Wobei derzeit viele Auf-
zugbetreiber in der Wohnungswirtschaft noch ein
ganz anderes Problem haben: veraltete Anlagen.
Nach der Prüfung
„Die Prüfungen, die jetzt kommen, sind einemacht-
seitigenPapier in kleiner Schrift zusammengefasst,
und besonders kritisch ist hier Punkt 712, dieÜber-
prüfung, ob die Aufzugsanlage auf dem Stand der
Technik ist“, erläutertWerner. DiemeistenAnlagen
sind das nicht und daher in der Gefahr, nach einer
Prüfung eine längere Mängelliste zu bekommen.
Eine missliche Situation, aber auch dieses Risiko
lässt sich abfedern. „Für ältere Aufzugsanlagen
sollten die BetreiberModernisierungskonzepte er-
stellen lassen“, rät FachmannWerner. Dadurch sehe
der Betreiber, welche Kosten auf ihn zukommen.
Der Betreiber sollte darauf achten, dass der unab-
hängige Berater auch ein Komplettpaket anbieten
kann. Dann plant er die gesamte Modernisierung
und betreut sie von der Ausschreibung über dieVer-
gabe und die Bauphase bis zur finalenAbnahme. Das
ist ein recht sichererWeg für denBetreiber, weil der
Planer umfangreiche Kenntnis hat, worauf es bei
einer Modernisierung ankommt, bei fehlerhafter
Ausführung unmittelbar eingreifen kann und stets
die Kostenseite mit im Blick hat.
Fazit
Mit den seit August gültigenRechtsvorschriften hat
sich die Rolle des Betreibers einer Aufzuganlage
einschneidend geändert: Er ist juristisch betrachtet
Arbeitgeber und steht damit zivil- und strafrecht-
lich in einer deutlich weiter gefassten Verantwor-
tung undmuss seine Aufzuganlagenwesentlich in-
tensiver betreuen. EinPauschalrezept gibt es nicht:
„Jede Aufzuganlage ist individuell zu betrachten“,
unterstreicht der Sachverständige Jürgen Esser.
Deshalb solltenBetreiber nicht nur auf die Aussage
des jeweiligen Herstellers vertrauen. Mindestens
ebensowichtig sind unabhängige Berater, die Sach-
undMarktkenntnismit Kostensensibilität vereinen,
dem Betreiber bewährte Konzepte bieten und ihm
bei Gesprächen mit Aufsichtsbehörden juristisch
und fachlich fundiert zur Seite stehen. Dann sind
auch ältere Anlagenweiterhin nutzbar –wenn auch
nur mit einer Gnadenfrist von mehreren Jahren.
Wartung wirkt
Wunder
Quelle: Hans-Joachim Werner
Gefährliches Gleitmittel: Tropft
Öl auf die Bremsbeläge des
Antriebs, wird es riskant
Trocken: Statt Schmiermitteln
befindet sich im sog. Öler einer
Führungsschiene Rost
Plüschiger Schmuddel: Staub in
den Führungsschienen der Auf-
zugtüren ist ein Garant für Keime
Brandgefahr: Öl in der
Schachtgrube birgt ein
erhebliches Brandrisiko
Rote Gefahr: Rost an den Trag-
seilen erhöht den Verschleiß
und minimiert die Sicherheit
Quelle: Hans-Joachim Werner