Controller Magazin 4/2017 - page 104

Risk Management Association e. V.
RMA
intern
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Ein funktionierendes Risikomanagement
ist die Geschäftsgrundlage jeder Bank.
Das gilt umso mehr für die Sparkassen,
bei denen eine vorsichtige Geschäftspolitik
schon immer zu ihrem Selbstverständnis
gehörte. Was bedeutet das für die privaten
und gewerblichen Kunden, was können
Unternehmen daraus lernen?
Auch bei der Sparkasse Paderborn-Detmold
spielen die im Bankgewerbe üblichen Risiko-
kategorien eine zentrale Rolle. An erster Stelle
steht das sogenannte Adressenausfallrisiko, das
eintritt, wenn ein Kreditnehmer oder ein Finanz-
marktteilnehmer seine Verpflichtungen nicht
mehr vollumfänglich erfüllen kann. Die Überwa-
chung des Adressenausfallrisikos bezieht sich
sowohl auf die Struktur des Kredit-Portfolios als
auch auf die Einzelfallentwicklung. Großkredite
werden hier selten vergeben, das Kreditgeschäft
der Sparkassen ist eher ein Massengeschäft, das
aber, wie die Immobilienkrisen in den USA oder
Spanien gezeigt haben, auch nicht risikolos ist.
In allen Sparkassen wird sowohl ein standardi-
siertes, teilautomatisiertes Frühwarnsystem als
auch ein nach Kundengruppen differenziertes
Risikoklassifizierungsverfahren genutzt. Kredit-
überziehungen und Zahlungsverzögerungen gel-
ten als erste Warnsignale. Die wirtschaftliche
Entwicklung wird anhand geeigneter Unterlagen
und Nachweise beurteilt. Bei Firmenkunden han-
delt es sich dabei neben den Jahresabschlüssen
um weitere Finanzdaten, wie Investitions- und
Liquiditätspläne und betriebswirtschaftliche
Analysen. Während bei der Risikoklassifizierung
die Kreditnehmer in statistisch fundierte
Bonitäts- bzw. Ratingklassen eingeteilt werden,
erfolgt die Risikofrüherkennung anhand eines
differenzierten Ampel-Systems. Auf dieser
Grundlage werden alle Kunden bestimmten Seg-
menten zugeordnet. Das Gros der Kunden fällt in
die „Normalbetreuung“. Diese Einstufung bezieht
sich nur auf das Adressenausfallrisiko, nicht aber
auf Umfang und Art der Geschäftsbeziehung.
Bei Hinweisen auf Zahlungsstörungen und wirt-
schaftliche Schwierigkeiten gibt es eine „Inten-
sivbetreuung“. Neben den Finanzdaten spielen
konjunkturelle Aspekte und die Führungs- oder
Nachfolgesituation bei der Gesamtbetrachtung
des Unternehmens eine Rolle. Hans Laven kom-
mentiert die Vorgehensweise der Sparkasse so:
„Glaubwürdige Planzahlen sind uns
wichtig, aber ebenso muss unser Kunden-
betreuer sich davon überzeugt haben,
dass der Kreditnehmer, sei es Unternehmer
oder Freiberufler, seine Risikofaktoren
kennt, beobachtet und Risikosteuerung
für ihn kein Fremdwort ist.“
Ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanage-
ments ist das engmaschige Prüfungsnetz, das
nicht nur durch die Interne Revision, sondern
auch durch die Wirtschafts- und Verbandsprüfer,
sowie das zuständige Landesministerium und
die BaFin bzw. die Bundesbank erfolgt. Deshalb
ist hier bereits von einem „4 lines of defence“-
Modell die Rede. Die hohe Prüfungsintensität,
aber mehr noch die wachsendenden gesetzli-
chen Vorgaben und Berichtsanforderungen sind
mittlerweile auch unter Kostengesichtspunkten
eine erhebliche Belastung im betrieblichen All-
tag. So umfassen bei der Sparkasse Paderborn-
Detmold allein die Herleitungen und Darstellung
der verschiedenen Elemente des Eigenkapitals in
einem eigens zu erstellenden Offenlegungs-
bericht 10 Seiten. //
Hans Laven (links), Vorstandsvorsitzender der Spar-
kasse Paderborn-Detmold, und Jan Meyer im Hagen,
Bereichsleiter Interne Revision, zeigen die „Übersicht
Aufsichtlicher Anforderungen“; zusammengestellt
vom Sparkassenverband Westfalen-Lippe, 09/2015
Risikomanagement bei der Sparkasse Paderborn-Detmold
Die letzte AK-Sitzung am 26. April in
Dresden war mit einer Rekord-Teilnehmer-
zahl und drei hochkarätigen Vorträgen
zu den Themen Risikoquantifizierung,
Risikokommunikation und Data Science
ein voller Erfolg.
Herr Marcus Knappe erläuterte zunächst die
komplexen Verfahren zur Risikoquantifizierung
bei der European Commodity Clearing AG,
wo mit Simulationsmethoden das Risiko aus
Strom- und sonstigen Commodity-Kontrakten
ermittelt wird, was als Grundlage zur Besiche-
rung der Risiken durch die Marktteilnehmer
dient. Im zweiten Vortrag stellte Herr Roman
Prinz vom Harding-Zentrum für Risikokompe-
tenz die Fehler und Stolpersteine bei der
Interpretation von Risikozahlen und -größen
dar. Der letzte Vortrag von Herrn Dr. Dimitrios
Geromichalos beleuchtete Methoden zur
Gewinnung von Risiko- und weiteren Informa-
tionen mittels Data Science-Verfahren, ein
sehr aktuelles Thema.
Darüber hinaus widmete sich der AK der weite-
ren Arbeit an dem zu erstellenden Buch zum
Thema Risikoquantifizierung. Insbesondere
wurden die grundlegenden Aspekte des Buch-
kapitels zur Risikoaggregation auf Basis des
Inputs der AK-Mitglieder Prof. Christoph Mayer
und Oliver Disch im AK-Plenum diskutiert. //
Die nächste Sitzung des AK wird bereits am
6. Juli 2017 bei AIG in Frankfurt stattfinden,
während die übernächste Sitzung für
den 18. Oktober, den Tag nach dem Risk
Management Congress in Nürnberg, ebenfalls
in Nürnberg angesetzt ist. Weitere Infos zu
diesen Sitzungen finden sich wie immer auf
der RMA-Website.
AK „Risikoquantifizierung“ tagt in Dresden
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